Brown, Dale - Phantomjäger
unten ritten Nomaden auf Kamelen, die hoch mit Kisten, Teppichen und anderen Waren zum Tausch oder Verkauf beladen waren. Zwecklos, kostbare Munition an sie zu vergeuden.
Fünfzig Kilometer vor Mary bildete der Verband eine Kette und ging noch tiefer hinunter, um möglichst auch vor einer Entdeckung durch Militärstreifen sicher zu sein. Auf allen Frequenzen herrschte Funkstille. Die Besatzungen der Kampfhubschrauber beobachteten von Zeit zu Zeit eine Detonation am Horizont oder hörten ihren Gefahrenwarner kurz piepsen, aber von den Taliban, die dieses Gebiet besetzt hielten, war nicht das Geringste zu sehen. Die Piloten mussten jetzt sehr aufpassen – hier gab es wieder mehr Bohrtürme, und sie flogen eindeutig tief genug, um sie rammen zu können, und die von den Rotoren aufgewirbelten Staubwolken nahmen den nachfolgenden Hubschraubern fast die Sicht.
»Zehn Minuten bis zum Absetzpunkt«, gab der Kommandeur der Kampfgruppe bekannt. »Klarmachen zum Aussteigen.«
»Ziel, Ziel, zwei Uhr!«, rief einer der Mi-6-Piloten.
Der Pilot des führenden Kampfhubschraubers schwenkte sein Teleskopvisier in diese Richtung – aber das vermeintliche Ziel erwies sich als ein Kamel. Es sah so spaßig aus, dass der Pilot unwillkürlich lachen musste. Das große Tier wirkte wahrhaft komisch, als es in verzweifelter Hast vor den anfliegenden Hubschraubern flüchtete und dabei auch den letzten Rest seiner Tragelast aus Decken und Teppichen verlor. Vor den Augen der Piloten rannte das arme Tier blindlings in einen Zaun, der eine Gruppe von Bohrtürmen umgab, und blieb in einem Gewirr aus wild um sich schlagenden Beinen im Stacheldraht hängen. »Kein Ziel«, sagte der Mi-6-Pilot. »Bloß wieder ein verdammtes Kamel.«
»Was sollen wir machen, wenn wir hier draußen einer Karawane begegnen?«, fragte der Pilot des Kampfhubschraubers. »Erschreckt der Lärm die Tiere so sehr, können sie Aufmerksamkeit erregen oder in einem dieser Bohrturmbereiche Alarm auslösen.«
»Seht ihr noch mal welche, schießt ihr sie ab«, befahl der Kommandant.
Tatsächlich entdeckte der Mi-24-Pilot kurze Zeit später mehrere Gruppen von Nomaden, die mit ihren Kamelen in der Nähe einiger aufgegebener Ölquellen lagerten. »Wie zum Teufel schaffen’s diese Leute, hier zu überleben?«, fragte er seinen Bordschützen, während er das Infrarotbild heranholte und die erste Gruppe mit dem Fadenkreuz seiner 30-mmKanone überlagerte. »Sie sind fünfzig Kilometer von der nächsten menschlichen Behausung entfernt. Kein Wasser, keine Nahrung, kein ...«
Die Nomaden begannen sich zu bewegen. Ein Kamel kam auf die Beine und trollte sich gemächlich – und genau hinter der Stelle, an der es gelegen hatte, sah der Pilot des Kampfhubschraubers deutlich einen Mann, der etwas an die Schulter hob. Sekunden später verdeckte ein Lichtblitz das Bild, aber er wusste, was das bedeutete. »Lenkwaffenangriff!«, rief er laut. »Wir werden ...«
Die Fla-Rakete SA-14 traf den Triebwerksbereich des führenden Hubschraubers, zerfetzte in Millisekunden seine beiden Triebwerke und ließ den großen Hubschrauber steuerlos seitlich kreiselnd abstürzen. In rascher Folge zischten noch elf weitere von der Schulter abgefeuerte FlaRaketen in den Nachthimmel hinauf, und fast alle fanden ihr Ziel. Keine dreißig Sekunden später waren alle russischen Hubschrauber abgeschossen. Nur ein Kampfhubschrauber Mi-24F und zwei der sechs Transporthubschrauber Mi-6 landeten stehend; drei der voll beladenen Mi-6 brannten lichterloh. Aus den anderen Hubschrauberwracks rannten kleine Gruppen von Soldaten, die verwundete Kameraden mitschleppten.
»Feuer auf erkannte Ziele frei!«, befahl Jalaluddin Turabi über Funk. Die sechs über das Gebiet verteilten Luftabwehrtrupps warfen die SA-14-Startvorrichtungen weg, legten ihre getarnten 12,7-mm-MGs frei und begannen auf die Überlebenden zu schießen. Einige wenige Russen erwiderten das Feuer, aber das Gefecht dauerte nur wenige Minuten.
Turabi und seine Männer näherten sich vorsichtig den Hubschrauberwracks. Die Echos von Schüssen, das Knistern und Knacken von brennendem Metall und das Stöhnen von Verwundeten zerrissen die über der Wüste liegende Stille. Ihre grausige Arbeit – das Gelände nach über zweihundertfünfzig russischen Kommandosoldaten abzusuchen und die nicht marschfähigen Verwundeten zu erledigen – dauerte fast eine Stunde. »Drei Offiziere sowie einundzwanzig Unteroffiziere und Mannschaften gefangen, vier Schützenpanzer
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