Brother Sister - Hoert uns einfach zu
Maschinengewehr, wie ich alles und jeden von hier bis San Francisco niedermähte.
»Craig«, sagte ich und spuckte aus. »Wenn einer es verdient hat, eins über den Schädel gezogen zu kriegen, dann er.« Genauso gut hätte ich was anderes sagen können. Ich hab überhaupt nicht nachgedacht. Dafür war ich viel zu sehr damit beschäftigt, die Wut niederzukämpfen, die in mir hochkam.
Lewis wich ein, zwei Schritte zurück, mit ausgestreckten Händen, als hätte ich ihn angegriffen. »Hey, Mann, was redest du da?«, sagte er. »Total schlechtes Karma. Ich weiß nicht, was mit Craig ist. Ihn haben sie anscheinend noch nicht gefunden. Aber Naomi schon. Und sie hat tatsächlich eins über den Schädel gekriegt.« Er sah mich so durchdringend an, als wollte er in mich reinsehen. Als könnte er das hässliche, struppige Vieh sehen, das an meiner Brust nagte. Er wusste nur nicht, ob es die Tollwut hatte.
»O Gott«, sagte ich. »Das ist ja furchtbar. Ich dachte bloß …« Ich sprach nicht weiter und schüttelte den Kopf, als würde ich gerade erst begreifen, was er mir da erzählt hatte. Ich murmelte was von Asheley, dass sie und Craig in letzter Zeit Probleme gehabt hätten. Dann drehte ich mich weg, damit mein Gesicht mich nicht doch noch verriet, und konzentrierte mich aufs Putten.
»Hast du schon gespielt?«, fragte Lewis. »Ich hätte Lust auf ne Runde.«
Ich wusste nicht, wie ich aus der Nummer rauskommen sollte.
Aber ich dachte, da er nicht gerade Einstein war, würde er es mir wahrscheinlich nicht allzu schwer machen, das Gesicht zu wahren. Er würde mir keine trickreichen Fragen stellen und mich damit in die Enge treiben. Er hatte nur drei Themen: Mädchen, Sport und was er alles besser konnte. Trotzdem war ich darauf gefasst, dass er mich jederzeit was über Craig oder Naomi fragen könnte, als wir von Grün zu Grün zogen. Oder dass er noch irgendeine Information nachschieben würde, die mich in eine Falle lockte. Aber da kam nichts. Ich spielte grottenschlecht. Während der ersten neun Löcher gab Lewis lediglich dreckige Bemerkungen über mein Spiel zum Besten. Er feixte und machte sich über mich lustig.
Aber was, wenn er mir seinen Verdacht bloß verheimlichte? Was, wenn er noch über meine Worte nachdachte und nur darauf lauerte, dass ich mich endgültig verriet? Was, wenn er schon dabei war, das Puzzle Stück für Stück zusammenzusetzen?
Als wir am vierzehnten Loch waren, ein kurzes Par 3, das ich bei dem Turnier mit einem Ass geschafft hatte, wurde es mir zu viel. Ich konnte nicht mehr. Ich stand so unter Druck, dass ich das Gefühl hatte, ich könnte jeden Moment platzen. Schon seit drei Löchern war mir kotzübel.
Dass er sich die ganze Zeit über mich lustig machte, war auch nicht gerade hilfreich.
Ich holte mit dem Fünfer-Eisen zum Abschlag aus und prügelte den Ball übers Grün hinaus ins Rough.
»Ich zeig dir mal, wie das geht«, sagte Lewis. Er schlug nach allen Regeln der Kunst ab und der Ball landete zwei Meter vor dem Loch. Das würde ein Birdie geben.
Angeber!
Die nächste Viertelstunde verbrachte ich damit, meinen Ball im hohen Gras zu suchen, aber ich konnte ihn nicht finden. Er war wie vom Erdboden verschluckt. Je länger ich suchte und je geringer die Chance wurde, das verdammte Ding jemals wiederzufinden, desto wütender wurde ich auf Lewis. Mit seinem Gerede über Craig und Naomi hatte er mir mein Spiel versaut. Ich musste wieder an die Toten denken, an das zerstörte Leben und meine totale Unfähigkeit, Asheleys Gefühle zu kontrollieren.
Ohne zu merken, was ich tat, schlug ich mit dem Eisen plötzlich auf den Stamm einer Eiche ein, immer wieder, so, wie ich es am liebsten mit Lewis gemacht hätte. Aber der Baum war stärker als ich. Das Einzige, was passierte, war, dass ich das Eisen zerbeulte, bis es wie ein Pfeifenreiniger aussah.
Trotzdem war es ein gutes Gefühl. Als ich aufhörte, auf den Baum einzuschlagen, hatte ich mich wieder beruhigt.
»Hey Mann, du solltest aufhören, diese Steroide einzuwerfen!«, sagte Lewis.
Ich erkannte meine Chance und nutzte sie. »Tut mir leid, Mann«, sagte ich. »Ich bin ziemlich durcheinander. Wahrscheinlich der Schock. Musste die ganze Zeit an Naomi und Craig denken. Was sie sich angetan haben. Das macht mich total fertig. Weißt du, das mit Naomi ist schon schlimm genug, aber so gut kannte ich sie ja nicht. Craig dagegen … Ich meine, er ging mit meiner Schwester. Sie …« An dieser Stelle verschluckte ich mich fast an der
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