Brown, Dale - Patrick McLanahan - 09 - Mann gegen Mann
allzu früh die Erfahrung, dass man Liebe und Achtung billig auf der Straße kaufen oder sich durch Gewalt sichern konnte. Wozu sie einer nie anwesenden lebenden Legende abbetteln, wenn sie anderswo so leicht erhältlich waren?
Nach dem Tod seines Vaters wurden Pawel jedoch einige Tatsachen klar. Erstens hatte die Regierung sie alle im Stich gelassen. Das war inakzeptabel. Noch wichtiger war jedoch, dass Pawel seinen Vater im Stich gelassen hatte. Gregor Kasakow hatte den Respekt eines ganzen Volkes genossen, weil er ihn verdient hatte – auch von seinem Sohn?
Nein, alles nur Mist, versicherte Pawel sich rasch. Die Regierung hatte Oberst Kasakow gehätschelt, weil er ein verdammter militärischer Roboter war, der jeden beschissenen Job, jeden unsinnigen und selbstmörderischen Auftrag ohne Murren akzeptierte. Weshalb? Weil er zu dämlich war, um die Gefahren zu erkennen. Er war ein hirnloser Landsknecht, der in seiner gesamten Militärlaufbahn gerade einen originellen Gedanken gehabt hatte: die Besetzung des Flughafens Priština im Jahr 1999. Das russische Volk hatte ihn geliebt, weil es heutzutage so verdammt wenig Helden gab und er sich gerade angeboten hatte. In Wirklichkeit verkörperte er nicht eine Tugend, die anderen zum Vorbild hätte dienen können. Gregor Michailewitsch Kasakow war ein uniformierter Clown gewesen, der im Dienst einer bankrotten und unfähigen Regierung bei einer undankbaren, ziellosen, nutzlosen Friedensmission in einer beschissenen Ecke des Balkans umgekommen war. Er hatte es verdient, einen schrecklichen, blutigen Tod zu sterben.
Trotzdem fand Pawel Kasakow es nützlich, den Namen seines Alten zu erwähnen, als er in dem jetzt Tag und Nacht streng bewachten Hangarkomplex vor dem erstaunlichen Stealth-Bomber Metjor Mt179 stehend zu einer kleinen Gruppe von Mitarbeitern sprach:
»Meine Freunde, was ihr alle hier in den letzten Wochen geleistet habt, ist ganz außergewöhnlich. Ich weiß, dass mein Vater, Oberst Gregor Kasakow, auf jeden Einzelnen von euch stolz gewesen wäre. Ihr seid wahre russische Patrioten, wahre Helden unseres Vaterlands.
Wir haben diesen Einsatz sorgfältig geplant, die besten Informationen eingeholt, die beste Ausrüstung beschafft und erprobt unermüdlich geübt und viele lange Stunden auf diesen Augenblick hingearbeitet. Jetzt steht das Ergebnis eurer harten Arbeit hier vor euch. Ihr seid die Champions. Für mich war es ein Privileg, Seite an Seite mit euch zu arbeiten, um diesen Einsatz Realität werden zu lassen. Und so kann ich euch nur noch eines sagen: Danke und viel Erfolg. Für Gregor Kasakow und Russland – greift an! « Die aus ungefähr hundert Ingenieuren, Technikern und Bürogestellten bestehende Gruppe brach in wilden Beifall und Hochrufe aus.
So hat der alte Furzer doch noch einen nützlichen Zweck erfüllt, sagte Pawel sich.
Ion Stoica, der Chefpilot von Metjor Aerospace, und sein Systemoffizier, ein ehemaliger russischer Jagdflieger namens Gennadi Jegorow, kletterten jetzt rasch in den StealthBomber Mt179 und hakten ihre Checkliste Vor dem Anlassen ab. Dann wurde die Hangarbeleuchtung ausgeschaltet, das riesige Schiebetor öffnete sich, und die Triebwerke wurden angelassen. Sämtliche Checklisten waren binnen weniger Minuten abgehakt, weil sie alle computerisiert waren – die Besatzung selbst hatte nur wenige Punkte zu überprüfen, die der Kontrolle des Bordcomputers dienten.
Jetzt wartete sie auf ihr Signal zum Start.
Der Luftwaffenstützpunkt Shukowski südlich von Moskau war ein aktiver Flugplatz der russischen Luftwaffe, die hier mehrere Staffeln schwerer Bomber – Tu95 Bear und Tu22M3 Backfire – sowie verschiedene Typen von Schulungsmaschinen, Transportern und Tankflugzeugen stationiert hatte. Geheimhaltung war auf einem Militärflugplatz nicht schwierig, obwohl dies keineswegs eine streng geheime Einrichtung war. Die Platzbeleuchtung wurde immer ausgeschaltet, bevor nachts eine Maschine startete, um Typ und Nummer zu tarnen – ein von der alten Sowjetunion übernommenes und selbst in Friedenszeiten geübtes Verfahren. Obwohl die meisten Flugplatzgebäude sich nördlich der Startbahn befanden und einige Kilometer südwestlich eine kleine Wohnsiedlung stand, lag die Startbahn ziemlich isoliert. Bei Nachtstarts konnte sie niemand beobachten außer dem Personal des Kontrollturms und den Männern des Sicherheitsdiensts, die bei jedem Start entlang der Bahn patrouillierten, um Neugierige fernzuhalten. Ungefähr drei Stunden nach
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