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Brooklyn

Brooklyn

Titel: Brooklyn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colm Tóibín
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Einführungen in das Gesellschaftsrecht.«
    Sie nahm an, dass er ihr jetzt diese Bücher nennen würde, aber er hielt kurz inne.
    »Meinen Sie, ich gehe zu schnell vor?«
    »Nein. Ich bin mir nur nicht sicher, ob meine Notizen für die Prüfung ausreichen werden.«
    Er öffnete seine Aktentasche und nahm einen Notizblock heraus.
    »Gibt es hier außer Ihnen noch weitere Iren?«
    »Ich glaube nicht.«
    Sie sah ihm dabei zu, wie er auf ein leeres Blatt eine Reihe von Buchtiteln aufschrieb.
    »Es gibt einen auf juristische Fachliteratur spezialisierten Buchladen auf der West Twenty-third Street«, sagte er. »In Manhattan. Sie werden dort hinmüssen, um diese Bücher zu bekommen.«
    »Und sind das die richtigen Bücher für die Prüfung?«
    »Ganz bestimmt. Wenn Sie Grundkenntnisse in Gesellschaftsrecht haben, dann bestehen Sie sie auch.«
    »Hat dieses Geschäft jeden Tag geöffnet?«
    »Ich glaube schon. Sie werden selber hinfahren müssen, aber ich glaube schon.«
    Als sie nickte und zu lächeln versuchte, wirkte er sogar noch besorgter.
    »Aber Sie können der Vorlesung folgen?«
    »Natürlich«, sagte sie. »Ja, natürlich.«
    Er steckte den Notizblock wieder in seine Aktentasche und wandte sich unvermittelt ab.
    »Danke«, sagte sie, aber er gab keine Antwort und verließ rasch den Raum. Als sie die Tür des Vorlesungssaals öffnete, wartete draußen der Pförtner schon, um abzuschließen. Sie war die letzte.

    Sie fragte Diana und Patty nach der West Twenty-third Street und zeigte ihnen die vollständige Adresse. Sie erklärten ihr, dass West westlich von der Fifth Avenue bedeutete und dass die Hausnummer, die man ihr aufgeschrieben hatte, anzeigte, dass das Geschäft zwischen der Sixth und der Seventh Avenue lag. Sie zeigten es ihr auf einem Stadtplan, den sie auf dem Küchentisch ausbreiteten, und konnten kaum glauben, dass Eilis noch nie in Manhattan gewesen war.
    »Es ist toll dort«, sagte Diana.
    »Die Fifth Avenue ist absolut himmlisch«, sagte Patty. »Ich würde alles dafür geben, dort wohnen zu können. Mein Traum wäre, einen reichen Mann mit einem Luxushaus auf der Fifth Avenue zu heiraten.«
    »Oder auch einen armen Mann«, sagte Diana, »solange er ein Luxushaus hätte.«
    Sie erklärten ihr, wie sie mit der U-Bahn zur West Twenty-third Street kam, und sie beschloss, an ihrem nächsten arbeitsfreien halben Tag dort hinzufahren.
    Als sich die Frage nach dem Freitagabend stellte, konnte Eilis es nicht über sich bringen, Miss McAdam oder Sheila Heffernan zu fragen, ob sie zum Tanz im Gemeindesaal gingen, und sie wusste,dass es gemein gewesen wäre, mit Patty und Diana hinzugehen, und vielleicht auch zu kostspielig, da sie ja vorher in ein Restaurant gingen, und da sie sich neue Sachen würde kaufen müssen, die zum Kleidungsstil der beiden passten.
    Am Freitag nach der Arbeit erschien sie zum Abendessen mit einem Taschentuch in der Hand und empfahl den anderen, ihr nicht zu nahe zu kommen, wenn sie sich keinen Schnupfen von ihr einfangen wollten. Sie putzte sich geräuschvoll die Nase und schniefte während der ganzen Mahlzeit, so gut sie konnte. Es war ihr gleichgültig, ob sie ihr glaubten oder nicht, aber eine Erkältung, dachte sie, wäre die beste Ausrede, um nicht zum Tanzen gehen zu müssen. Sie wusste außerdem, dass dies ein guter Anlass für Mrs. Kehoe sein würde, sich über Winterkrankheiten zu verbreiten, eines ihrer Lieblingsthemen.
    »Also Frostbeulen«, sagte sie, »vor Frostbeulen muss man sich sehr in acht nehmen. Als ich in deinem Alter war, da haben die mich schier umgebracht.«
    »Meiner Meinung nach«, sagte Miss McAdam zu Eilis, »kann man sich in diesem Kaufhaus alles mögliche holen.«
    »Das kann man auch in einem Büro«, sagte Mrs. Kehoe und streifte Eilis, während sie sprach, mit einem Blick, der deutlich machte, dass sie Miss McAdams Absicht, sie herabzusetzen, weil sie als Verkäuferin arbeitete, völlig durchschaute.
    »Aber man kann nie wissen, wer –«
    »Das reicht jetzt, Miss McAdam«, sagte Mrs. Kehoe. »Und vielleicht ist es bei dieser Kälte für uns alle das beste, wenn wir früh schlafen gehen.«
    »Ich wollte nur sagen, dass ich gehört habe, neuerdings würden auch farbige Frauen im Bartocci’s einkaufen«, erklärte Miss McAdam.
    Zunächst sagte niemand ein Wort.
    »Das habe ich auch gehört«, sagte Sheila Heffernan nach einer Weile mit leiser Stimme.
    Eilis schaute hinunter auf ihren Teller.
    »Nun, vielleicht mögen wir sie nicht, aber die Neger haben

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