Brown, Dale - Feuerflug
einzusetzen, muss zweifelsfrei geklärt sein, dass das ägyptische Volk die Hilfe der Vereinigten Staaten wünscht. Aus Ihren bisherigen Ausführungen geht das nicht eindeutig hervor.«
»Das stimmt nicht, Mr. President«, sagte Kercheval. »Angerufen haben der Ministerpräsident, die Vorsitzenden der größten Oppositionsparteien, die Spitze des Panafrikanischen Führungsrats ...«
»Das genügt nicht«, unterbrach der Präsident ihn. »Sie behaupten, Chalid al-Khan, der Vorsitzende des Obersten Gerichtshofs, sei an der Ermordung Salaams beteiligt gewesen – und dann hat er offiziell fürs Präsidentenamt kandidieren dürfen? Das sagt mir, dass das ägyptische Volk dieses Attentat stillschweigend gebilligt oder sogar begrüßt hat.«
»Vielleicht hat das Volk al-Khan zu sehr gefürchtet, um ihm Widerstand zu leisten, Sir.«
»Nein, das glaube ich nicht«, sagte der Präsident. »Wir kennen zu viele Fälle, in denen das gewöhnliche Volk Diktaturen gestürzt hat, und zu viele Fälle, in denen das gewöhnliche Volk Diktaturen begrüßt hat – nicht etwa unter Zwang, sondern weil es sich einen starken Mann als Führer wünschte. Entscheidet sich das Volk für diesen Weg, kann es ihn gehen – mit allen Konsequenzen. Ägypten ist ein fortschrittliches Land. Es gewährt Pressefreiheit, gestattet Meinungsvielfalt und legt Bürgern, die auswandern wollen, kaum Beschränkungen auf.« »Mr. President, Sie glauben doch nicht etwa ...?«
»Allerdings tue ich das, Edward«, antwortete der Präsident. »Will Ägypten unsere Hilfe, muss es mir beweisen, dass es sie ernsthaft will – wir werden ihm unsere Ideale nicht aufzwingen, auch wenn wir Libyen nicht über den Weg trauen.« Er wandte sich an Goff und Venti. »Ich will, dass unsere Kommandeure im Mittelmeerraum ausführlich über die Situation in Libyen informiert werden, unsere Verbände im Mittelmeer, Roten Meer, Golf von Aden und Persischen Golf in höchste Alarmbereitschaft versetzt werden und die Air Force Einsätze gegen libysche Truppen plant, die Ägypten angreifen. Aber ich werde Libyen kein Ultimatum stellen oder Ägypten zu Hilfe kommen, wenn die Ägypter keinen Präsidenten wählen, der mit uns kooperieren will.«
Das »Küchenkabinett« vereinbarte eine Sprachregelung für die Medien und entschied noch, welche Einzelheiten von »ungenannten Quellen« im Weißen Haus und im Pentagon lanciert werden sollten. Damit war die Besprechung zu Ende. Thomas Thorn ging in die Präsidentenwohnung hinauf, um nachzusehen, was seine Familie machte, zog sich dann ins Schlafzimmer zurück und schloss die Tür hinter sich. Seine Frau und die Kinder wussten, dass sie ihn jetzt nicht stören durften.
Erstmals mit Meditation in Berührung gekommen war Thorn auf der Scharfschützenschule der U.S. Army in Fort Benning, Georgia, wo er eine Ausbildung mitgemacht hatte, um Zugführer bei den Special Forces werden zu können. Thorn war nicht der beste Schütze der Welt und hatte sich gefragt, ob er den Lehrgang bestehen würde. Aber er bekam bald mit, dass Zielsicherheit nur zwanzig Prozent der Qualität eines Scharfschützen ausmachte – die mit der Jagd auf ein lebendes Ziel verbundenen mentalen Kämpfe und Herausforderungen waren das eigentlich Schwierige. Scharfschützen mussten lernen, sich unerkannt zu bewegen, manchmal in vorderster Front, und Ziele zu entdecken, die oft raffiniert getarnt waren. Sie mussten ausgezeichnet sehen können und überragende Fähigkeiten als Infanteristen und Ranger besitzen, aber vor allem mussten sie die geistige Disziplin aufbringen, die man brauchte, um eine Jagd rasch und effizient abschließen zu können.
Thorn lernte bald, dass mentale Disziplin – die er als »mentalen Frieden« bezeichnete – die wichtigste Qualifikation war.
Nicht alle in Benning griffen auf Meditation zurück, aber für Thomas Thorn bewährte sie sich. Meditation half ihm, sich zu entspannen, verjüngte seinen Körper und half ihm, sich zu konzentrieren, seine Gedanken zu fokussieren und Auftrag und Ziel klar zu definieren. Manche Leute verglichen sie mit einem Nickerchen, aber richtig durchgeführt war sie das genaue Gegenteil: Sie wirkte belebend, verjüngend. Für Thorn bewährte sie sich auch nach seiner Dienstzeit in der U.S. Army – seit er sein Mantra erhalten und richtig benutzen gelernt hatte, meditierte er jeden Tag zweimal je zwanzig Minuten lang.
Thomas Thorn brauchte nur wenige Augenblicke, um eine höhere Bewusstseinsstufe zu erreichen, und dann
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