Brotherband - Die Bruderschaft von Skandia: Band 1 (German Edition)
gefährlich. Dann brandete die hereinkommende Welle gegen den Fels. Die Wucht des zurückströmenden Wassers erwischte Stig, der bereits um sein Gleichgewicht kämpfte. Mit einem Schreckensschrei rutschte er vom Felsen ab und versank im Meer.
Oben auf den Klippen sah Hal voller Entsetzen, wie der Junge ins Meer fiel. Er hörte Stigs Schrei, der abrupt verstummte, als das Wasser über seinem Kopf zusammenschlug. Dann tauchte Stig in einiger Entfernung wieder auf, da der Brandungssog ihn von der Küste wegtrug. Er schlug um sich, ging unter und kam wieder hoch.
Hal wurde klar, dass die Luft, die sich noch in Stigs Schaffellweste angestaut hatte, ihn fürs Erste über Wasser hielt. Doch bald würde sich die Weste mit Wasser vollgesogen haben und den Jungen nach unten ziehen. Es war keine Zeit zu verlieren. Entschlossen rannte er hin zu dem Seil. Schnell zog er sich bis auf die Unterwäsche aus, behielt jedoch den Messergürtel um. Im letzten Moment fiel ihm ein, sein ausgezogenes Hemd um die Hände zu wickeln. Dann ließ er sich nach unten ab.
Das Hemd schützte seine Hände vor der Reibung des Seils. Im Nu hatte er die Felsen unten an den Klippen erreicht. Seine Knie knickten ein, er stürzte und schrammte sich die Hüfte. Aber er stand sofort wieder auf und rannte zu der Stelle, wo Stig ins Wasser gerutscht war.
Er packte Stigs Holzeimer. Der Deckel war fest zu und mit einer Metallklammer gesichert. Hal schob sich den daran befindlichen Seilgriff über den Arm. Stig war inzwischen einige Armlängen von den Felsen weggetrieben worden. Die Weste saugte sich bereits voll Wasser. Hal sah, wie sich der Mund des Jungen weit öffnete. Aber er brachte keinen Schrei hervor, sondern würgte nur hilflos, weil eine Welle ihm ins Gesicht schlug und seinen Mund mit Meerwasser füllte. Hal begriff, dass Stig nahe daran war aufzugeben. Er wusste, es ging um Sekunden.
Er wartete, bis eine neue Welle hereingekommen war und an den Felsen schlug. Dann warf er den Eimer ins Wasser und sprang hinterher.
Der Schock, als das eisige Wasser über seinem Kopf zusammenschlug, traf ihn wie der Tritt eines Maultiers. Er kämpfte sich zurück an die Oberfläche. Der Eimer schwamm ganz in der Nähe. Hal fasste ihn, verlegte sein Gewicht darauf und stieß mit den Beinen.
Der Eimer gab ihm den nötigen Auftrieb, sodass Hal sich nach Stig umsehen konnte. Da war er! Vielleicht zehn Armlängen entfernt. Seine Schläge wurden schwächer. Die schwere Weste war jetzt eine Todesfalle, und die Kälte und das viele Wasser, das er bereits geschluckt hatte, würden ihm den Rest geben. Hal schwamm auf den Jungen zu. Es ist vielleicht ganz gut, dass Stig schon so erschöpft ist, ging es ihm durch den Kopf. So konnte er sie wenigstens nicht beide unter Wasser ziehen. Hal stieß ihm den Eimer gegen die Brust.
»Halt dich daran fest!«, rief er. »Dann bleibst du oben!«
Stig packte den Eimer und schlang beide Arme darum. Er hörte eine Stimme nah an seinem Ohr.
»Ruhig! Zappel nicht! Der Eimer trägt dich! Lass locker. Vertrau mir!«
Stig tat, wie ihm gesagt wurde. Er merkte, dass etwas an seiner Schaffellweste zerrte. Es war Hal, der die Weste mit seinem Fischmesser zerschnitt. Das schwere, durchtränkte Kleidungsstück sank nach unten und Stig fühlte sich sofort leichter.
Er öffnete den Mund, um seinem Retter zu danken. Prompt schlug ihm eine Welle ins Gesicht und er schluckte erneut Salzwasser. Voller Angst begann er, mit den Beinen zu treten und zu schreien.
»Klappe! Gib endlich Ruhe!«, rief Hal. Stig gehorchte tatsächlich und drückte den Eimer fest an seine Brust.
Hal blickte zu der Stelle, von der aus er ins Wasser gesprungen war. Die Wellen stiegen und fielen um mehr als eine halbe Manneslänge. Gerade schlugen sie mit unglaublicher Wucht gegen die Klippen. Wenn er versuchte, Stig dort an Land zu bringen, konnte es sein, dass sie beide gegen die Felsen geschleudert wurden. Es bestand sogar die Möglichkeit, dass der lebensrettende Eimer kaputtging. Besser wäre es, um die Bucht zu Hals geheimem Angelplatz zu schwimmen, wo eine Reihe von Felsen die Kraft der hereinströmenden Wellen brach. Das bedeutete, dass er ein ganzes Stück in der rauen See mit Stig im Schlepptau schwimmen musste. Aber er hatte keine andere Wahl. Einen Moment lang verspürte Hal Angst und Sorge, ob seine eigenen Kräfte ausreichten. Die Strecke war bei ruhigem Wasser gut zu bewältigen, doch heute war das Meer besonders rau und kalt.
Wenn du zögerst, wird es nur
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