Broughton House - Haus der Sehnsucht
und her warf. Er seufzte leise. „Ich bin nur zu müde, das ist alles“, erklärte sie. „Weshalb sollte etwas mit mir los sein, nur weil ich keinen Sex möchte?“
Ben zuckte innerlich zusammen. Sex – etwas anderes bedeutete es für Zoe nicht mehr? Obwohl sie ihm den Rücken zudrehte und fast einen halben Meter von ihm entfernt lag, spürte er ihre Nervosität.
Wie gern hätte er sie an sich gezogen, sie in die Arme genommen und ihr erklärt, dass nicht ihre Müdigkeit ihm Kummer bereitete, sondern die Tatsache, dass sie ihn eindeutig anlog.
Auch gestern und vorgestern Abend war sie angeblich zu müde gewesen. Dabei hatte sie anschließend noch lange neben ihm wach gelegen.
Zoe wurde es ganz elend. Was war mit ihr los? Sie liebte Ben doch, das wusste sie. Als sie ihn heute Abend beobachtet hatte, wie er mit eingesunkenen Schultern die wöchentlichen Löhne für die Angestellten des Restaurants ausrechnete – eine unbezahlte Arbeit, die Aldo ihm zusätzlich aufgeladen hatte –, war sie so von ihren Gefühlen überwältigt worden, dass ihr die Tränen gekommen waren. Ja, sie liebte Ben immer noch. Doch etwas in ihr weigerte sich, mit ihm zu schlafen.
Zoe konnte sich diese Reaktion nicht erklären. Selbst jetzt wünschte sie beinahe, Ben würde ihre Weigerung nicht beachten, sie in die Arme nehmen und sie lieben. Er würde ihr zumindest zeitweise über die Gefühle hinweghelfen, die sie so gern verdrängt hätte.
Manchmal wunderte sie sich, dass weder Ben noch sonst jemand Verdacht schöpfte. Wenn er sie wirklich liebte, musste er doch eigentlich spüren, weshalb sie litt. Oder beschäftigte er sich ausschließlich mit seinen eigenen Gefühlen und Bedürfnissen?
Niemand schien sich Gedanken über sie zu machen, weder Ben, der ihr jetzt den Rücken zukehrte und gewiss schmollte, weil sie sich ihm verweigert hatte, noch ihre Mutter, die dermaßen mit ihrem eigenen Leben beschäftigt war, dass sie kaum noch Zeit hatte, mit der Tochter zu telefonieren oder sich gar deren Sorgen anzuhören.
„Ben, Zoe … Ich bin froh, dass Sie es beide einrichten konnten.“
Mit besorgter Miene führte Clive sie in sein Büro.
Zoe merkte, dass Ben ziemlich nervös war. Verärgert sah sie ihn an. Was hatte er bloß? Er bekam doch, was er wollte. Weshalb lehnte er sich nicht entspannt zurück und freute sich, anstatt ständig nach Problemen zu suchen? Wenn er sich nicht wegen des Hotels sorgte, klagte er über seine derzeitige Arbeit. Erst gestern hatte er erwähnt, dass Aldo immer schwieriger würde.
„Nun, das brauchst du ja nicht mehr lange mitzumachen, nicht wahr?“, hatte Zoe ungerührt erklärt.
„Nein, wahrscheinlich nicht“, hatte Ben ihr zugestimmt. Anschließend hatte er nichts mehr gesagt. Merkte er nicht, dass sie manchmal einfach keine Kraft hatte, ihn zu trösten und ihm Mut zu machen? Dass sie manchmal selber Hilfe brauchte?
„Ich dachte, es wäre an der Zeit, dass wir uns einmal zusammensetzen, damit ich Sie über den neuesten Stand unterrichten kann“, begann Clive.
„Es haben sich doch keine Schwierigkeiten ergeben?“, fragte Ben rasch.
Zoe sah zu, wie Clive sorgfältig die Papiere auf seinem Schreibtisch ordnete.
„Nicht gerade Schwierigkeiten“, antwortete er. „Es hat nur den Anschein, dass manches nicht so schnell vorankommt, wie wir es gehofft hatten. Ich treffe mich nächste Woche mit dem Architekten und …“
„Meint er, dass sich das Haus nicht für unsere Zwecke eignet?“, unterbrach Ben ihn.
Zoe runzelte die Stirn. Hörte Ben nicht richtig zu? Clive hatte ihnen soeben bestätigt, dass es keine größeren Probleme gäbe. Doch als sie ihn jetzt ansah, bemerkte sie einen Anflug von Respekt für Ben in seinem Blick.
„Nein, darum geht es nicht. Adam Wheelwright fürchtet, dass es schwierig werden könnte, die Genehmigung des Bauausschusses zu erhalten. Es könnte erheblich länger dauern, als wir angenommen hatten. Ich habe seine Pläne hier. Er hat zwei unterschiedliche Versionen ausgearbeitet. Die erste zeigt die Umwandlung von Broughton House in ein Restaurant, die zweite umfasst auch den späteren Ausbau zu einem Hotel mit Konferenzraum und Freizeitkomplex. Er hat einen Entwurf angefertigt, bei dem der Grundriss des Geländes kaum verändert werden muss. Seiner Ansicht nach dürfte das als Pluspunkt gewertet werden.“
Ben sah sich die Pläne kaum an. Er runzelte die Stirn und blickte mit ausdrucksloser Miene drein.
„Was in aller Welt ist mit dir los?“, fragte Zoe,
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