Broughton House - Haus der Sehnsucht
Eis und war die gerechte Strafe für seine Gier. Doch Tom tat sich selber schrecklich leid, stellte Eleanor fest, während sie ihn ins Bett zurückbrachte.
Mit dreizehn Jahren war ihr Sohn eigentlich schon zu alt für solch eine mütterliche Fürsorge. Aber heute klammerte er sich an sie.
„Bleib bei mir“, flehte er, als Eleanor aufstehen wollte.
„Das geht nicht, Liebling“, antwortete sie. „Ich muss Tante Jade anrufen und sie fragen, ob sie heute Abend auf euch aufpassen kann.“
Wütend schoss Tom in die Höhe und ließ seine Mutter nicht los. „Ich will sie nicht, ich will dich!“, rief er.
Erschrocken legte Eleanor die Arme um ihn. Tom klammerte sich sonst nie an sie. Vielleicht hatte die Ärztin sich geirrt, und es ging ihm schlechter, als sie annahm.
„Bitte, Tom, ich muss gehen.“
„Nein!“, antwortete er eigensinnig. „Mit uns willst du nie nicht mehr zusammen sein. Immer nur mit ihm.“
Entsetzt zog Eleanor ihren Sohn fester an sich. „Tom, das stimmt nicht.“
Sie konnte unmöglich zu den Lassiters gehen, solange Tom derart verstört und außer sich war.
Marcus würde das allerdings nicht recht sein. Eleanor merkte, dass ihr Herz zu pochen begann. Angst und Sorge mischten sich in ihre Verzweiflung und das ungute Gefühl, dass ihr das Leben langsam aus den Händen glitt.
Dabei hatte sie überhaupt keinen Grund dafür. Schließlich hatte sie alles, was sich eine Frau nur wünschen konnte. Wirklich alles …
Allerdings auch einiges, was sie ihrer ärgsten Feindin nicht gewünscht hätte. Zum Beispiel einen Steuerberater, der sie vor sinkenden Gewinnen und steigenden Kosten warnte, eine Partnerin, deren persönliche Probleme sich schädlich auf ihre Geschäftsbeziehungen auswirkten, und eine Stieftochter, sie sich immer feindseliger verhielt und eine Art Rivalin um die Zuneigung ihres Vaters in ihr zu sehen schien. Hinzu kam ein Sohn, der ihr soeben deutlich bewiesen hatte, dass sie ihre Sorgen wegen der möglichen schädlichen Auswirkungen ihrer Scheidung auf ihre Kinder wirklich noch längst nicht überwunden hatte.
Ihre alleinstehenden Freundinnen mochten sie noch so um das Haus mit den Antiquitäten und den kostbaren Teppichen beneiden. Leider es war kein geeignetes Heim für zwei heranwachsende Jungen.
Es gab zu viele Dinge in ihrem Leben, über die sie keine richtige Kontrolle mehr hatte.
Doch die Gewissheit, einen Ehemann zu haben, den sie liebte und der sie ebenfalls liebte, entschädigte sie für alles, nicht wahr? Nicht wahr?
2. KAPITEL
N ervös überprüfte Fern ihre Erscheinung im Schlafzimmerspiegel und machte sich innerlich auf Nicks Kritik gefasst. Sie glättete den matten schwarzen Stoff ihres Abendkleides über den Hüften und stellte besorgt fest, wie viel sie seit Weihnachten abgenommen hatte.
Der Tod ihrer Mutter war einer der Gründe dafür. Fern hatte sie die letzten Wochen gepflegt, was sehr anstrengend gewesen war. Vor allem, weil Nick sich ständig über ihre Abwesenheit beklagt hatte.
Sie hatte versucht, ihm zu erklären, dass sie sich aus einer Mischung von Liebe und Verantwortung verpflichtet fühlte, sich persönlich um ihre Mutter zu kümmern. Doch Nick hatte nur interessiert, wie er in ihrer Abwesenheit zurechtkommen sollte. Immerhin hätte er ein Anlagebüro, und sie wäre seine Frau. Da sie nicht arbeite und kein Geld zum Haushalt beisteuere, könne er erwarten, dass sie zu Hause sei, wenn er sie brauchte.
Fern hatte die Ängste und das Elend verdrängt, die seine Worte in ihr hervorriefen. Sie hatte weder körperlich noch seelisch die Kraft gehabt, sich mit ihm zu streiten.
Ihre Mutter läge im Sterben und brauche sie, hatte sie ruhig erklärt.
„Ich brauche dich ebenfalls“, hatte Nick geantwortet.
Am Ende hatte sie so viel Zeit wie möglich bei ihrer Mutter verbracht und war zwischendurch immer wieder nach Hause geeilt, um Nicks Oberhemden zu waschen und zu bügeln und seinen Kühlschrank aufzufüllen.
Der Tod der Mutter war beinahe eine Erleichterung gewesen, was ihr heute noch ein schlechtes Gewissen bereitete. Das und viele andere Dinge. Vor allem jedoch …
Fern sah noch einmal in den Spiegel und verzog das Gesicht. Sie war viel zu müde und erschöpft für eine siebenundzwanzigjährige Frau. Das dichte kastanienbraune Haar mit den natürlichen goldblonden Strähnen in den dicken Wellen war fast zu schwer für ihren schlanken Hals. Es bildete einen grotesken Kontrast zu ihrem Gesicht und ihrem Körper. Sie hätte es unbedingt
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