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Bronzeschatten

Bronzeschatten

Titel: Bronzeschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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Ich gab ihm einen freundschaftlichen Klaps und folgte dem schwarzbärtigen Burschen.
    Am Ausgang stießen wir mit einem nervösen Hänfling zusammen, der für Anacrites arbeitete; er war so sehr damit beschäftigt, sich bemerkbar zu machen, daß er uns gar nicht bemerkte. Als ich mich umdrehte, ging er gerade Petro auf die Nerven. Petronius Longus stand breitbeinig da und lauschte mit dem entrückten Blick eines rechtschaffen müden Mannes, der dringend einen Schluck braucht und gerade überlegt, ob es eine Amphore von seinem üblichen blutroten Fusel sein soll, auf den er immer so schlecht schläft, oder jener köstliche Setiner, den er hinten im Regal hat ausreifen lassen …. Der Spion kriegte nichts aus ihm raus. Verbindliche Impertinenz ist eine Spezialität der Aventinischen Wache.
    Als der Priester sich auf den Heimweg machte, blieb ich neben ihm.
    »Ist Curtius Longinus erst heute abend nach Rom zurückgekommen?« Er nickte stumm. Der Schock war ihm in die Glieder gefahren; er hatte keine Lust, sich zu unterhalten. Mit den Gedanken war er ganz woanders, aber seine Beine machten mechanisch große ausholende Schritte vorwärts; ich mußte mich anstrengen, um mitzuhalten, ohne meine Würde einzubüßen. »Er hatte also noch keine Gelegenheit, sich mit jemandem zu treffen?« Er schüttelte den Kopf.
    Ich wartete. Ihm war offenbar etwas eingefallen. »Während des Essens wurde er herausgerufen, weil ein Bekannter ihn sprechen wollte.«
    »Wissen Sie, wer?«
    »Nein. Er blieb nur einen Moment draußen. Ich nehme an«, folgerte der Priester und verlangsamte vor lauter Stolz auf seine deduktiven Kräfte seinen Schritt, »Longinus wird ihr Treffen auf später verschoben haben.«
    »Und zwar hier in Ihrem Tempel! Durchaus möglich. Woher wissen Sie, daß der geheimnisvolle Mensch ein Mann war?«
    »Mein Diener hat Curtius Longinus den Namen des Besuchers genannt.«
    Ich richtete im stillen ein Dankgebet an Herkules. »Sie tun sich und Ihrem Tempel einen Gefallen, wenn Sie mir sagen -«
    »Was sollte das wohl helfen?« Der Priester war skeptisch.
    »Warten Sie nur, bis unser neuer Kaiser sein städtisches Wiederaufbauprogramm vorstellt. Die Neueinweihung eines Tempels fördert den Ruf eines Herrschers sehr!«
    »Ich denke, die Staatskasse hat kein Geld …«
    »Nicht mehr lange. Vespasians Vater war Steuereinnehmer. Er weiß, wie man den Bürgern das Geld aus dem Kreuz leiert; das liegt ihm im Blut.«
    Er hatte seinen Türschlüssel aus der Tasche gezogen. »Sie gehen ja ziemlich großzügig mit dem noch unverdienten Einkommen des Kaisers um. Wer sind Sie eigentlich?«
    »Ich heiße Didius Falco. Ich vertrete hier den Palast …«
    »Hola!« Er reckte den Hals und wollte mich beleidigen. »Wieso läßt sich ein intelligenter, braver Sohn Roms auf so zwielichtige Geschäfte ein?«
    »Das frage ich mich auch oft! Aber nun verraten Sie mir schon endlich, wer dieser Mann war, der Longinus sprechen wollte!«
    »Ein gewisser Barnabas«, sagte der Priester.

IX
    Inzwischen war es stockfinster, aber da ich wußte, daß er meist bis spät in die Nacht arbeitete, strapazierte ich mein Stiefelleder weiter und latschte zurück, um Vespasian einen zweiten Besuch abzustatten.
    Ich wartete, bis er die Fliegenfänger und Weinmischer hinausgescheucht hatte, die gar nicht damit rechnen, einer Audienz beiwohnen zu dürfen. Dann wartete ich noch, bis auch die anmaßenden Schreiberlinge hinausexpediert waren.
    Danach machten wir es uns bequem. Ich streckte mich auf einem kaiserlichen Lesediwan aus und sah zur hohen, gewölbten Decke empor. Der Raum war mit dunkelgrünen Brescia-Paneelen getäfelt und von milchweiß schimmernden Travertin-Pfeilern unterteilt. Die muschelförmigen Wandleuchter waren vergoldet. Ich war in dunklen Häusern aufgewachsen, wo die Dachbalken meine Locken streiften; weitläufige Räume in eleganten Farbkombinationen machen mich nervös. Ich lag so verkrampft auf diesem Diwan, als hätte ich Angst, mein Körper würde einen unschönen Fleck auf der Seide hinterlassen.
    Der Kaiser stützte sich auf einen Ellbogen und mampfte Äpfel. Sein breites, sonnengebräuntes Gesicht hatte haargenau die knorrige Nase und das fröhlich hochgereckte Kinn, die man auf den Münzen sieht, mitsamt den Lachfältchen um die Augen.
    »Nun, Falco?« Stirnrunzelnd betrachtete er den Apfel in seiner Hand. Der sah aus wie eins dieser viereckigen, mehligen Dinger, die von seinen Gütern in den Sabiner Bergen kamen; Vespasian zahlte nie für

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