Bronzeschatten
des Herkules Gaditanus brennt!«
Anacrites setzte sich in Bewegung, aber Vespasian hielt ihn zurück. »Nein. Sie gehen runter in die Transtiberina und nehmen diesen Freigelassenen fest. Stellen Sie fest, ob er eingeweiht war in die Verschwörung, und dann lassen Sie ihn, wenn möglich, wieder laufen. Machen Sie ihm klar, daß, wer hier weiter Schlamm aufwühlt, von mir kein Pardon zu erwarten hat.« Unwillkürlich stellte ich mir Vespasian als riesigen Frosch vor, der auf einer Wasserlilie über dem aufgewühlten Teich thront. Da wandte der Kaiser sich an mich. »Falco kann sich den brennenden Tempel ansehen.«
Brandstiftung ist ein schmutziges Geschäft; es erfordert keine Diplomatie.
VIII
Ich ging allein zum Tempel. Bewegung und Einsamkeit taten mir ausgesprochen wohl.
Mochte die Krise auch noch so groß sein – ich mußte allein gehen – und zu Fuß. Ich lief mir die Hacken krumm, bewahrte aber meinen Stolz und meine Berufsehre.
Jedesmal, wenn ich meinen Flickschuster bezahlte, wurde mir diese Ehre ein bißchen weniger wichtig.
Der Kleine Tempel des Herkules stand auf dem Aventin, also in meinem Viertel; deshalb konnte ich dort so zwanglos aufkreuzen wie irgendein Gaffer aus der Gegend, der auf dem Heimweg vom Bordell die Flammen gesehen hat und dieses Spektakel als zweiten Hochgenuß des Abends willkommen heißt. Es war ein armseliges Heiligtum, eingezwängt zwischen einer syrischen Bäckerei und dem Stand eines Scherenschleifers. Auf den beiden ausgetretenen Eingangsstufen ließen sich die Tauben zu einem Schwätzchen nieder; über den vier Säulen und einem verzogenen Holzgiebel wölbte sich ein baufälliges rotes Dach, das reichlich Zeugnis dafür ablegte, wohin die Tauben flogen, wenn sie unten aufgescheucht wurden.
Andauernd brennt irgendwo ein Tempel nieder. In ihren Bauvorschriften steht offenbar nichts von Löscheimern und Rampen zur Brandbekämpfung – als sei ein Heiligtum schon dadurch, daß es den Göttern geweiht ist, ausreichend versichert. Aber die Götter werden es offenbar irgendwann leid, Altäre mit unbeaufsichtigten ewigen Lichtern zu bewachen.
Der Brandherd war noch ein gutes Stück entfernt. Auf dem Platz vor dem Tempel waren viele Leute zusammengelaufen. Ich drängte mich nach vorn durch.
Die Vigilanten vom Aventin lehnten in benachbarten Säulenhallen, und die lodernden Flammen färbten ihre Gesichter düsterrot. Es war ein wüster Haufen, auch wenn die meisten von ihnen eine liebende Mutter daheim hatten und der eine oder andere sogar wußte, wer sein Vater war. In ihrer Mitte entdeckte ich meinen alten Freund Petronius Longus, einen breitschultrigen, gesetzten Offizier mit einem Schlagstock im Gürtel. Er stand nachdenklich da und kratzte sich am Kinn. Er sah aus wie ein Mann, mit dem man sich getrost in eine Ecke verziehen kann, um über die Frauen zu plaudern, über das Leben und darüber, wo man den besten spanischen Schinken bekommt. Er war Hauptmann der Wache, aber das hatte unsere Freundschaft noch nie beeinträchtigt.
Ich schlängelte mich zu Petronius durch. Die Hitze war so stark, daß sie einem das Mark in den Knochen hätte schmelzen können. Wir ließen den Blick über die Menge schweifen, vielleicht umschlich noch immer ein Brandstifter mit irrem Blick den Schauplatz seines Verbrechens.
»Didius Falco«, begrüßte mich Petronius, »immer als erster zurück im Quartier, um den besten Platz am Feuer zu ergattern!« Wir hatten unseren Militärdienst im bitterkalten Norden absolviert: fünf Jahre in der Zweiten Augustischen Legion in Britannien. Die eine Hälfte der Zeit verbrachten wir an der Front und die andere mit Gewaltmärschen oder in Feldlagern unter freiem Himmel. Als wir heimkamen, hatten wir uns geschworen, daß wir nie wieder frieren wollten. Petronius heiratete; er meinte, es sei hilfreich. Verschiedene sehr entgegenkommende junge Damen hatten versucht, mir die gleiche Unterstützung angedeihen zu lassen, aber ich hatte sie alle abgewimmelt.
»Kommst du von deiner Freundin?«
»Von welcher denn?« feixte ich. Dabei wußte ich es ganz genau. Seit mindestens vierzehn Tagen gab es nur noch eine. Ich verscheuchte die Erinnerung daran, wie ich sie heute abend gekränkt hatte. »Was für ein vollkommen vermeidbarer Unfall ist denn hier passiert, Petro?«
»Das Übliche. Die Acolyten würfeln in einem Wirtshaus am anderen Ende der Straße, und in einer Räuchervase schwelt noch Glut …«
»Ist jemand verletzt?«
»Glaube ich kaum. Die Türen sind
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