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Bronzeschatten

Bronzeschatten

Titel: Bronzeschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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im Straßengraben landen würde.
    Statt dessen ging ich in den Palast.
     
    Man ließ mich warten. Ich war so wütend über Helenas Geheimniskrämerei, daß ich ausnahmsweise keine Zeit zum Nachdenken gebrauchen konnte. Ich lümmelte mich auf einen Diwan und steigerte mich in den Kummer über das mir zugefügte Unrecht hinein, bis ich drauf und dran war, heimzurennen und mich auf meinem eigenen Balkon zu betrinken. Gerade als ich mich dazu entschlossen hatte, rief mich ein Lakai hinein. Kaum, daß Vespasian mich sah, fing er an, sich zu entschuldigen.
    »Verzeihen Sie, Falco, Staatsgeschäfte.« Wohl eher ein Schäferstündchen mit seiner Mätresse! »Sie sehen niedergeschlagen aus!«
    »Ach, ich habe nur gerade über die Frauen nachgedacht, Cäsar.«
    »Das erklärt alles. Möchten Sie einen Becher Wein?« Ich hatte ihn so nötig, daß ich lieber dankend ablehnte.
    »Gute Reise gehabt?«
    »Ach, ich kann immer noch nicht schwimmen und werde nach wie vor seekrank …«
    Der Kaiser musterte mich nachdenklich.
    Ich war viel zu müde und überhaupt nicht gut drauf; meinen Rapport verpfuschte ich gründlich. Andere, wichtigere Leute hatten ihm ohnehin schon das meiste erzählt. Und Aufidius Crispus’ sinnlosen Tod in allen Einzelheiten zu schildern schien reine Zeitverschwendung.
    »Der Censor hat das als ›ein bedauerliches Schiffsunglück‹ dargestellt«, brummte der Kaiser ungehalten. »Wer befehligte denn die Trireme, deren Steuermann seinen Beruf verfehlt hat?«
    »Der Prätor von Herculaneum, Cäsar.«
    »Ach der! Ist in Rom aufgetaucht, der Mann. Habe gestern mit ihm gesprochen.«
    »Der zeigt wohl sein klassisches Profil im Palast herum und hofft auf einen lukrativen Auslandsposten! Sextus Aemilius Rufus Clemens – guter Name und lange Karriere als mittelmäßiger Staatsbeamter. Er ist ein Idiot, aber was kann ihm das in seiner Position schon schaden? Jetzt, da Crispus tot ist, wird er bei der Verteilung von Auszeichnungen wohl vor mir drankommen?«
    »Sachte, Falco! Ich pflege keine Prämien auszusetzen, wenn Senatoren ertrinken.«
    »Natürlich nicht. Als das Unglück geschah, wußte ich sofort, daß ich dafür würde gradestehen müssen.«
    »Rufus hat außerordentlich hilfreiche Pläne zur Modernisierung der Flotte vorgelegt«, grollte der Kaiser vorwurfsvoll.
    »Oh, damit kann ich auch dienen, Cäsar, die misenische Flotte braucht eine Generalüberholung: mehr Disziplin und weniger Alkohol!«
    »Ja, ich hatte den Eindruck, Rufus schielt nach dem Admiralsstab …« Ich war wütend, doch dann sah ich den Kaiser schmunzeln.
    »In Zukunft bleibt die Präfektur der misenischen Flotte Männern meines Vertrauens vorbehalten. Aber ich will diesem Rufus gern die Chance geben, sich bei einem Kommando zu bewähren. Er soll eine Legion übernehmen …«
    »Ach? Vielleicht in einer Provinz an der Front, wo seine Inkompetenz besser zur Geltung kommt?«
    »Nicht doch, Falco. Wir alle müssen uns damit abfinden, daß zu einer Karriere im Staatsdienst der Umweg über einen trostlosen Posten am Ende der zivilisierten Welt gehört …«
    Ich mußte grinsen. »Was haben Sie ihm zugedacht, Cäsar?«
    »Nun, ich glaube, im Binnenland ist er am besten aufgehoben. Das erspart uns seine nautischen Glanzleistungen. Ich schicke ihn nach Noricum!«
    »Noricum!« Crispus’ Provinz. Dort sagen sich Fuchs und Hase gute Nacht. »Ich denke, das würde Crispus gefallen!«
    »Hoffentlich«, versetzte der Kaiser in trügerisch sanftem Ton.
    Unser neuer Flavier-Kaiser war kein rachsüchtiger Mensch. Einer seiner Vorzüge war ein ganz eigener Sinn für Humor.
     
    »Wäre das alles, Falco?«
    »Mehr kann ich wohl nicht erwarten. Ich würde Sie um eine Prämie für die Rückführung von Gordianus angehen, aber das haben wir ja schon abgehakt.«
    »Durchaus nicht. Ich habe bereits Anweisung gegeben. Sind eintausend genug?«
    »Ein Tausender! Das wäre ein gutes Honorar für einen Feierabendpoeten, der eine zehnzeilige Ode gedrechselt hat! Geradezu fürstlich für einen Lyraspieler am Theater …«
    »Falsch! Lyraspieler verlangen heutzutage mindestens zweitausend, bevor sie sich bequemen, von der Bühne zu gehen. Wozu braucht ein Mann wie Sie eigentlich Geld?«
    »Für Brot und Wein. Dann geht das meiste an meinen Hausherrn. Manchmal träume ich davon, ihn auszutauschen. Cäsar, auch ich hätte gern eine Wohnung, wo ich mich am Rücken kratzen kann, ohne mir gleich den Ellbogen abzuschürfen. Ich arbeite, um zu leben – und meinem Leben

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