Brother Sister - Hoert uns einfach zu
mitgebracht hatte, in den Kühlschrank. Eine Flasche öffnete er gleich am Griff der Besteckschublade. Dann kam er mit dem Reis, den Salatresten und seinem Bier ins Wohnzimmer und setzte sich zu uns an den Tisch.
»Aus meinem Garten«, sagte er und fischte triefende Salatblätter und Gurkenscheiben mit den Fingern aus der Salatschüssel. »Gesundes Essen für gesunde Menschen.«
»Man schmeckt den Unterschied«, sagte Asheley. Sie schien es nicht besonders zu stören, dass er plötzlich aufgetaucht war. Jedenfalls nicht so sehr, wie ich gedacht hätte.
Keith mampfte den Salat und schaukelte vor und zurück, als würde ihn das Essen in Trance versetzen. Er murmelte was von biologischem Dies und ökologischem Das, und Asheley nickte ihm zu, bestätigte ihn, ermutigte ihn. Bestimmt wollte sie nur höflich sein, aber es war völlig daneben. Ich meine, es war einfach widerlich, wie Keith mit vollem Mund redete und ihm die Salatsoße vom Kinn tropfte. Aber Asheley tat so, als sei er willkommen. Anscheinend hatte sie jeglichen Kampfgeist verloren. Das Ganze war ihr über den Kopf gewachsen und alles hing nun an mir.
Keith ging zum Risotto über und zuckte zusammen. »Gut gewürzt«, sagte er. Dann stürzte er die halbe Bierdose runter, brachte das Risotto in die Küche zurück und warf es in den Abfalleimer für Biomüll. »Also, Leute«, sagte er, als er zurückkam. »Was gibt’s Heißes heut Abend?«
»Du hast es gerade weggeworfen«, sagte ich.
»Oh, sorry! Hab mich wohl falsch ausgedrückt«, sagte er. »Ich meinte: Was geht ab? Was steht auf der Tagesordnung?«
Noch bevor ich sagen konnte, für ihn bestünde die Tagesordnung leider nur daraus, dass er sich schnellstens verpisst, damit wir uns einen netten Abend machen konnten, sagte Ash: »Wir wollen uns Hangover ansehen. Kennst du den schon?«
So hatten wir ihn dann am Hals. Ash hatte ihn ja praktisch eingeladen. Ich versteh immer noch nicht, warum sie zuließ, dass er an diesem Abend unseren Daddy spielte. Das sah ihr gar nicht ähnlich. Sie mochte ihn genauso wenig wie ich.
Jedenfalls legte ich den Film ein, und er hatte noch gar nicht richtig angefangen, als Keith sagte: »Eurer Mutter geht es übrigens besser. Ich hab sie heute besucht und wir sind im Park spazieren gegangen. Es war richtig nett. Wir haben sogar eine Eidechse gesehen.« Er streckte die Zunge ein paar Mal raus und rollte mit den Augen – seine Version einer Eidechse. »Sie führt jetzt Tagebuch und arbeitet den ganzen Scheiß auf, der ihr im Leben so passiert ist. Große Klasse! Sogar ihr inneres Funkeln ist zurück.«
Deswegen war er also gekommen. Er wollte uns darauf vorbereiten, dass Mom bald wieder nach Hause kommen würde. Ich fragte mich, was er mit dem Funkeln meinte. Ob es dasselbe war, das ich so an ihr liebte, als ich noch klein war. Wenigstens hoffte ich es. Das heißt aber nicht, dass ich mich auf sie freute. Ich fand es besser, das Haus für Asheley und mich allein zu haben.
»Willst du den ganzen Film zuquatschen?«, fragte ich.
Er rückte seine Brille zurecht und senkte den Kopf, als wollte er sagen Entschuldige viiielmals .
Unmöglich! Aber noch mehr ärgerte mich, dass Asheley mich genervt ansah und sagte: »Du kannst ja zurückspulen.«
Keith zwinkerte ihr zu. Unglaublich! Er zwinkerte ihr zu, lehnte sich zurück und breitete beide Arme aus, als wollte er Ash einladen, sich an ihn zu kuscheln.
Herrgott, wenn ich bloß dran denke!
Inzwischen war mir der Film völlig egal. Der Abend war gelaufen, da konnte der Film auch nichts mehr reißen. Es ging nur noch darum, Keith in Schach zu halten.
Ich merkte, dass ich mich in mich selber verkroch. Am liebsten wäre ich zu den Klippen gegangen, um allein zu sein und Kieselsteine in die Bucht zu werfen. Und nachzudenken. Aber das ging nicht, weil ich Asheley nicht allein lassen wollte, also blieb ich da, ein Stück abseits von den beiden, und tat so, als würde ich mir den Film ansehen. In Wirklichkeit dachte ich an tausend Situationen, in denen Keith mir auf den Geist gegangen war. Wie er im Garten rummachte, Unkraut jätete und Ash und mich beim Spielen beobachtete. Wie er sich früher, als er noch trank, im Fernsehen immer diese Basketballspiele von weiblichen Collegeteams ansah und sich dabei langsam volllaufen ließ. Wo war Mom damals eigentlich gewesen? Alles, woran ich mich erinnerte, waren Szenen ohne Mom. Keith, wie er seinen Truck wusch und Asheley mit dem Schlauch nass spritzte. Keith, wie er uns von der Schule
Weitere Kostenlose Bücher