Brown, Dale - Feuerflug
AL-52 Dragon schoss nacheinander alle SS-12 ab, die aus der Libyschen Wüste aufstiegen.
Während sie eine Rakete nach der anderen angriff, übermittelte sie die Koordinaten der Startpunkte an B-2-Stealthbomber der U.S. Air Force, die über Südlibyen und dem Norden des Tschads kreisten. Diese Koordinaten dienten zur sofortigen Programmierung von satellitengesteuerten Abwurflenkwaffen AGM-158A, die nur wenige Sekunden nach der Entdeckung der Raketenstarts aus über hundertachtzig Kilometern Entfernung eingesetzt wurden. Die als JASSOM (Joint Air-to-Surface Stand-off Missile) bezeichnete Lenkwaffe trug einen vierhundertfünfzig Kilogramm schweren Gefechtskopf und für den Endanflug einen Infrarotsensor. Die AGM-158A steuerte den Startpunkt der Rakete an, entdeckte mit ihrem IR-Sensor die noch glühende Abschussvorrichtung und die Motorenwärme der Zugmaschinen und zerstörte sie mit erstaunlicher Präzision.
Über der Wüste südlich von Tripolis Zur gleichen Zeit
»Warte!«, rief Tanaka laut und löste Wicklands Finger behutsam vom Abzuggriff. »Das war keine Lenkwaffe!« Der Feuerball verwandelte sich in einen riesigen Kometen, der mit langem Feuerschweif durch den Nachthimmel raste. Sekunden später wurde ein weiterer Feuerball sichtbar, der wild taumelnd quer über den ganzen Horizont kreiselte. »Verdammt, was ...?«
»Hey, Zero«, sagte eine Stimme auf der längst vergessenen Einsatzfrequenz. »Seid ihr das dort draußen?«
»Bud? Bist du das?«
»Richtig«, bestätigte John »Bud« Franken, der Kommandant der verbesserten zweiten AL-52 Dragon. »Wir kommen anscheinend gerade rechtzeitig. Wie sieht’s bei euch aus?«
»Wir haben ein Triebwerk weniger, dafür ein paar Löcher mehr als beim Start«, sagte Tanaka, »aber wir fliegen noch. Haltet ihr uns den Rücken frei, damit wir abhauen können?«
»Wird gemacht«, antwortete Bud Franken. Er sah zu Lindsey Reeves auf dem rechten Sitz hinüber. »Haben Sie sie, Lindsey?«
Lindsey Reeves, Frankens Mission Commander, kontrollierte ihr Supercockpit-Display. Der LADAR-Angriffscomputer hatte die Jäger bereits farbig hervorgehoben – beide setzten offenbar zu einem neuen Angriff auf die beschädigte Megafortress an. »Hab sie!«, meldete sie. »Neun Uhr, sechzig Meilen, in tausend Fuß über Grund mit sechshundert Knoten nach Nordosten unterwegs.«
»Dann wollen wir mal sehen, was dieses Baby kann«, meinte Franken. »Also los, Lindsey!«
Reeves berührte das erste MiG-23-Symbol auf ihrem Touchscreen, dann befahl sie: »Ziel mit Dragon angreifen.«
»Angriff mit Dragon, Angriff stoppen«, antwortete der Angriffscomputer. Drei Sekunden später begannen die Kondensatoren im hinteren Teil des Flugzeugrumpfs die von den Generatoren der AL-52 gelieferte elektrische Energie zu speichern. Sobald alle Kondensatoren voll waren, meldete der Angriffscomputer: »Laser einsatzbereit.«
»Laser einsetzen«, befahl Lindsey.
Franken betätigte den Schalter, mit dem er seine Zustimmung erteilte. »Holen Sie sie runter!« Auch Lindsey betätigte ihren Schalter.
»Laser einsetzen, Angriff stoppen«, sagte der Computer.
Das Lasersystem verfolgte und vermaß das Ziel, analysierte dann die Atmosphäre in der Umgebung des Ziels und schickte die entsprechend korrigierten Einstellwerte an den verformbaren Spiegel. Gleichzeitig begannen die Kondensatoren im Flugzeugheck, gewaltige Energiemengen in die Plasmageneratoren zu pumpen. Vierhundert Diodenlaser fokussierten Laserlicht im Mittelpunkt einer kleinen Aluminiumkugel, ließen ein Deuterium-Tritium-Pelllet von der Größe eines Sandkorns verdampfen und erzeugten eine mit Deuterium und Tritium angereicherte Gaswolke. Die von den Lasern komprimierte und erhitzte, jetzt tausende von Kilogramm schwere Gaskugel erreichte rasch eine Temperatur von über fünfzig Millionen Grad Celsius – zehnmal heißer als die Oberfläche der Sonne. Bei dieser Temperatur zerfielen die Deuterium- und Tritiumatome in freie Elektronen und Ionen, die ein Plasmafeld bildeten. Dieses Feld existierte nur eine Millionstelsekunde lang, aber drei weitere hintereinander geschaltete Plasmageneratoren sorgten dafür, dass eine fast kontinuierliche Welle von Plasmaenergie entstand.
Das von einem magnetischen Hohlleiter zusammengehaltene und weitergeführte Plasmafeld, das energiereicher als sämtliche bisherigen Atomexplosionen zusammen war, trat in den Lasergenerator aus, wo der gewaltige Energieimpuls tausende von Glasscheiben anregte, die Neodym, eines der
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