Brown, Dale - Patrick McLanahan - 09 - Mann gegen Mann
»Das Rettungsunternehmen im Großraum Moskau wurde von einem SchwenkrotorFlugzeug MV22E Pave Hammer durchgeführt. Dieser Kampfzonentransporter hat sechs Mann Besatzung, ist mit mehreren Maschinengewehren bewaffnet, trägt in einem Waffenbehälter Luft-Luft-Raketen und kann Störsender und Täuschkörper einsetzen. Ihre Besatzung gehört zur Intelligence Support Agency, einer auf Einsätze dieser Art spezialisierten CIA-Unterorganisation.
Die Begleitflugzeuge waren Stealth-Bomber EB1C Vampire – erheblich modifizierte Bomber B1, die dafür ausgelegt sind, in stark verteidigte Lufträume einzudringen und eine Vielzahl von Zielen …«
»Sie haben Kernwaffenträger übers Gebiet der Russischen Föderation entsandt? Wie konnten Sie das wagen? Das kommt einer Kriegserklärung gleich!«
»Das waren einfach die für den Schutz des Rettungsflugzeugs am besten geeigneten Maschinen«, stellte Thorn nüchtern fest. »Sie glauben doch wohl nicht im Ernst, dass unsere Flugzeuge Kernwaffen an Bord hatten?«
»Ich weiß nicht, was ich glauben soll!«, übersetzte der Dolmetscher die hörbar erregten Worte des russischen Präsidenten. »Sie erzählen mir das alles so beiläufig, als unterhielten wir uns übers Wetter! Sind Sie übergeschnappt? Sind Sie geisteskrank?«
»Denken Sie meinetwegen, was Sie wollen, Herr Präsident«, sagte Thorn gelassen. »Gestatten Sie mir, dass ich fortfahre. Die Vampires gehören zur 111. Bomberstaffel, einer gegenwärtig auf der Tonopah Test Range in Nevada stationierten Einheit der Nevada Air National Guard. Bewaffnet waren sie mit einer Mischung aus Jagdraketen, Abwurflenkwaffen und Lenkwaffen zur Radaransteuerung – die genaue Zusammensetzung kenne ich nicht, aber ich kann Ihnen diese Informationen auf Wunsch gern besorgen. Normalerweise haben sie den Auftrag, die feindliche Luftabwehr zu bekämpfen und ballistische Raketen abzuschießen. Diesmal sollten sie Feuerschutz bei einem Unternehmen gewährleisten, durch das eine US-Agentin, die auf einem russischen Militärstützpunkt bei Moskau spioniert hat, in Sicherheit gebracht werden sollte. Zwei Mann der Besatzung der MV22 haben auf einem ukrainischen Luftwaffenstützpunkt einen Hubschrauber gekapert und sind damit nach Russland zurückgeflogen, um die mit dem Fallschirm abgesprungene und in Gefangenschaft geratene Bomberbesatzung zu befreien.«
»Höchst interessant. Mr. President«, sagte Senkow. Robert Goff glaubte förmlich zu sehen, wie Senkows Berater diese Informationen eifrig mitschrieben. Das alles waren zuverlässige Informationen aus bester Quelle – direkt vom Präsidenten der Vereinigten Staaten! »Und der Zweck dieser Spionagetätigkeit?«
»Dadurch sollte das Ausmaß der Verwicklung Russlands in den Luftangriff auf die albanische Stadt Kukës festgestellt werden, bei dem neulich mehrere hundert Männer, Frauen und Kinder brutal ermordet wurden«, sagte Thorn scharf.
»Der Verwicklung Russland s?«, wiederholte Senkow. »Das ist lächerlich, Mr. Thorn! Ermittler von NATO und Vereinten Nationen, darunter auch amerikanische FBIAgenten, haben keinerlei Hinweise gefunden, wer für diesen Massenmord verantwortlich war. Konkurrierende Drogenbarone, makedonische Söldner, die sich an albanischen Waffenschmugglern für Angriffe über die Grenze hinweg rächen wollten, und sogar rivalisierende muslimische Sekten sind dafür verantwortlich gemacht worden. Aber Russland hat absolut nichts damit zu tun gehabt.«
»Die Vereinigten Staaten besitzen Informationen, nach denen ein aus dem Luftfahrtforschungszentrum N.J. Shukowski gestarteter russischer Stealth-Bomber diesen Angriff geflogen hat. Ich werde nicht versäumen, der Weltöffentlichkeit auch das mitzuteilen, Herr Präsident.«
Am anderen Ende entstand eine sehr lange Pause. Zuletzt sagte der Dolmetscher: »Sie wollen also Lügen verbreiten, um von Ihrer Schuld an den heutigen Vorfällen abzulenken.«
»Ich werde die Wahrheit sagen, Herr Präsident – die ganze Wahrheit«, stellte Thorn richtig. »Ich werde zugeben, dass wir in Russland spioniert und unerlaubt in den russischen Luftraum eingedrungen sind. Ich werde öffentlich Entschädigungszahlungen anbieten und auch unsere Bereitschaft erklären, die Angehörigen russischer Soldaten, die bei unseren Angriffen gefallen sind, zu entschädigen, sobald Sie uns die genaue Zahl mitteilen.« Das war ein geschickter Schachzug: Um sich möglichst hohe Zahlungen zu sichern, würde Russland zugeben müssen, dass viele Soldaten
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