Bronzeschatten
seine Gastfreundschaft unbedingt auf breiter gesellschaftlicher Basis zelebrieren wollte.
Petronius würde seine Gratismahlzeit kassieren und sich dann dünnmachen. Ich wußte zufällig, daß Petro, seit er Wachthauptmann war, nicht mehr gewählt hatte. Er glaubte, ein Mann auf Staatssold solle unparteiisch sein. Ich war zwar nicht seiner Meinung, bewunderte ihn aber, weil er so hartnäckig an derlei Überspanntheiten festhielt.
Petro und Silvia sprachen zu dem Zeitpunkt nicht mit mir. Sie waren drinnen und beobachteten mit spöttischem Lächeln meinen Auftritt. Ich stand noch draußen, oder vielmehr ich trapste in meiner besten senfgelben Tunika vor dem Portal herum, während meine energische Begleiterin sich mit dem Haushofmeister stritt.
Der Mann, der die Gästeliste hütete, wußte sehr wohl Spreu von Weizen zu unterscheiden. Diese Veranstaltung war perfekt organisiert. Sich mit Gewalt Zutritt zu verschaffen war ausgeschlossen; sowie ich hier den starken Mann markiert hätte, wären die Muskelprotze mit ihren beschlagenen Ledermanschetten hinter den Pflanzkübeln hervorgesprungen, wo sie unauffällig um ein Damebrett postiert waren, hätten uns in einen eleganten Schwitzkasten genommen und achtkantig hinausbefördert.
Aemilia Fausta sprühte nicht gerade vor Ideen, aber wenn ihr mal ein Einfall kam, dann erkannte sie die vielleicht einmalige Gelegenheit und hielt daran fest. Ihr Auftritt war beeindruckend. Sie war in malvenfarbigen Musselin gehüllt, der ihre kleinen weißen Brüste ausstellte wie zwei Treibhauspilze im Fenster eines Gemüsehändlers. Ein zackenreiches Diadem saß ehern und unverrückbar auf ihrer hochgetürmten Frisur. Leuchtende Farbflecken, die teils sogar echt waren, brannten auf ihren Wangen. Die feste Absicht, Crispus zu sprechen, machte sie verschlagen und tückisch wie eine Bluthund auf der Fährte.
»Welcher Gastgeber«, höhnte Aemilia Fausta (ein kleines Persönchen, das sich jetzt freilich gewaltig reckte), »drückt wohl seinem Hausverwalter eine Gästeliste in die Hand, auf der auch der Hausherr und seine Tischdame aufgeführt sind? Lucius Aufidius Crispus hat Sie offenbar für weniger begriffsstutzig gehalten: Ich «, verkündete die edle Fausta mit unnachahmlicher Frechheit, »bin seine Verlobte!«
Das einzige, was diesen bravourösen Schachzug in meinen Augen trübte, war, daß die Dame diese dreiste Behauptung für die Wahrheit hielt.
Der Lakai gab sich geschlagen und ließ uns eintreten. Ich winkte Petro zu, ließ mir von einem außerordentlich hübschen Blumenmädchen einen Kranz verpassen und trug der Schwester des Magistrats ihre Kithara hinterher. Ein scharfsichtiger Zeremonienmeister hatte die Situation rasch erfaßt und komplimentierte Fausta mit einer Schale bithynischer Mandeln in eine Ecke, und eilte davon, um den Gastgeber zu warnen. Erstaunlich schnell kam er zurück, versicherte Aemilia Fausta, ihr Platz im Triklinium sei bereit, dort, wo Crispus mit den vornehmsten Gästen tafeln werde.
Ich weiß nicht, was ich erwartet hatte, aber die Art, wie seine abgelegte Braut empfangen wurde, war ein Hinweis darauf, daß Aufidius Crispus sich auf dem rutschigen gesellschaftlichen Parkett mit gefährlicher Sicherheit bewegte.
XLIX
Der Zeremonienmeister wollte sich bei mir entschuldigen.
»Lassen Sie nur, ich bin bloß ihr Harfenlehrer. Sie brauchen die Sitzordnung nicht zu ändern.«
Der Festschmaus sollte gleich beginnen, aber ich schlüpfte hinaus, um die Flotille unter die Lupe zu nehmen, die am Ufer vor der Villa festgemacht hatte. Die Isis Africana war leicht zu finden; sie ankerte an einer Mole etwas abseits vom Getümmel, draußen in der Bucht. Sie war dunkel, als wären bereits alle von Bord gegangen.
Crispus war inzwischen bestimmt im Haus. Ich ging über die Terrasse zurück und hoffte, noch vor der Veranstaltung einen Blick auf ihn zu erhaschen.
Das Atrium war vorwiegend in Rot gehalten und bestach durch eine Trompe-l’œil-Kolonnade kannelierter Säulen, zwischen denen mit Emblemen verzierte hohe Flügeltüren sich öffneten. Durchs angrenzende Zimmer kam ich in einen ummauerten Garten – lebende Pflanzen ergänzten die Parktableaus, die als Fresken die Innenwände zierten. Dahinter lag der Empfangssalon, der, flankiert von zwei majestätischen Säulen, den Eingang zum eigentlichen Gartentrakt freigab – ein wunderbarer Effekt, eigens von den Architekten der Campania erdacht. Die meisten Besucher von Rang waren hier im Salon; Stimmengewirr, Wärme
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