Brook, Meljean - Die Eiserne See
eingehen würde, hatte von vornherein festgestanden.
Was Archimedes allerdings wahrscheinlich gar nicht begriff – er hatte wohl nur die Würfel entscheiden lassen.
»Und falls der Eiserne Herzog zögert, wer kann ihn dann besser überzeugen als Scarsdale?«
Er grinste. »Musste er das denn?«
»Nein. Aber du hast recht. Wie könnte Scarsdale der Autorin der Abenteuer um Archimedes Fox widerstehen? Seit deine Schwester dort angekommen ist, weicht er kaum von ihrer Seite. Vielleicht wird Zenobia bald eine Gräfin sein.« Weil sie ihm auch nicht widerstehen konnte.
Archimedes’ Grinsen wurde starr, und er schüttelte kurz den Kopf, als wollte er ihn klar bekommen. »Hm?«
Sie schnippte ihren Zigarillo über die Seite des Schiffes. »Diese Frau denkt praktisch. Es wäre eine gute Verbindung – und genau zum richtigen Zeitpunkt. Er sucht gerade nach einer Gattin. Die Pflicht ruft, und er braucht noch einen Erben und gleich den Ersatz dazu.«
Archimedes starrte sie an, als versuchte er aus ihrer Miene die Wahrheit zu erfahren. Yasmeen lächelte breit. Erleichterung huschte über seine Züge, dann Besorgnis, dann wieder Erleichterung. Schließlich sagte er: »Ich kann mich nicht entscheiden, ob du das ernst meinst. Ich glaube, ich sollte ihr schreiben.«
»Vielleicht solltest du das«, gab Yasmeen ihm recht.
Der Wind nahm zu und sorgte für rauen Wellengang im Hafenbecken, ermöglichte jedoch zugleich das rasche Segeln zu den südlichen Kaianlagen. Mad Machen ließ in der Nähe der Stelle ankern, wo ihre Lady ins Wasser gestürzt war, und kehrte zum Hauptdeck zurück, wo Big Thom einen Testlauf der Pumpe zur Luftversorgung des Tauchanzugs machte und den langen, gewundenen Schlauch überprüfte. Das handbetriebene Gerät pumpte Luft durch den wasserdichten Lederschlauch in den Messinghelm des Tauchers – was bedeutete, dass der Taucher, nur um atmen zu können, von jemand anders abhängig war.
Irrsinn. Selbst das bisschen Luft in Ivys Tauchboot war da vorzuziehen, und selbst damit wäre Yasmeen nicht einmal gegen Geld unter Wasser gegangen.
Archimedes würde es zweifelsohne umsonst machen. Sie sah nach Steuerbord, wo ein Kran das Tauchboot über die Seite der Vesuvius hielt und die Kupferhülle im trüben Sonnenlicht schimmerte. Aus der offenen Luke der Kapsel hallten seit zwanzig Minuten die Ahs und Ohs und Fragen, mit denen Archimedes die Schmiedin bearbeitete; allerdings war seine Stimme inzwischen samtiger geworden, schmeichelnder, neckender.
Er versuchte zweifelsohne, sie dazu zu bringen, ihn mit hinunterzunehmen. Na, dann viel Glück!
Yasmeen bahnte sich ihren Weg über das Deck zu Mad Machen, der den einteiligen Anzug aus Segeltuch auf Armeslänge von sich hielt und ein finsteres Gesicht machte.
»Wie soll man in dieses verfluchte Ding denn reinkommen?«
»Am Rücken ist ein Klappverschluss«, sagte Yasmeen, aber seine Frage beunruhigte sie leicht. »Du hast das doch schon einmal gemacht, oder?«
»Ich bin schon getaucht. Das hier sieht mir viel leichter aus. Man braucht nicht einmal den Atem anzuhalten.«
Yasmeen sah zu Big Thom, der neben der Luftpumpe aus der Hocke kam und den Kopf schüttelte. Mit seinen breiten Schultern wurde der Mann seinem Namen gerecht, zumal die pneumatischen Kraftverstärker an Rücken und Brust noch hinzukamen. Kombiniert mit seinen Armprothesen aus Stahl verlieh ihm dieser Apparat gewaltige Zugkräfte – während der Besatzungszeit in England hatte er Fisch eingeholt. Heutzutage betrieb er ein Bergungsschiff, das allerdings nicht viele Schätze geborgen haben konnte, sonst wäre es besser in Schuss gewesen.
»Nein«, sagte Big Thom. »Es ist nicht leichter. Als Sie gesagt haben, Sie wären schon einmal getaucht, da hab ich gedacht, Ihnen wäre das klar. Aber Sie gehen nicht runter! Nicht in meinem Anzug.«
Mumm hatte er also auch noch. Es gab nicht viele Männer, die Mad Machen so unerschrocken ein »Nein« ins Gesicht sagten.
Stille fiel über das Hauptdeck. Auch die Crew war es nicht gewöhnt, dass man dieses Wort zu ihm sagte.
»Sie geht da nicht allein runter. Nicht bei der ersten Fahrt.«
»Das ist ihre Sache«, sagte Big Thom und schien gar nicht wahrzunehmen, wie Mad Machens Schläfenadern hervortraten und seine Fingerknöchel und Lippen weiß vor Anspannung wurden. »Diese Messingpanzer über dem Segeltuch ziehen einen hinunter, und solange Sie das Schwimmen damit nicht geübt haben, nutzen Sie der Frau überhaupt nichts – und ich ziehe wahrscheinlich
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