Broughton House - Haus der Sehnsucht
fortsetzen wollte.
Einen Moment schloss Fern die Augen und hatte wieder das Gefühl, in Adams Armen zu liegen. Ihr Körper war plötzlich so empfindsam, und ihre Sinne waren so geschärft, dass sie die Gefühlswallung kaum noch ertrug. Wenn sie die Augen fest geschlossen hielt und sich heftig konzentrierte, spürte sie sogar seinen Mund auf ihren Lippen, seine Zunge, seine Hände, die ihr Gesicht streichelten, seinen Körper …
Erschrocken öffnete sie die Augen und starrte auf ihre geballten Fäuste, als wären sie ihr völlig fremd. Langsam löste sie die Finger, beobachtete, wie sie zitterten, und fühlte den Schmerz, der langsam, aber unerbittlich ihren Körper durchströmte.
Dies war die Wirklichkeit. Dies war das Leben. Dies war die Liebe … Irgendwie musste sie lernen, damit zu leben. Eines war sicher: Sie konnte sich nicht länger hinter ihrer Ehe verschanzen und ihre ganze Energie vergeuden, indem sie eine leere Fassade aufrechterhielt.
Was Cressy ihr gesagt hatte, unterstrich nur, was sie tief im Herzen längst wusste. Sie musste Nick verlassen. Nicht, weil sie Adam liebte, sondern weil sie ihre Selbstachtung wiederfinden und ihr Leben allein in die Hand nehmen musste.
„Also, was wirst du tun?“, fragte Cressy. „Du kannst unmöglich zu Nick zurückkehren.“
Fern lächelte die Freundin an. Sie schlenderten am Strand entlang, der die Grenze zwischen Cressys Grundstück und der See bildete. Es war ein langer gewundener Streifen nassen Sandes, der von Marschgras und dem Pfad oben auf dem Deich begrenzt wurde.
Einst war hier nur Wasser gewesen. Dieses Land war ein Zeugnis dafür, was der Mensch mit seiner Entschlossenheit, seiner Ausdauer und seinem eigensinnigen Willen, die Welt zu erobern und zu beherrschen, erreichen konnte.
Eine wehmütige Melancholie lag über der Gegend. Die Schreie der Möwen mischten sich in den leise heulenden Wind.
„Nein, ich kann nicht zurück“, stimmte Fern der Freundin zu. „Unsere Ehe ist vorbei.“
„Was wirst du also tun? Du weißt, du kannst hier so lange bleiben, wie du möchtest.“
Fern lachte ungezwungen. Cressy hatte sie noch nie so attraktiv, so reif und so weiblich erlebt.
„Das ist sehr großzügig von dir, aber das möchte ich nicht, Cressy“, antwortete sie und berührte die Hand der Freundin. „Erstens müssen Nick und ich miteinander reden, und zweitens …“ Sie wandte sich ab und blickte hinaus auf das Meer.
„Du brauchst einen völlig neuen Anfang, einen neuen Ort, wo du …“
Fern schüttelte den Kopf. „Nein“, antwortete sie bestimmt. „Ich habe zu Hause schließlich einige Freunde … Ich war bisher immer zu feige, Cressy. Wenn ich jetzt davonliefe …“
„Kannst du es allein schaffen – auch finanziell?“
„Es wird nicht leicht sein“, gab Fern zu. „Ich werde mir eine Arbeit suchen müssen. Leider habe ich keine abgeschlossene Berufsausbildung und erst recht keine berufliche Erfahrung. Aber ich bin gewillt, zu lernen.“ Kläglich verzog sie das Gesicht. „Irgendetwas muss ich doch tun können. Auch eine geeignete Wohnung zu finden wird nicht leicht sein.“
„Dabei kann Adam dir doch helfen. Er hat so viele Verbindungen und kennt sicher Leute, die …“
Fern erstarrte innerlich und wandte sich ab, damit Cressy ihr Gesicht nicht sah. „Adam ist Nicks Stiefbruder. Ich möchte ihn nicht in meine Angelegenheiten hineinziehen.“
„Du wirst kaum verhindern können, dass er sich einmischt“, meinte Cressy trocken. „Er ist nun mal solch ein Mensch.“
„Er ist Nicks Stiefbruder“, wiederholte Fern. „Ich will und brauche seine Hilfe nicht.“
Sie bemerkte Cressys verblüffte Miene und wusste, dass sie zu heftig reagiert hatte. Die Angst und die Verzweiflung waren ihr deutlich anzuhören.
„Nick kann Adam nicht leiden und ist neidisch auf ihn“, stellte Cressy fest. „Das war er von Anfang an. Ich habe nie begriffen, weshalb Adam das so geduldig hingenommen hat. Wenn man bedenkt, wie Nick ihn aus deinem Leben vertrieben hat … Was hast du? Ist dir kalt?“, fragte sie besorgt, als Fern plötzlich zu zittern begann.
„Ja, ein bisschen“, log Fern und legte die Arme um den Körper. Sie wollte jetzt nicht über Adam reden und durfte nicht verletzlicher werden, als sie schon war.
„Bist du sicher, dass du nicht noch ein bisschen bleiben möchtest?“, fragte Cressy drei Tage später. Fern hatte soeben verkündet, dass sie abreisen müsse.
„Es geht nicht“, antwortete sie. „Irgendwann muss
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