Broughton House - Haus der Sehnsucht
kompetent die Fäden in die Hand genommen, dass Ben heute noch darüber staunte.
Ben war gerade noch rechtzeitig zur Geburt gekommen. Zoes Vater hatte ihn nach Manchester gefahren. Kreideweiß war er in den Kreißsaal gestürzt.
Zoe hatte nicht gemerkt, dass er sich an die verzweifelten Stunden mit seiner Schwester im selben Krankenhaus erinnerte. Sie hatte nichts von den Ängsten geahnt, die ihn nachts nicht schlafen ließen, weil er fürchtete, dass sich alles wiederholen könnte und er sein Kind und vielleicht auch Zoe verlieren würde.
Diese Erkenntnis war ihr erst später gekommen, als sie alle drei sicher zu Hause waren. Das Baby hatte friedlich in seiner Wiege geschlafen, und Zoe hatte im Bett gelegen. Energisch hatte sie darauf bestanden, dass sie absolut gesund wäre und Ben sie nicht wie eine Invalide zu behandeln brauchte. Eine Hühnerbrühe wollte sie auch nicht.
Sie hatten beide herzlich gelacht. Anschließend hatte Ben Katie unendlich vorsichtig aus der Wiege genommen und das Baby in den Armen gehalten.
In diesem Moment hatte Zoe die tiefe Liebe erkannt, die in seinem Gesicht leuchtete.
Ben hatte sich zu ihr gedreht und gemerkt, dass sie weinte. Rasch hatte er das Baby hingelegt und war mit besorgter Miene zu ihr gekommen.
„Was hast du, Zoe?“, hatte er gefragt, und sie hatte nicht allein seine Liebe hinter seinen besorgten Worten gespürt, sondern auch die Last der Verantwortung für das Wohlergehen derer, die ihm am nächsten standen.
„Ich habe nichts“, hatte sie ihm versichert. „Ich liebe dich nur so sehr.“
Inzwischen war ihre Sorge, sowohl die Mutter- als auch die Vaterrolle übernehmen zu müssen, längst verflogen. Ben hatte eine ausgezeichnete Beziehung zu seiner Tochter entwickelt.
So gern sie Mutter war, Zoe freute sich richtig auf die Zeit, in der Ben Katie übernahm. Sie genoss die Stunden im Restaurant, in denen sie ihren Teil zum Erfolg des Unternehmens beitragen konnte. Dies fiel ihr umso leichter, als sie kein schlechtes Gewissen zu haben brauchte, dass Katie dabei zu kurz kommen könnte.
„Bist du fit für dein Examen?“, fragte Zoe ihre Mutter jetzt.
„Ja. Aber dein Vater ist nur noch ein nervöses Wrack“, erklärte Heather lachend.
„Wie gefällt es dir, ihn so viel zu Hause zu haben, nachdem er jetzt Halbrentner ist?“, erkundigte Zoe sich.
„Langsam gewöhne ich mich an diesen Zustand. Erst war ich nicht sicher, ob es klappen würde“, gab die Mutter zu. „Nach all den Jahren, in denen ich stumm die Märtyrerin gespielt hatte, weil dein Vater so viel außer Haus war und wir so wenig Zeit füreinander hatten, war mir seine Anwesenheit manchmal richtig lästig.“
„Vater ist wirklich wahnsinnig stolz auf dich“, verriet Zoe. „Als er neulich hier war, prahlte er gegenüber Ben und mir, wie gut du in deinem Kurs wärest.“
Ihre Mutter lachte. „Ja, ich weiß. Er erzählt allen Leuten, dass er sich demnächst ganz aus dem Berufsleben zurückziehen will und mich stattdessen zur Arbeit schicken wird. Ich bin froh, dass du deine Arbeit behältst, Zoe. Mir war nicht klar gewesen, wie sehr ich die restlose Abhängigkeit von deinem Vater verabscheute. Nicht nur finanziell, auch emotional – in jeder Weise. Zu einer gesunden Beziehung gehört eine erhebliche Portion gegenseitigen Respekts. Kannst du dir vorstellen, dass wir jetzt abends manchmal lange aufbleiben und richtig miteinander reden?“ Sie schwieg einen Moment. „Es ist seltsam. In einer langjährigen Beziehung kommt der Moment, wo ein Gespräch erotischer sein kann als Sex.“
„Ja?“, fragte Zoe lachend. „Diesen Eindruck hatte ich letzten Sonntag nicht, als ich anrief und ihr beide noch im Bett wart. Erzähl mir nicht, dass ihr nur Zeitung gelesen habt.“ Die Haustür öffnete sich.
„Da kommt Ben“, sagte Zoe. Durch die offene Wohnzimmertür hörte sie das vergnügte Gurren ihrer Tochter.
„Hallo! Wir sind wieder da.“ Ben kam mit Katie auf den Armen herein.
Zoe sah den beiden entgegen und fragte sich, ob sie jemals aufhören würde, dem Schicksal dankbar dafür zu sein, dass es ihr dieses kostbare Geschenk gemacht hatte, wenn sie die beiden zusammen sah.
Während Heather die fröhlich krähende Katie auf den Arm nahm, fragte Ben Zoe lächelnd: „Na, hast du mich vermisst?“
„Dich vermisst? Du warst doch nur eine halbe Stunde weg“, antwortete Zoe entrüstet. Doch ihre Augen sagten etwas anderes.
„Deine Mutter hat angerufen“, erzählte sie. „Sharon hat ihr
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