Broughton House - Haus der Sehnsucht
sie das Zimmer der Jungen noch nicht für den Besuch von Vanessa ausräumen können.
Eleanor hatte Mrs Garvey fast dazu überredet, ausnahmsweise etwas länger zu bleiben und sich um das Jungenzimmer zu kümmern, da läutete das Telefon.
Sie nahm den Hörer ab und vermutete, dass es der Gutachter wäre, der zurückrufen wollte. Doch Marcus war am Apparat.
„Nell, tust du mir einen Gefallen? Ich habe eine Besprechung, die den ganzen Nachmittag andauern wird. Würdest du Vanessa bitte vom Bahnhof abholen?“
Eleanor hatte Tom und Gavin versprochen, nach der Schule mit ihnen zu McDonald’s zu gehen. Als sie es zu Marcus sagte, fragte er ungeduldig: „Kannst du nicht mit allen drei Kindern dort hingehen, nachdem du Vanessa abgeholt hast?“
Wie sollte sie ihm erklären, dass der Besuch bei McDonald’s eine Art Beruhigung für ihr Gewissen und eine kleine Bestechung für ihre Söhne hatte sein sollen. Sie wollte die beiden Jungen unbedingt für die Ungelegenheiten entschädigen, die Vanessas Ankunft zwangsläufig für sie mit sich brachte.
Natürlich war ein McDonald’s-Besuch in Marcus’ Augen nicht so wichtig wie seine eigene Besprechung.
Ergeben stimmte Eleanor seiner Bitte zu und legte den Hörer wieder auf. Um das Maß vollzumachen, verkündete Mrs Garvey nun, sie könne unmöglich länger bleiben. Also musste Eleanor sich selber um das Jungenzimmer kümmern.
Der Besuch bei McDonald’s war kein Erfolg. Tom stocherte lustlos in seinem Essen herum. Er weigerte sich, Eleanor anzusehen, und stieß unter dem Tisch mit dem Fuß nach Gavin. Gavin zahlte es ihm heim, und Vanessa …
Eleanor betrachtete die geringschätzige Miene ihrer Stieftochter. Vanessa hatte sich gerade so laut, dass es die Umsitzenden hören konnten, über den gesundheitlichen Wert des Essens und die Intelligenz der Leute ausgelassen, die solch ein Lokal besuchten. Eleanor versuchte, ihre Verärgerung im Zaum zu halten und ihren Sinn für Humor nicht zu verlieren.
Bei ihren ersten Besuchen in Chelsea nach der Heirat ihres Vaters hatte Vanessa nichts als Hamburger und Pommes frites essen wollen. Von Marcus wusste Eleanor, dass Julia nicht sonderlich auf eine ausgewogene Ernährung ihrer Tochter achtete.
Ausgerechnet Jade war der Grund dafür gewesen, dass sich die Essgewohnheiten des Mädchens änderten. Als Eleanor sie gebeten hatte, nichts zu sagen, was Vanessa verletzen oder verärgern könnte, hatte die Freundin ungeduldig mit den Schultern gezuckt.
„Vanessa bekommt dich genau dorthin, wo sie möchte“, hatte Jade vorwurfsvoll erklärt. „Tom und Gavin würden nie mit dem durchkommen, was du bei dem Mädchen duldest. Das weiß sie genau. Und sie weiß auch, dass du deine Söhne liebst“, hatte sie vielsagend hinzugefügt.
Trotzdem brachte es Eleanor bis heute nicht fertig, Vanessas Benehmen ernsthaft zu tadeln.
„Bist du immer noch nicht fertig?“, fragte Vanessa jetzt und blickte Tom finster an. „Meine Güte, dies ist ein Lokal für Kinder. Weshalb hat Dad mich nicht abgeholt?“, wandte sie sich verärgert an ihre Stiefmutter.
„Er hat eine Besprechung“, antwortete Eleanor ruhig.
Vanessa grinste unverschämt und warf ihr einen vielsagenden Blick zu. „Ich nehme an, er hat eine Geliebte. Männer sagen immer, dass sie zu einer Besprechung müssen, wenn sie ein Verhältnis mit einer anderen Frau haben.“
Eleanor starrte das Mädchen entsetzt an. Wusste Vanessa, was sie sagte, oder plapperte sie nur eine Bemerkung nach, die sie von anderen gehört hatte? Ruhig antwortete sie: „Das bezweifle ich ganz entschieden. Träfe es zu, wäre das gesamte politische und wirtschaftliche Leben unseres Landes längst zusammengebrochen. Nachdem es nicht der Fall ist, steht zu vermuten, dass manche Männer die Wahrheit sagen, wenn sie von einer geschäftlichen Besprechung reden. Dein Vater gehört dazu.“
Vanessa antwortete nicht, sondern grinste weiter. Gereizt wandte sich Eleanor ab und fuhr Gavin an, der immer noch genüsslich an seinem Hamburger kaute.
„Meine Güte beeil dich ein bisschen, und iss endlich auf!“
Sobald sie zu Hause waren, ging Vanessa nach oben in ihr Zimmer und schloss die Tür hinter sich. Tom sah noch ein wenig fern, und Gavin machte seine Hausarbeiten am Küchentisch. In der Mansarde stand zwar ein kleiner Schreibtisch, aber er behauptete, darauf wäre nicht genügend Platz zum Arbeiten.
Ungefähr eine halbe Stunde später stand Gavin plötzlich auf und verkündete, er hätte morgen früh ein
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