Bronzeschatten
außerdem überschüttet hatten. Einiges davon hatten Geminus und ich sicher katalogisiert. Bettgiebel aus Schildpatt. Kristallene Servierschüsseln. Tabletts aus Goldfiligran. Mit exotischen Mustern bestickte Decken, um die selbst Königin Dido sie beneidet hätte. Ahorntische. Elfenbeinstühle. Lampenständer und Kandelaber. Truhen aus Kampferholz … und unzählige wunderbar perfekte Löffel.
»Marcus, wenn es mir um ein Haus gegangen wäre, hätte ich doch nicht selbst die Scheidung gegen Pertinax eingereicht.«
»Ich versuche bloß, realistisch zu bleiben.«
Helena verschwand in der Sänfte, bevor ich mir auch nur ein Abschiedswort zurechtgelegt hatte. Sie schloß die Halbtür selbst. Die Träger bückten sich nach den Tragschienen; ich riß den Vorhang zurück; so durfte ich sie nicht fortlassen. »Nimm die Hand weg!« befahl sie.
»Warte, Helena – sehen wir uns wieder?«
»Nein. Es wäre ja doch sinnlos.«
»Das ist es nicht !«Das durfte esnicht sein.
Ich bedeutete den Trägern, daß sie sich noch einen Moment gedulden sollten, sie hörten nur auf Helenas Anweisungen.
Als ich mich dazu durchgerungen hatte, rückhaltlos ehrlich zu sein, um sie nicht zu verlieren, zog sie mit einem Ruck den Vorhang zu und sperrte mich aus. Ich brauchte nicht erst die Sibylle von Cumae zu befragen, um zu begreifen, daß Helena entschlossen war, mich endgültig aus ihrem Leben zu verbannen.
Da stand ich nun, den Mund halb geöffnet, um ihr zu sagen, daß ich sie liebte, indes die Träger mich ganz frech auslachten und ihre Herrin im Laufschritt davontrugen.
TEIL IV
Harfenspiele in Herculaneum
Der Golf von Neapolis
Juli
»Womöglich erwartet Ihr gar eine Truppe
spanischer Tänzer, Zigeunerinnen,
mit ihren lüsternen Liedern und Praktiken …«
Juvenal: ELFTE SATIRE
XLII
Die Stadt Herculaneum war sehr klein, sehr verschlafen, und wenn überhaupt interessante Frauen dort wohnten, dann hielt man sie hinter verschlossenen Türen verborgen.
Die Straßen waren sauber und gepflegt. In Pompeji mußte der Stadtrat Trittsteine aufstellen lassen, damit die Fußgänger nicht durch den Unrat zu waten brauchten, der ihre Straßen verschandelte; die Räte von Herculaneum setzten auf breitere Bürgersteige – breit genug für eine Versammlung von Pastetenverkäufern. Dabei bekam man Abfall in Herculaneum so gut wie nie zu Gesicht.
Ich fand Herculaneum scheußlich. Lauter geschmackvolle, blitzsaubere Häuser, deren Besitzer wenig Charakter hatten, aber um so mehr von sich eingenommen waren. Die Straßen sahen aus wie geleckt. Die Männer verbrachten ihre Tage damit, das Geld zu zählen (wovon sie reichlich besaßen), während ihre braven Frauen sich in geschlossenen Sänften von der eigenen Haustür sicher bis vors Portal anderer ehrbarer Frauen tragen ließen, wo sie dann bei Mandelkuchen zusammensaßen und plauderten, bis es Zeit war, wieder heimzugehen.
Im Gegensatz zu Pompeji, wo wir regelrecht hatten brüllen müssen, um uns bemerkbar zu machen, konnte man in Herculaneum auf dem Forum, am höchsten Punkt der Stadt, stehend die Möwen unten im Hafen kreischen hören. Wenn in Herculaneum ein Kind plärrte, dann eilte eine Amme herbei, um ihm den Mund zuzuhalten, bevor es wegen Ruhestörung Ärger bekam. Hier sagten die Gladiatoren im Amphitheater vermutlich jedesmal » Ich bitte um Verzeihung!« , wenn ihre Schwerter taten, was sie sollten.
Ehrlich gesagt, Herculaneum ging mir derart auf die Nerven, daß ich am liebsten auf einen öffentlichen Brunnen gesprungen wäre und ein unflätiges Wort über den Marktplatz gebrüllt hätte.
Wir hatten uns deshalb dieses Sammelbecken der Mittelmäßigkeit bis zuletzt aufgehoben. Nun hatte unser Freund Ventriculus in Pompeji mich benachrichtigt, daß die Aufträge den Großteil meines Bleivorrats verschlingen würden. (Die Nachricht kam früher als erwartet, war allerdings keine Überraschung. Schließlich hatte ich damit gerechnet, daß der Klempner, getreu den Bräuchen seines Berufsstandes, mich ein bißchen übers Ohr hauen würde.) Also waren wir nach Herculaneum gezogen, samt Nero und einer letzten Wagenladung Rohrmuster, und hofften, endlich Näheres über Aufidius Crispus und seine Pläne zu erfahren (oder gar, falls ich ausnahmsweise einmal eine Glückssträhne erwischt haben sollte, herauszufinden, wo dieser glitschige Fisch mit seiner schnittigen Jacht vor Anker gegangen war).
Ich hatte keineswegs die Absicht, den
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