Bronzeschatten
sagen, zögerte so lange, bis er auch das letzte Quentchen Spannung rausgekitzelt hatte – und gab dann lachend auf.
»Von dem Kerl hab ich noch nie gehört!« erklärte Laesus liebenswürdig.
XV
Der Schiffskapitän Laesus war ein wunderbarer Fund für mich; obwohl ich sagen muß, daß er mich, nachdem er mir das Leben gerettet hatte, in ein Lokal schleppte, wo mir entsetzlich schlecht wurde.
Auf dem Rückweg zur Mansio war ich pappsatt von der Fischsuppe, aber das währte nicht lange. In meiner Portion muß wohl eine schlechte Auster gewesen sein. Zum Glück habe ich einen stabilen Magen; meine Familie sagt oft zum Spaß, wenn sie eines Tages keine Lust mehr haben, auf ihr Erbe zu warten, dann wäre Gift das letzte Mittel, mit dem sie mir zu Leibe rücken würden.
Während die anderen Gäste auf dem unsäglich zerkochten Schweinebauch herumkauten, den der Wirt ihnen vorsetzte, wälzte ich mich auf dem Bett und stöhnte vor mich hin; später erholte ich mich im Badehaus und setzte mich anschließend mit einem Buch in den Garten.
Nach dem Essen kamen die anderen Gäste herausspaziert, um beim letzten Tageslicht einen Krug Wein zu genießen. Ich nahm, mit Rücksicht auf meinen Zustand, nur einen Becher kaltes Wasser.
Tische waren reichlich aufgebaut; das ersparte dem Wirt, ein fauler Spitzbube wie die meisten seines Metiers, die Arbeit, Blumenbeete anzulegen und für ihre Pflege zu sorgen. Die meisten Tische waren unbesetzt. Niemand brauchte also meinen Frieden zu stören, um Platz zu finden; deshalb setzte ich, als die Leute auf mich zusteuerten, die starre Miene eines Mannes auf, der sich lieber bei seiner Ferienlektüre die Augen verdirbt als aufzublicken und mit zudringlichen Fremden Bekanntschaft zu schließen. Erfolg hatte ich mit dieser Taktik freilich nicht.
Sie waren zu zweit. Einer war ein Alptraum auf Beinen – die Beine glichen Ulmenstämmen, und darüber saß ein halsloser muskulöser Klotz; sein Spezi war ein schnurrbärtiger Knirps mit bösartigem Gesicht, dem der Wind durch die Rippen blies. Alle Gäste steckten die Nase tief in die Weinbecher; ich hielt mir die Schriftrolle wie ein Kurzsichtiger dicht vor die Augen, ohne mir freilich viel davon zu versprechen. Die beiden Neuankömmlinge sahen sich um und steuerten prompt auf mich zu.
Die zwei nahmen an meinem Tisch Platz. Beide hatten jenen wissend lauernden Gesichtsausdruck, der das Schlimmste befürchten läßt. Ein Ermittler muß eigentlich gesellig sein, aber mit Einheimischen, die so selbstsicher daherkommen, bin ich vorsichtig. Die anderen Gäste guckten stur in ihr Glas; keiner bot seine Hilfe an.
Im Süden ist es durchaus an der Tagesordnung, daß Gauner sich den Zutritt zu einer Mansio erschwindeln, sich drinnen einer friedlichen Gruppe aufdrängen und die armen Leute so einschüchtern, daß die sich von ihnen ins Vergnügungsviertel der Stadt abschleppen lassen. Die Reisenden kommen noch glimpflich davon, wenn sie sich nur einen Kater und eine Abreibung einhandeln, ihr Geld loswerden, eine Nacht im Gefängnis zubringen und sich eine üble Krankheit einfangen, die sie daheim an ihre Frauen weitergeben. Ein einzelner Mann fühlt sich da sicherer; aber nicht viel. Ich setzte meinen Gelehrtenblick auf; ich war reserviert; ich bemühte mich nach Kräften, den Eindruck zu erwecken, als sei der Beutel an meinem Gürtel zu schlecht gefüllt für eine lange Nacht mit saurem Rotwein und einer dunkelhäutigen Tänzerin samt Tambourin.
Dank des Taschendiebs auf dem Markt war der Beutel wirklich leer. Zum Glück war es meine Köderbörse; Reisegeld und Paß trug ich an einer Schnur um den Hals. Und noch hatte ich sie. Aber Vespasians Lohn war zu mickrig, um eine Tambourinspielerin mit Rosinen im Kopf zu reizen.
Ich verteidigte mein Revier lange genug, um einigermaßen mein Gesicht zu wahren, dann schob ich einen getrockneten Grashalm als Lesezeichen in meine Schriftrolle, klemmte mir den Rollstab unters Kinn und rollte das bereits Gelesene wieder auf.
Meine neuen Bekannten trugen weiße Tuniken mit grüner Borte; ihre Kleidung sah aus wie eine Livree, und nach ihrem selbstbewußten Auftreten zu urteilen, war es die Livree eines untergeordneten Stadtrats, der sich bedeutend vorkam. Der Größere beäugte mich wie ein Bauer, der etwas ekelhaft Glitschiges am Spaten findet.
Nachdenklich trank ich mein Wasser und ließ den Dingen ihren Lauf.
»Wir sind auf der Suche nach einem Priester«, knurrte der Größere.
»Ihr kommt mir
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