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Bronzeschatten

Bronzeschatten

Titel: Bronzeschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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wegsetzte. Jener Körperteil, der bei ihm eigentlich hätte entschärft sein sollen, stand derart bolzengerade, daß einem für das arme Grautier angst und bange wurde.
    Frauen rannten auf Balkone hinaus. Unten in den Kolonnaden kreischten kleine Kinder vor Angst, verstummten dann aber – fasziniert von dem Schauspiel. Ich schnappte mir den Strick, den wir dem Ochsen sonst als Zugseil um die Hörner schlangen, setzte Nero nach und erreichte ihn just in dem Moment, da er sich aufbäumte und auf seine neue Liebe plumpsen ließ. Freund Langohr schrie aus Leibeskräften um Hilfe. Ein wohlmeinender, aber begriffsstutziger Küchenjunge packte den Vergewaltiger am Schwanz. Mir blieb die Luft weg und ich sah Sterne, als tausend Pfund kopulierendes Ochsenfleisch mich bei dem Versuch, dem eigenen Hinterteil Bewegungsfreiheit zu verschaffen, niederrissen und gegen die Mauer der Pension quetschten.
    Diese bestand zum Glück nur aus lehmgefülltem Fachwerk, gab unter mir nach und bewahrte mich so vor Knochenbrüchen.
    In einem Schauer von Stuck und Staub stolperte ich wieder ins Freie. Larius rannte auf dem Bürgersteig hin und her und brüllte nutzlose Ratschläge. Das einzige, was mir noch hätte helfen können, wäre ein ochsentauglicher Schiffskran gewesen. Ich wäre liebend gern abgehauen, aber ein Fünftel dieses verrückten Rindviehs gehörte Petronius Longus, meinem besten Freund.
    Passanten wollten Freund Langohr beispringen und schlugen mit allem, was gerade zur Hand war, auf Nero ein. Larius und mich trafen sie dabei eher aus Versehen. Ich bekam zum Beispiel einen Eimer Wasser ( wenn es denn Wasser war) ins Gesicht, und meinem Neffen flog ein Kürbis an die Kehle. Der Esel versuchte, Charakter zu zeigen, und schlug tapfer mit den Hinterbeinen aus, aber unter diesem Mordsgewicht konnte er sich letztlich nur auf eine schmerzhafte Überraschung gefaßt machen.
    Als Neros triumphaler Augenblick nahte, rettete uns die Vorsehung. Die Beine seines Opfers versagten (ich hatte mich eher um sein Herz gesorgt). Esel und Ochs gingen zu Boden. Freund Langohr rappelte sich mit wild flackerndem Blick wieder auf. Ich warf Nero das Lasso um eine Hinterhand, Larius setzte sich auf seinen Kopf, unser sturer Ochse wehrte sich verbissen – und gab dann urplötzlich klein bei.
    Wir hätten eigentlich die Helden der Stunde sein müssen. Zugegeben, ich rechnete mit einem Disput darüber, wer zu Bruch gegangene Schaufensterauslagen ersetzen müsse, und vielleicht auch mit einer Anzeige (gestützt auf einen weniger bekannten Paragraphen des augusteischen Ehegesetzes) wegen der Vergewaltigung eines Esels durch ein Zugtier. Was wirklich geschah, war um vieles interessanter. Der Vigilant hatte mitbekommen, daß wir unseren Ochsen mit dem Namen eines Kaisers riefen. Wir versicherten ihm, er müsse sich verhört haben. Wir riefen Nero »Schandfleck«; der Idiot reagierte nicht. Wir riefen Nero »Nero«, und er reagierte genausowenig, aber das zählte anscheinend nicht.
    Larius und ich wurden verhaftet. Wegen Blasphemie.

XLIII
    Die Arrestzelle für Landstreicher war ein umgebauter Laden neben dem Tempel.
    »Na, das ist doch mal was anderes«, gluckste ich.
    Mein Neffe schaute bedrückt. »Onkel Marcus, wie willst du meiner Mutter beibringen, daß ich im Kittchen war?«
    »Das wird nicht leicht werden!«
    Der Wärter war ein liebenswerter Trottel, der sein Mittagessen mit uns teilte. Er trug einen grauen Spitzbart und Koteletten. Aus seiner ungezwungenen Art schlossen wir, daß in Herculaneum häufig harmlose Touristen eingelocht wurden. Er hatte zwar einen Keller, in den er jeden steckte, der ein bißchen fremdländisch aussah, aber Larius und mir erwies er die Ehre, uns oben an eine Bank anzuketten, wo er sich mit uns unterhalten konnte.
    »Kennen Sie einen Senator mit Namen Crispus?« fragte ich, in erster Linie, um meinen Neffen mit meiner unerschütterlichen Professionalität zu beeindrucken.
    »Nein, Falco.« Der Wärter war ein Mann, der erst redete und dann nachdachte. » Aufidius Crispus? Der hatte ein Haus in Herculaneum; hat’s aber verkauft, um sich diese Jacht anzuschaffen …«
    »Haben Sie ihn in letzter Zeit gesehen?«
    »Nein, Falco.« Er überlegte, entschied sich diesmal aber für Zurückhaltung.
    Larius fand mein Vorgehen unproduktiv. »Zeig Roscius doch deinen Paß!« Ich zog ihn hervor; Roscius studierte ihn und gab ihn dann zurück.
    Larius schloß verzweifelt die Augen. Ich reichte Roscius meinen Paß inzwischen ein zweites

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