Brown, Dale - Patrick McLanahan - 09 - Mann gegen Mann
Stützpunkt zurückfliegen musste.
Unterdessen hatte der russische Zerstörer Besstraschny , der ursprünglich in einem ukrainischen Hafen stationiert gewesen, aber nach Noworossijsk verlegt worden war, als das Schiff nach dem Auseinanderbrechen der Sowjetunion an Russland gefallen war, das Seegebiet, in dem der Tanker sich befand, schon fast erreicht. Der Taktikoffizier des Zerstörers hatte bereits eine Warnung an alle Schiffe und Flugzeuge herausgegeben, dieses Seegebiet zu meiden, und der Bordhubschrauber der Besstraschny , ein Kamow Ka27, hatte ihnen bereits die genaue Position des Tankers übermittelt. Die in der Nähe befindlichen Patrouillenboote der türkischen Küstenwache waren nur leicht bewaffnet und stellten somit keine Gefahr für die Besstraschny dar, die zu den größten Kriegsschiffen auf dem Schwarzen Meer gehörte.
Kapitän zur See Boriskow besprach sich im Lagezentrum des Zerstörers mit seinem Taktikoffizier, dem Nachrichtenoffizier, den Waffenoffizieren und dem leitenden Ingenieur des Zerstörers. »Wann kommt die Ustinow in Reichweite?«, fragte der Kommandant.
»Sie ist bereits in Reichweite der 3M82, Kapitan «, meldete der Erste Waffenoffizier. Die 3M82 Moskit war eine überschallschnelle, radargesteuerte Lenkwaffe zur Bekämpfung von Schiffszielen.
»Ich will das verdammte Schiff nicht versenken, sondern nur bewegungsunfähig machen«, sagte Boriskow.
»Dann haben wir nur die vordere AK130, bis wir in Hubschrauberreichweite sind«, stellte der Taktikoffizier fest.
»Worauf schießen wir uns ein? Auf die Ruderanlage? Die Schrauben? Den Maschinenraum?«
»Ich schlage vor, die Aufbauten zu beschießen, Kapitan «, sagte der Taktikoffizier. »Dadurch erzeugen wir Verwirrung an Bord, erwischen vielleicht ein paar Terroristen und können die Ustinow von Marineinfanterie entern lassen, um das Schiff wieder unter unsere Kontrolle zu bringen. Zerschießen wir die Ruderanlage oder beschädigen die Schrauben, kann das zu einer noch größeren Katastrophe führen, wenn der Tanker vor der türkischen Küste auf Grund läuft.«
»Wen kümmert’s, ob er irgendwo auf Grund läuft«, knurrte der Kommandant.
»Aber das wäre dann teilweise unsere Schuld – und genau das könnte das eigentliche Ziel der Terroristen sein«, wandte der Nachrichtenoffizier ein. Er senkte seine Stimme, als er hinzufügte »Bedenken Sie, wem Schiff und Ladung gehören, Kapitan. «
Der Kommandant wurde blass. Pawel Kasakow.
In den vergangenen Monaten war Pawel Gregorjewitsch Kasakow zu einem der reichsten, bekanntesten und von den Medien am aufmerksamsten beobachteten Männer der Welt aufgestiegen. Er hatte schon immer in dem Ruf gestanden, gefährlich zu sein, aber jetzt verfügte er über wirkliche, legitim erlangte Macht. Sein Ölimperium erstreckte sich vom Kaspischen Meer bis zur Adria. Er exportierte mehr als halb so viel Erdöl wie sämtliche OPEC-Mitglieder zusammen – und arbeitete bei Förderung und Transport weit billiger und effizienter als die Konkurrenz. Staaten und Konzerne wurden durch die Zusammenarbeit mit ihm reich, was bewirkte, dass immer mehr Staaten seine Unternehmungen förderten und schützten.
Kasakows wichtigster Protektor schienen die russischen Streitkräfte zu sein, die von Georgien im Osten bis nach Albanien im Westen eine lückenlose Kette von Militärstützpunkten aufgebaut hatten. Obwohl in Georgien keine russischen Truppen standen, wusste die dortige Staatsführung, dass an ihrer Nordgrenze starke russische Verbände für den Fall zum Einmarsch bereitstanden, dass die Regierung nicht willens oder fähig war, die Kämpfe in der umstrittenen Region Nagorny-Karabach so weit einzudämmen, dass sie keine Gefahr für die Öltransporte von Metjorgas darstellten. Die russische Armee ging bereits gegen den Grenzverkehr muslimischer Rebellen zwischen Tschetschenien und Georgien vor und verfolgte muslimische Guerillas häufig auch über die georgische Grenze hinweg. Und die russische Kriegsmarine hatte ihre Patrouillentätigkeit auf dem Schwarzen Meer verstärkt, um den zunehmenden Tankerverkehr zu schützen.
Am auffälligsten war jedoch, dass die russische Armee ihre Truppenstärke auf dem Balkan auf einen seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr da gewesenen Stand erhöht hatte. In elf großen Stützpunkten in Bulgarien, Makedonien, Serbien, Bosnien-Herzegowina, Kroatien, Montenegro, den serbischen Provinzen Vojvodina und Kosovo sowie in Albanien waren fünfzigtausend Mann stationiert –
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