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Bronzeschatten

Bronzeschatten

Titel: Bronzeschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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festzuhalten …
    Genau gleichzeitig wandten wir uns einander zu. Auf die geringe Entfernung ließ sich unmöglich verhehlen, wie deutlich wir uns an die Vergangenheit erinnerten. Ich ließ sie los, bevor mir vor soviel Nähe schwindelig wurde. Dann sprang ich vom Zaun und half anschließend Helena herunter.
    Sie reckte angriffslustig das Kinn. »Die Löffel hast du wohl ins Meer geworfen, oder?«
    »Wo denkst du hin! Mein Vater ist Auktionator; ich weiß, was Löffel kosten …« Wir waren Freunde. Nichts konnte das mehr ändern. Freunde, verbündet durch die Lust am Intrigenspiel; ständig im Streit, und doch nie wirklich böse aufeinander. Und die knisternde Spannung zwischen uns, sowohl gefühlsmäßig wie sexuell, kam mir sehr dauerhaft vor. »Sag, Helena, woran hast du vorhin auf dem Stein gedacht?«
    Helena trat einen Schritt zurück, schüttelte den Kopf und sagte leise: »An etwas, dessen ich mir noch nicht sicher bin. Bitte, frag nicht weiter.«

XLVI
    Als wir vor dem Herrenhaus ankamen, sah Helena schon wieder ganz abgekämpft aus. Normalerweise strotzte sie so vor Gesundheit, daß dieses plötzliche Unwohlsein mich ebenso erschreckte, wie es ihr offenbar peinlich war. Ich wich nicht von ihrer Seite, bis sie behaglich ausgestreckt auf einem Ruhebett in einer kühlen Kolonnade lag und ein Tablett mit dampfendem Boragotee vor sich hatte.
    Helena schickte die Sklaven fort. Ich saß bei ihr und nippte von Zeit zu Zeit an einem Schälchen, das ich wie ein wohlerzogener junger Mann zwischen Daumen, Zeige- und Mittelfinger hielt. (Wenn er nicht zu stark ist, mag ich Boragotee ganz gern.)
    Als ich mir gründlich den Mund verbrannt hatte, setzte ich die Teeschale ab, stand auf, vertrat mir die Beine und schaute mich unauffällig um. Von Marcellus keine Spur und nur wenige Dienstboten in der Nähe. Die Gärtner jäteten Unkraut in einem Mimosenbeet. Irgendwo im Haus hörte ich eine Frau heiser singend Fußböden scheuern. Ich griff nach Kanne und Sieb, schenkte Ihrer Durchlaucht Tee nach und stand dann neben ihr, als hätte ich nichts anderes zu tun, als dem Dampf nachzusehen, der sich über ihrem Becher langsam auflöste.
    Das große Haus schien still und friedlich. Ich berührte Helena leicht an der Schulter, dann stakste ich davon, wie ein schüchterner Mann, der einem natürlichen Bedürfnis Abhilfe schaffen muß.
    Der Pferdetrainer hatte mein Interesse geweckt. Ich drehte eine Runde zu den Stallungen und Nebengebäuden in der Hoffnung, ihn hier zu finden. Die Ställe lagen zu meiner Linken. Zuerst kam der alte Viehhof, in dem jetzt offenbar Lasttiere und die Wagen untergestellt wurden; dahinter erstreckte sich ein höchstens fünf Jahre alter Neubau mit modernem Auslauf und luxuriösen Boxen. Mit der Umsicht und Behendigkeit, die zu erlernen mich ein halbes Leben gekostet hatte, huschte ich ungesehen hinein.
    Hier hatten Pertinax und Barnabas früher ihre Vollblüter untergestellt. Daran bestand kein Zweifel. In der Geschirrkammer stand noch eins der silbernen Pferdchen, die ich in Pertinax’ Haus in Rom zu Dutzenden gesehen hatte. Die meisten Boxen standen leer. Aber die beiden Pferde, die ich vorhin auf der Rennbahn gesehen hatte, wurden eben von einem stämmigen Stallknecht abgerieben.
    »Hallo«, rief ich selbstbewußt, trat zu den beiden Gäulen und mimte den Pferdenarren. »Sind das die zwei, die Atius Pertinax in Rom hatte?«
    Ich hasse Pferde. Sie können einen treten oder an die Wand drängen oder sich fallen lassen und einem die Beine brechen und die Rippen zerquetschen. Reicht man ihnen ein Zuckerstück, beißen sie einem womöglich die Finger mit ab. Ich behandele sie mit der gleichen Vorsicht wie Hummer, Wespen und Frauen.
    Einer der beiden Gäule war in Ordnung, eigentlich was ganz Besonderes; sogar ich konnte das sehen. Ein stolzer, sanftmütiger Hengst mit fast purpurn leuchtendem Fell. »Grüß dich, mein Alter …« Während ich dieses Prachtstück streichelte, warf ich einen Blick zu seinem Stallgefährten hinüber. Der Pferdeknecht nickte verständig, als er meine abfällige Miene sah.
    »Das ist Goldschatz.« Da hatte offenbar jemand Humor bewiesen. Dieser Goldschatz war eine taube Nuß. Eifersüchtig reckte er mir den Kopf entgegen, schien aber zu wissen, daß in solch illustrer Gesellschaft ein windzerzauster Tannenwedel nicht die geringste Chance hatte.
    »Wohl ein bißchen launisch, was? Wie heißt der hier?«
    »Ferox. Wird manchmal schwierig. Aber Goldschatz besänftigt

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