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Bronzeschatten

Bronzeschatten

Titel: Bronzeschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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Magistrat aufzusuchen, von dem Helena Justina gesprochen hatte. Ich war auf Draht; ich war zäh; ich verstand was von meinem Beruf. Ich brauchte keinen selbsternannten Leithammel. Ich würde mir meine Informationen schon selber beschaffen.
    Während ich, auf der Suche danach, Herculaneum durchstreifte, mußte ich Larius gestehen, daß wir das Spesenkonto, das Vespasian äußerstenfalls bewilligen würde, erschöpft hatten.
    »Heißt das, wir haben kein Geld mehr?«
    »Ja. Bei Mißerfolgen wird er sehr knausrig.«
    »Würde er dir mehr bezahlen, wenn du Ergebnisse vorweisen könntest?«
    »Falls sie ihm etwas wert wären.«
    Manch einer wäre in unserer Lage vielleicht in Panik geraten; mir war selbst etwas mulmig. Aber Larius meinte nur gleichmütig: »Dann müssen wir schleunigst was Brauchbares in die Hand bekommen!«
    Die Einstellung meines Neffen gefiel mir. Er wußte das Leben zu nehmen. Wieder einmal ging mir durch den Kopf, wie gut sich Gallas Ältester mit seiner Hartnäckigkeit in meinem Beruf machen würde. Und diesmal sagte ich es ihm, während Nero auf Herculaneums breite Hauptstraße zutrottete. Larius erzählte mir statt dessen von einem Fassadenmaler, den er durch Ventriculus kennengelernt und der ihm angeboten habe, Figuren für irgendeinen Fries zu entwerfen …
    Mir war das neu. Ich sagte meinem Neffen, was ich von Künstlern hielte. Er schob das Kinn vor – mit jener irritierenden Hartnäckigkeit, die ich eben noch an ihm bewundert hatte.
    Diese Hauptstraße war die sauberste und ruhigste, die ich je gesehen hatte. Das verdankte sie zum Teil einem tadellosen Vigilanten, der dort auf und ab marschierte, damit respektable Bürger, die wissen wollten, ob daheim das Essen bald fertig war, ihn fragen konnten, wie spät es sei. Außerdem diente er der Stadt dadurch, daß er Tagedieben wie uns klarmachte, warum auf dem Prachtboulevard von Herculaneum kein Fahrverkehr erlaubt sei. Als er losblökte, hatte ich gerade die Poller bemerkt, die uns den Weg versperrten. Wir wollten eigentlich zum Gerichtsgebäude (ich konnte es schon von weitem sehen und auch die elegante Chaise, die davor stand und deren Bronzebeschläge die Sonnenstrahlen reflektierten). Über die Straße, die wahrscheinlich zum Forum führte, spannte sich ein Triumphbogen, zur Linken sah ich eine Reihe von Geschäften und rechts einen Brunnen, den Nero beehrte.
    Ich hasse Aufpasser. Dieser hier verwies uns mit jener Wohlerzogenheit von der Straße, die von einem Provinzbeamten zu erwarten war, nämlich gar keiner. Um ein Haar hätte ich ihm gesagt, wo er sich sein piekfeines Offiziersstöckchen hinstecken könne … Larius kam mir zuvor.
    »Sag, es täte uns leid und wir würden wieder umkehren!«
    Eigentlich konnte ich dem Mann nicht verdenken, daß er uns schlecht behandelte. Wir hatten den Fehler gemacht, zu einem Freiluftbarbier hinter den Gladiatorenkasernen von Pompeji zu gehen, der uns nach drei Stunden verbissener Schnippelei in veritable Halsabschneider verwandelt hatte. Außerdem aßen wir gerade in Weinblätter gewickelte Sardinen, was sich in Herculaneum auf offener Straße einfach nicht schickte.
    Wir wendeten den Karren und fuhren hügelabwärts auf den Hafen zu. Zu beiden Seiten ging ein Netzwerk von Nebenstraßen und Gäßchen ab; Herculaneum war nach einem pedantischen, griechisch inspirierten Gitterplan erbaut worden. Um mir Ärger zu ersparen, übernahm Nero die Entscheidung und führte uns in ein malerisches Viertel mit überhängenden Balkonen und säulengeschmückten Arkaden; ein Korbflechter träumte auf seinem Schemel, und eine alte Frau, die Salat eingeholt hatte, zog mit einer anderen alten Schachtel, die eben vom Bäcker kam, über die moderne Gesellschaft her. In diesen Strudel buntbewegten Herculanesischen Lebens stürzte unser irrer Ochse sich nun voller Eifer.
    Die Katastrophe brach rasch herein, wie Katastrophen das so an sich haben.
    Nero steuerte nach rechts. Dort stand, angebunden vor einer billigen Pension, ein Lastesel, ein kräftiges Jungtier mit glänzenden Ohren und knackigem Hinterteil: Nero hatte die große Liebe seines Lebens entdeckt.
    Er stieß beim Wenden mit dem Karren gegen den Säulengang einer Konditorei. Sein entzücktes Muhen erzeugte so gewaltige Schwingungen, daß vier Reihen Dachziegel heruntergepurzelt kamen. Töpferwaren gingen unter seinen Hufen in Scherben, als er uns entwischte und mit dem zierlich hochtrabenden Schritt eines Bullen auf Freiersfüßen über einen Trödlerstand

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