Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bronzeschatten

Bronzeschatten

Titel: Bronzeschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
Vom Netzwerk:
meinen Paß von einem Silbertischchen, überflog ihn, winkte mich heran und musterte mich mit klaren dunklen Augen. »Didius Falco? Willkommen in Herculaneum!« Er schenkte mir das offene, freimütige Lächeln eines Ehrenmannes, und trotzdem glaubte ich nicht, daß er besser sei als die übrige Bagage in diesem Kaff. »Wie ich höre, haben wir seit heute ein nervöses Wrack von einem Eselchen in der Stadt, das sich wohl nie mehr von seinem Schock erholen wird … Wie heißt Ihr Ochse denn nun wirklich ?«
    »Schandfleck!« erklärte ich mit fester Stimme. Er lächelte. Ich lächelte. Es würde sich bald ausgelächelt haben. »Mein Neffe und ich«, beharrte ich tapfer, »sind in dieser Stadt aufs ärgste gedemütigt worden und werden Anzeige erstatten wegen widerrechtlicher Festnahme! Übrigens war Nero einer der wenigen Kaiser, dem es gelang, sich um die Ehre, für einen Gott erklärt zu werden, zu drücken.«
    »Aber in der Campania ist er heilig, Falco. Er hat eine Hiesige geheiratet!«
    »Kalter Kaffee! Ist denn Poppaea Sabina nicht daran zugrunde gegangen, daß er sie während der Schwangerschaft in den Bauch trat?«
    »Eine häusliche Kabbelei, die treue Campanianer tunlichst rasch wieder vergessen.« Die große Hoffnung unter Herculaneums Magistraten grinste mich an und entblößte dabei ein makellos strahlendes Gebiß. »Aber ›Blasphemie‹ als Festnahmegrund ist wirklich ein bißchen weit hergeholt. Wie wäre es, wenn ich mich statt dessen nach Ihren unorthodoxen Bleilieferungen erkundigte?« Sein verbindlicher Ton reizte mich. Mir sind unverblümte Fragen und ein hartes Soldatenknie in meine Weichteile lieber.
    »Ist damit was nicht in Ordnung, Magistrat? Kann ich behilflich sein?«
    »Es sind allerdings«, äußerte Rufus so zuvorkommend, daß mir das Blut in den Adern stockte, » Klagen laut geworden!«
    »Also, das verstehe ich nicht, Magistrat! Es ist erstklassige Ware aus Britannien, und wir tun alles, um zu gewährleisten, daß auch unsere Installationen in bester handwerklicher Qualität ausgeführt werden.«
    »Es sind ja auch nicht Ihre Kunden, die sich beklagen. Sondern die offiziellen Vertragsfirmen, die Sie unterbieten.«
    »Pech«, murmelte ich.
    Rufus zuckte die Achseln. »Haben Sie noch mehr von diesem Blei?«
    »Nein, Magistrat, das ist die letzte Fuhre.«
    »Na schön. Sie können sich Ihren Ochsen im Mietstall abholen, aber das Blei muß ich, wenn Sie sich nicht als Eigentümer ausweisen können, leider konfiszieren.«
    Für einen Mann mit einem so hübschen Profil war er erstaunlich geschäftstüchtig.
     
    Jetzt, da er sich meine Musterkollektion unter den Nagel gerissen hatte, waren wir auf einmal die besten Freunde. Er bot mir Platz an und kredenzte mir einen Becher von dem Wein, den er selber trank: ein hervorragender Jahrgang, bei dem meinem Freund und Connaisseur Petronius die Augen übergegangen wären.
    »Sehr liebenswürdig von Ihnen, Magistrat – geben die Damen uns ebenfalls die Ehre?«
    Seine beiden vornehmen Begleiterinnen hatten sich bisher im Hintergrund gehalten, aber wir wußten natürlich, daß sie die Ohren spitzten. Rufus gab mir einen Wink, den ich als Andeutung männlicher Komplizenschaft deutete, während die Damen sich huldvoll näherten, freilich nicht, ohne mit dem Klirren ihrer Armreifen zu betonen, wie lästig ihnen der Platzwechsel sei.
    »Meine Schwester Aemilia Fausta …« Ich machte eine feierliche Verbeugung; ihre Freundin saß mit spöttischem Gesicht dabei. »Helena Justina kennen Sie, glaube ich, bereits. Sie war gerade im Begriff, uns zu erzählen, was sie von Ihnen hält …«
    »Oh, er ist ein typischer Mann!« höhnte Helena, die sich diese Chance nicht entgehen lassen mochte. »Er hat grauenhafte Freunde, alberne Angewohnheiten, und seine ›geschäftlichen‹ Mätzchen sind lachhaft.«
    Rufus warf mir einen neugierigen Blick zu; ich sagte ernst und gemessen: »Die Tochter des Camillus Verus genießt meine allergrößte Wertschätzung!« Es klang unaufrichtig; mit der Wahrheit ist das oft so.
    Helena knutterte etwas Unverständliches und Rufus lachte. Er knüllte seine Serviette zusammen und warf sie nach ihr. Helena schlug sie mit der ungezwungenen Vertrautheit langjähriger Freundschaft zurück. Ich konnte mir vorstellen, wie sie als Jugendliche gemeinsam die langen Sommerferien verbracht hatten, wie sie geschwommen und gerudert und zusammen gepicknickt hatten. Eine Segelpartie nach Surrentum. Ausflüge nach Capreae. Baiae. Zum Avernus See.

Weitere Kostenlose Bücher