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Broughton House - Haus der Sehnsucht

Broughton House - Haus der Sehnsucht

Titel: Broughton House - Haus der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Penny Jordan
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worden. Normalerweise wohnte Cressy in Cambridge, wenn sie in England war, wo sie noch zahlreiche Studienfreunde hatte.
    Nick mochte Cressy nicht besonders. Sie war ihm zu freimütig und zu sachlich für eine Frau. Immer wieder forderte sie ihn mit Themen heraus, die seiner Ansicht nach ein Mann besser und objektiver beurteilen konnte.
    Fern hatte eingewandt, dass er ungerecht wäre. Ihre Freundin war nicht nur eine hoch qualifizierte Fachkraft, sondern machte sich aufrichtig Sorgen über die Auswirkungen der modernen Industriestaaten auf die Umwelt. Doch Nick behauptete, sie hätte keine Ahnung, wovon sie redete. Ja, er hatte sogar angedeutet, Cressys Zuneigung zu ihr hätte etwas Lesbisches.
    Dies war eine der wenigen Gelegenheiten gewesen, wo Fern so wütend geworden war, dass sie heftig mit Nick gestritten hatte. Sie wusste genau, dass Nicks Anspielungen jeder Grundlage entbehrten. Cressy war zwar nicht mannstoll, hatte aber nichts gegen die Männer einzuwenden.
    Der Brief in seinem forschen unverblümten Stil war typisch für Cressy. Während sie die ersten Zeilen las, hatte Fern beinahe das Gefühl, die Freundin wäre bei ihr – im Zimmer.

    „ Stell Dir vor, ich werde heiraten. Graham und ich haben uns letztes Jahr kennengelernt. Wir arbeiteten gemeinsam in dem Team, das die Auswirkungen des Unglücks von Tschernobyl auf die russische Umwelt untersuchen sollte. Er ist Schotte und furchtbar konservativ und moralisch. Entweder wir heiraten, oder es läuft nichts zwischen uns, hat er erklärt. Da mir ‚nichts‘ zu wenig ist, habe ich ziemlich ungnädig nachgegeben. Inzwischen haben wir uns ein Pfarrhaus mit genügend Land gekauft, um einige Versuche mit biologischem Anbau anstellen zu können. Die Hochzeit soll erst im Oktober stattfinden. Ich habe schon geschrieben, dass Graham sehr konservativ ist, nicht wahr? Im Moment ist er mit einem Team unterwegs, um die Auswirkungen der Meeresverschmutzung auf den Algenwuchs zu untersuchen. Deshalb wollte ich Dich fragen, ob Du nicht Zeit hast, ein paar Tage zu mir zu kommen.
    Wir haben uns so lange nicht gesehen und hätten Gelegenheit, uns gegenseitig das Neueste zu berichten. Tut mir leid, dass ich nicht zur Beerdigung Deiner Mutter kommen konnte. Ich weiß, wie sehr Deine Eltern aneinander gehangen haben. Es muss ein ziemlicher Schlag für Dich gewesen sein, sie so kurz nacheinander zu verlieren …“

    Nachdenklich legte Fern den Brief beiseite. Natürlich konnte sie Cressys Einladung nicht annehmen. Nick würde es nie erlauben.
    Seufzend schloss sie die Augen. Cressys Zeilen hatten ihren Schmerz und ihre Verzweiflung über den Tod der Mutter wieder geweckt. Damals hätte sie Nicks Verständnis und seine Unterstützung dringend gebraucht. Stattdessen hatte er sich wie ein verwöhntes, besitzergreifendes Kind benommen.

    Abrupt stand Fern auf, ging zum Fenster und sah hinaus.
    Mit harter Arbeit hatte sie den langen schmalen Garten in eine Reihe kleinerer, beinahe verschwiegener Abschnitte verwandelt. Verrieten sie ihr zeitweiliges Bedürfnis nach einer Zuflucht – nicht nur vor Nick, sondern auch vor ihren eigenen Ängsten und Zweifeln?
    „Es tut mir leid, wenn du mich für besitzergreifend hältst“, hatte Nick später verbittert erklärt. Aber du kennst ja den Grund, nicht wahr?“
    Nein, er würde ihr niemals einen Besuch bei Cressy erlauben.
    Fern betrachtete den Briefkopf. Neben der Anschrift stand dort auch die Telefonnummer.
    Sorgfältig wählte sie die Ziffern. Natürlich würde sie Cressy beschwindeln müssen und behaupten, dass sie leider keine Zeit hätte. Fern spürte, wie sich ihre Bauchmuskeln zusammenzogen, als der Hörer am anderen Ende der Leitung abgenommen wurde.
    „Cressy? Ich bin es. Fern.“
    „Fern! Das ist ja fabelhaft. Wann kommst du? Du kommst doch, nicht wahr?“, flehte Cressy, als Fern nicht sofort antwortete.
    Sie hatte eine ziemlich rauchige, beinahe vibrierende Stimme. Die Freundin gehörte zu jenen Menschen, die man auf Anhieb mochte. Sie war eine lebensprühende, tatkräftige Persönlichkeit und konnte ein bisschen scharf und ungeduldig werden. Doch im Grunde war sie so einfühlsam, dass sich alle unwillkürlich zu ihr hingezogen fühlten.
    „Ich … Ich glaube kaum, dass ich es einrichten kann, Cressy“, begann Fern kläglich. „Du weißt ja …“
    „Oh nein, Fern. Sag nicht ab. Ich brauche dich. Vergiss nicht, dass ich noch nie verheiratet war. Ich habe ziemlich weiche Knie … Wenn du es genau wissen willst: Ich habe

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