Brown, Dale - Patrick McLanahan - 09 - Mann gegen Mann
Dr. Fursenko an diesem Projekt hängen, denn Firmen in Westeuropa florierten besser und boten eine glänzendere Zukunft.
Nach Fursenko war der eindrucksvollste Mann, mit dem Kasakow sprach, der Chefpilot – gegenwärtig der einzige Vollzeitpilot bei Metjor – Ion Stoica. Der in Bukarest geborene und aufgewachsene Stoica hatte seine Pilotenausbildung an der sowjetischen Marineakademie in Leningrad erhalten und danach als Marineflieger mit den Bombern Tu95 Bear und T16 Badger Aufklärungseinsätze und Einsätze zum Minenlegen, zur Schiffsbekämpfung und mit Lenkwaffen geflogen. Nach einem kurzen Intermezzo als MiG21- Fluglehrer und Chef einer Jagdstaffel in seiner rumänischen Heimat war er in die Sowjetunion zurückgekehrt und Testpilot bei Dr. Fursenko am Fisikous-Institut geworden. Als die Sowjetunion dann zusammengebrochen war und das Fisikous zugemacht hatte, war Stoica als MiG21- und MiG29-Fluglehrer nach Rumänien zurückgegangen, bevor sein alter Freund Pjotr Fursenko ihn 1993 hierher zur IIG Metjor geholt hatte.
Stoica, der sich selbst als Russen betrachtete, war seiner Wahlheimat Russland für seine Ausbildung und politische Schulung dankbar. Und er war dem KGB für seine Rolle beim Sturz des rumänischen Diktators Nicolae Ceausescu und bei der Einsetzung einer gemäßigten, prosowjetischen Regierung dankbar, die das brutale stalinistische Regime abgelöst hatte, unter dem sein Land gelitten hatte, so lange er zurückdenken konnte.
Pawel Kasakow fand in Stoica einen fleißigen, zielstrebigen, beinahe fanatischen russischen Patrioten, für den seine Mitarbeit an der Schaffung eines High-Tech-Waffensystems, wie es der Stealth-Bomber Fi179 darstellte, kein bloßer Job, sondern auch eine ehrenvolle Aufgabe war. Als Rumänien in die »Partnerschaft für den Frieden« – eine Gruppe von Staaten des ehemaligen Warschauer Pakts, denen die NATO-Mitgliedschaft in Aussicht gestellt wurde – aufgenommen wurde, war Ion Stoica nach Russland ausgewandert und ein Jahr später dort eingebürgert worden. Wie die meisten Mitarbeiter bei Metjor hatte Stoica sich damit abgefunden, dass sein spärliches Gehalt unregelmäßig ausbezahlt wurde und er von Kantinenessen leben und in der Fabrik schlafen musste.
Als Kasakow mit seinen Inspektionen, Befragungen und Planungsgesprächen fertig war, kam bereits die Frühschicht ins Werk, und der Arbeitstag begann, was bei der IIG Metjor jedoch nicht sonderlich viel Betrieb bedeutete. Kasakow wurde von Fursenko zu seiner am Hinterausgang wartenden Limousine hinausbegleitet. »Doktor, ich bin von dem Flugzeug und Ihren Leuten höchst beeindruckt«, sagte er, indem er dem Direktor die Hand schüttelte. »Ich will, dass Sie alles Men-schenmögliche tun, um die Tjeny schnellstens flugfähig zu machen, aber Sie müssen Ihre Arbeit streng geheim halten – auch vor staatlichen Stellen. Sollte jemand hier aufkreuzen oder verdächtige Fragen stellen, verweisen Sie ihn sofort an meine Zentrale. Die Tjeny dürfen nur Leute sehen, mit denen ich selbst gesprochen und deren Zutritt ich genehmigt habe. Ist das klar?«
»Völlig, Towarischtsch «, antwortete Fursenko. »Es ist in der Tat eine Ehre, mit Ihnen zusammenzuarbeiten.«
»Warten Sie mit Ihrem Urteil, bis wir mit unserer Arbeit begonnen haben«, sagte Kasakow finster. »Vielleicht bereuen Sie irgendwann den Tag, an dem Sie mich angesprochen haben.«
Ministerium für Handel und wirtschaftliche Zusammenarbeit, Tirana, Republik Albanien
(am nächsten Morgen)
Der Sekretär goss bereits starken schwarzen Kaffee ein und stellte ein kleines Silbertablett mit Toast und Kaviar bereit, als der Minister seine Amtsräume betrat. »Guten Morgen, Exzellenz«, begrüßte ihn sein Sekretär. »Wie geht es Ihnen heute?«
»Gut, gut«, antwortete Maqo Solis, der albanische Minister für Handel und wirtschaftliche Zusammenarbeit. An diesem sonnigen und warmen Frühlingstag schien die ganze Hauptstadt guter Laune zu sein. »Was gibt’s heute Vormittag zu tun? Ich hatte gehofft, vor dem Mittagessen Zeit für eine Massage und ein Dampfbad zu haben.«
»Durchaus möglich, Exzellenz«, versicherte sein Sekretär ihm eifrig. »Referentenbesprechung um acht Uhr, Dauer eine Stunde, danach Informationen über den Stand türkischer Hafenbauprojekte, Dauer höchstens eine halbe Stunde. Die üblichen Unterbrechungen – Handelsdelegationen, die vorbeikommen, Anrufe von Abgeordneten und natürlich Ihr heutiger Papierkram, der nach Dringlichkeit geordnet auf Ihrem
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