Brown, Dale - Patrick McLanahan - 09 - Mann gegen Mann
gegen einen klaren Befehl verstoßen, und die USA müssen die Folgen tragen.«
»Frag mich, ob mir das scheißegal ist«, sagte Annie. Sie schaltete auf die Einsatzfrequenz um und drückte die Sprechtaste. »Hammer, Hammer, hier Terminator auf Rot vier. Hören Sie mich?« Keine Antwort. Sie versuchte es noch mehrmals und glaubte, einen kratzigen Trägerton zu hören, als drücke jemand eine Sprechtaste, ohne dass seine Stimme übertragen wurde. »Das ist er, glaube ich, aber irgendwas stimmt da nicht. Vielleicht ist seine Maschine schwer beschädigt. Wir müssen zu ihm aufschließen, sie uns gründlich ansehen und ihn notfalls nach Hause lotsen.«
»Ein Bomber B1, der mit einem Schwenkrotor MV22 in Formation fliegt? Das kommt einem irgendwie vor wie eine Dogge, die einen Chihuahua ficken will, nicht wahr?«
»Dev, ich denke nicht daran, hier oben zu sitzen und zuzusehen, wie die Pave Hammer mit Leuten an Bord, die ich kenne, von russischer Flak in Stücke geschossen wird«, sagte Annie resolut. Sie schaltete den Autopiloten aus, der sie in ihrer bisherigen Höhe gehalten hatte. »Halt dich bereit, zu der MV22 aufzuschließen.«
»Heels, denk erst mal einen Augenblick darüber nach, verdammt noch mal!«, sagte Deverill nachdrücklich. Annie funkelte ihren Mission Commander aufgebracht an, aber dann wurde ihr klar, dass das kein Befehl, sondern nur ein Vorschlag gewesen war. Aus seinem Tonfall sprach keine Angst, sondern nur die ernsthafte Sorge, ihre tapferen Bemühungen könnten letztlich vergebens sein. Dev nickte zu dem Bildschirm hinüber, der ihnen die Umgebung aus der Vogelschau zeigte. »Er ist in sechshundert Fuß und macht nur zweihundert Knoten. So langsam können wir nur fliegen, wenn wir die Tragflächen ganz spreizen und sämtliche Auftriebshilfen ausfahren – und damit verlieren wir unsere Stealth-Eigenschaften. Außerdem können wir dann keine Waffen und keine elektronischen Kampfmittel mehr einsetzen, außer vielleicht den nachgeschleppten Täuschkörper, der aber wertlos wäre, weil unser Radarquerschnitt ihn verschwinden ließe. Wir sind so verwundbar wie die MV22, vielleicht noch verwundbarer. Im Langsamflug in Bodennähe verbrauchen wir Unmengen von Treibstoff, aber wir haben keinen Tanker angefordert, der uns über dem Schwarzen Meer entgegenkommt. Unter solchen Umständen können wir von Glück sagen, wenn wir den nächsten türkischen Flugplatz erreichen.«
Annie starrte ihn aufgebracht an, aber ihr Zorn richtete sich nicht gegen ihn. Dev hatte natürlich Recht. Sie hatte keine dieser Tatsachen bedacht, und das machte sie noch wütender – auf sich selbst. Annie Dewey war stolz darauf, dass sie alles Wissen und alle Fertigkeiten besaß, die eine Flugzeugkommandantin brauchte, und ganz oben auf dieser Liste musste die Fähigkeit stehen, Tatsachen zu analysieren und daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen. Aber genau daran hatte sie es fehlen lassen.
»Ich verstehe, was du sagst, Dev«, sagte Annie, »und bin völlig deiner Meinung. Du hast in allen Punkten Recht. Aber das spielt keine Rolle. Ich will trotzdem dort runter.«
Deverill machte ein grimmiges Gesicht, dann nickte er jedoch langsam. Sie hatte das Gefühl, er werde mitmachen, aber sie wusste nicht, ob er hundertprozentig hinter ihr stand – und das war ihr wichtig. Annie schwieg einen Augenblick, bevor sie sprach, ohne ihre Sprechtaste zu drücken: »Genesis, hier Terminator … Terminator für Genesis.«
Einen Augenblick später kam die Antwort: »Bitte weiter, Annie. Die Verbindung ist abhörsicher.«
»General, haben Sie unsere Situation beobachtet?«
»Positiv«, antwortete Generalleutnant Terrill Samson. Er sprach mit Annie über Satellit und den implantierten Mikrosender, den alle im High-Technology Aerospace Weapons Center Beschäftigten trugen. Mit dem winzigen Sender unter der Haut konnten sie jederzeit und an jedem Ort der Welt miteinander reden. »Augenblick, Annie.« Sie hörten Samson sagen: »Zinnsoldat, hier Genesis. Hören Sie mich, Hal?«
»Ich höre Sie jetzt, Sir«, antwortete Hal Briggs. Chris Wohl und er trugen die gleichen subkutanen Minisender wie jeder andere Mitarbeiter der HAWC. »Wir stecken echt in der Scheiße. Das Flugzeug ist stark beschädigt, und der Kopilot und ein Lademeister sind tot. Trash Man muss mit ein paar Analoginstrumenten fliegen, weil die meisten Cockpitanzeigen ausgefallen sind. Wir brauchen sofort Hilfe, bevor wir aus Versehen über die nächste Flakstellung
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