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Brook, Meljean - Die Eiserne See

Brook, Meljean - Die Eiserne See

Titel: Brook, Meljean - Die Eiserne See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Flammendes Herz
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gewachsen zu sein.«

12
    Als sie wieder hinaus ins Sonnenlicht geklettert waren und sich in den tiefen Schnee auf dem Hof hatten fallen lassen, drehte sich Archimedes zu Yasmeen herum. »Bist du dir auch so sicher wie ich, dass dieses Trumm fliegen wird?«
    »Ich weiß es nicht.« Aber ihr war anzusehen, dass sie es wusste. Sie war davon ebenso überzeugt wie er.
    »Eigentlich müsste ich wohl entsetzt sein. Kannst du es dir am Himmel vorstellen?« Er schüttelte den Kopf. »Und doch bin ich …«
    »Überwältigt.«
    »Ja.«
    »Es ist eine gute Geschichte. Wollen wir hoffen, dass Terbish sich nicht zu einem Diktator auswächst.«
    Er sah sie an. »Und wann erzählst du mir deine Geschichte, Stahlblume?«
    »Heute Abend. Die erzählt man nicht im Sonnenlicht, sondern am Feuer, mit Essen und Wein … oder Stutenmilch.« Sie schmunzelte. »Wollen wir mit der Suche anfangen? Vielleicht finden wir etwas.«
    Sie fanden nichts, doch es war trotzdem unglaublich, durch die Festung zu streifen und ihre Größe und Stärke auf sich wirken zu lassen. Da es im Vorposten keine Soldaten mehr gab, konnten sie sich überall unbesorgt zeigen. Am Nachmittag steuerten sie ihren Proviant zu den Lebensmittelvorräten bei, und obwohl Nergüi mit zweifelnder Miene an dem Trockenfleisch schnupperte, bereitete sie einen dicken Eintopf daraus, den sie mit Wurzelgemüse und Zwiebeln deftig machte und mit Kräutern würzte. Dazu gab es wieder vergorene Stutenmilch, und Archimedes beendete den Tag angenehm satt und durchgewärmt. Terbish holte eine Opiumpfeife hervor, und Yasmeen teilte sie für lange, stille Momente mit Archimedes. Als sie die Pfeife zurückgab, wirkte sie genauso entspannt, wie er sich fühlte. Sie saß im Schneidersitz auf dem Bettzeug, Archimedes lag auf einen Ellbogen gestützt hinter ihr, ein Knie angezogen, und sie lehnte mit dem Rücken leicht an ihm. Terbish hatte es sich auf seinem Lager gemütlich gemacht, und die Alte saß auf ihrer Matte und nahm gerade ihren Schlummertrunk.
    Archimedes fragte: »Haben Sie Naniten im Blut, Nergüi?«
    Sie kicherte belustigt. »Damit der Großkhan auch uns kontrollieren kann?«
    »Rebellen haben viel mit Leuten aus der Neuen Welt gemein«, sagte Yasmeen auf Französisch. »Aber das werde ich weder den einen noch den anderen je sagen.«
    Archimedes lachte und merkte, wie sie es sich bequemer machte, ohne sich groß zu bewegen – nur ein Seufzer und ein leichter Druck gegen sein Bein, als sie sich stärker auf ihn stützte. »Also, was für eine Geschichte erzählst du uns heute Abend?«
    »Eine tragische«, sagte sie. »Mit einer Liebe fängt sie an, wie jede Tragödie.«
    »Wenn du so darüber denkst, ist es kein Wunder, dass dein Herz aus Stahl ist.«
    Ein scharfes Pst! von Nergüi. Archimedes verkniff sich ein Lachen. Es war eine Weile her, dass ihn jemand ermahnt hatte, leise zu sein, aber nun machte er es sich ebenfalls gemütlich und betrachtete Yasmeens Gesicht, als sie zu erzählen begann.
    »Es war einmal eine kluge und starke Kriegerkönigin, die das Reich in turbulenten Zeiten zusammenhielt. Manduchai die Weise, Gemahlin des Khan, und als er nach langer Krankheit verstarb, herrschte sie selbst als Khatun, und das ganze Reich liebte sie, nur die Erben von Ögedei nicht, die ihr den Thron entreißen wollten.«
    Yasmeen erzählte nicht ihre eigene Geschichte, ging ihm auf. Jedenfalls nicht in dem Sinne, wie Terbishs Geschichte die seine gewesen war, und dennoch eine, die sie unzählige Male gehört hatte. In ihrer Opiumseligkeit verlieh sie ihrer Erzählung den Tonfall eines Gedichts in der Sprache der Horde, den ihr starker Akzent noch zu verstärken, zu erhöhen schien.
    »Sie gebar viele Söhne und Töchter und unterwies sie alle in den Wegen des ewigen Himmels und der Erdenmutter und lehrte sie, die Berge zu lieben, die den Menschen nahe an den Himmel heranbrachten, und die Flüsse, die das Blut der Mutter waren. Alle ihre Kinder ließen Großes ahnen, jedoch keines mehr als ihr Sohn Barsu Bolod, der Stahltiger, von dem sich alle einig waren, dass er Khan werden würde, wenn sie ihre Augen für immer schloss. Sie sagte ihm, er solle sich eine Frau suchen, jedoch nur eine heiraten, die so stark und so wild, so großmütig und so weise war wie sie. Barsu Bolod reiste durch das ganze Reich und suchte nach einer solchen Frau, da überfielen ihn eines Tages Räuber, die sein Gold wollten. Er kämpfte, doch es waren zu viele. Seine Kampfschreie drangen jedoch bis zu einem Dorf

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