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Bronzeschatten

Bronzeschatten

Titel: Bronzeschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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genug!«
    Petronius würde niemals mit einem Palastspion zusammenarbeiten, aber Anacrites wußte sehr wohl, daß er nur das Gerücht auszustreuen brauchte, mit meiner Verhaftung sei Geld zu verdienen, und schon würde bei der nächsten Gelegenheit, da mein Hausherr seine Mieteintreiber vorbeischickte, irgendein Habenichts auf einer Hintertreppe vom Aventin seine Chance wittern und mich verpfeifen. Aus dieser Patsche würde ich mich ohne störende Unannehmlichkeiten wohl kaum befreien können.
    »Keine Angst«, sagte ich lahm. »Das biege ich schon wieder hin.« Petronius lachte bitter.
    Arria Silvia kam herein, um ein Auge auf uns zu haben. Wir redeten eine Weil um den heißen Brei herum: erst über ihre Heimreise, dann über meine, über mein verrücktes Rennpferd und sogar über die Jagd nach Pertinax, alles, ohne Helena ein einziges Mal zu erwähnen. Erst als ich schon im Aufbruch war, riß Silvia die Geduld. »Dürfen wir annehmen, daß du über Helenas Zustand Bescheid weißt?«
    »Ihr Vater hat mich unterrichtet.«
    »Unterrichtet!« echote Silvia empört. »Warst du schon bei ihr?«
    »Sie weiß, wo sie mich findet, falls sie mich sehen möchte.«
    »Also wirklich, Falco, alles was recht ist …«
    Ich tauschte einen Blick mit Petro, und er sagte leise zu seiner Frau: »Misch dich lieber nicht ein. Die beiden regeln das auf ihre Weise.«
    »Nein, die Dame regelt das lieber allein!« blaffte ich die beiden an. »Mit euch hat sie also gesprochen?«
    »Ich hab sie gefragt!« korrigierte Silvia vorwurfsvoll. »Das sah doch ein Blinder, wie arg das arme Mädchen sich quälen mußte.«
    Das hatte ich befürchtet.
    »Na, darauf könnt ihr euch direkt was einbilden! Mir hat sie nämlich keinen Ton gesagt! Und bevor ihr mich an den Pranger stellt, solltet ihr euch einmal fragen, wie ich mir bei der ganzen Geschichte vorkomme: Helena hatte keinen Grund, mir ihren Zustand zu verschweigen! Und ich weiß sehr wohl, warum sie’s doch getan hat …«
    Silvia fiel mir entsetzt ins Wort: »Du glaubst, ein anderer ist der Vater!«
    Der Gedanke war mir nie gekommen. »Das«, bemerkte ich kühl, »wäre eine Möglichkeit.«
    Petronius, der in gewissen Dingen sehr direkt war, schien schockiert. »Das glaubst du doch nicht im Ernst!«
    »Ich weiß nicht, was ich glauben soll.«
    Ich wußte es sehr wohl. Und das war viel schlimmer.
    Ich sah mich noch einmal nach den beiden um, die wütend und miteinander im Bunde dastanden; dann ging ich.
    Mir einzureden, ich sei nicht der Vater dieses Kinds war beleidigend für Helena und erniedrigend für mich. Und doch wäre die Wahrheit schlimmer: Wer war ich denn? Wie lebte ich? Wenn Helena Justina mein Kind nicht auf die Welt bringen wollte, konnte ich ihr das nicht verdenken.

LXXX
    Ein Tag im Bett ist nie völlig vergeudete Zeit. Irgendwo in dem Vakuum zwischen dem Moment, da man sich einredet, man sei wach, und sich, eine halbe Ewigkeit später, wirklich aufrappelt, entwarf ich einen Plan, wie ich Pertinax’ Spur wiederfinden könnte. Ich kramte eine meiner Lieblingstuniken hervor. Sie war einmal malvenfarbig gewesen, hatte sich vom vielen Waschen aber in ein häßlich blasses Grau verfärbt. Ich ging zum Friseur und ließ mir die Haare ganz kurz schneiden. Dann mischte ich mich unters Volk.
    Um die zauberische Stunde kurz vor Einbruch der Nacht überquerte ich den Tiber auf dem Pons Aurelius. Ich war allein. Niemand wußte, wohin ich ging, oder würde mich vermissen, wenn ich nicht zurückkam. Keiner der Menschen, die sich bislang um mich gesorgt hatten, würde heute abend einen Gedanken an mich verschwenden.
    Die Zeiten ändern sich. In meinem Fall gewöhnlich zum Schlechteren hin.
     
    Der Rauch von tausend Badehauskaminen wehte über der Stadt. Ich räusperte mich und löste damit das Schluchzen, das in meiner Kehle lauerte. Inzwischen wußte Helena Justina, daß ich wieder in Rom war. Ihr Vater hatte ihr bestimmt von unserem Gespräch erzählt. Wie nicht anders zu erwarten, unternahm sie keinen Versuch, sich mit mir in Verbindung zu setzen. Dabei hatte ich es ihr so leicht gemacht und war den ganzen Tag daheim im Bett geblieben.
    Der Weg über den Pons Aurelius war nicht der kürzeste zu meinem Ziel, aber das war mir gerade recht.
    Die Transtiberina erwacht abends erst richtig zum Leben. Nur ein Informant mit Gehirnschaden geht dann allein hierher.
    Also tat ich es.
     
    Beim zweitenmal sehen diese Winkel immer ganz anders aus.
    Als ich endlich die Straße gefunden hatte, die ich

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