Brown, Dale - Phantomjäger
befürchteten, Turkmenistan könnte ein zweites Afghanistan oder Tschetschenien werden, und dann haben Sie mir die Hände gebunden ...«
»Mäßigen Sie sich, General!«
»Nein, das tue ich nicht, Herr Präsident«, antwortete Grislow scharf. «Und ich warne Sie: Das russische Militär wird keine politischen Zweideutigkeiten oder Halbherzigkeiten mehr dulden, wenn lebenswichtige Interessen Russlands oder der russischen Streitkräfte auf dem Spiel stehen! Werden meine Männer noch mal angegriffen, handle ich entschlossen – und wenn der Kreml dabei nicht hundertprozentig hinter mir steht, sorge ich dafür, dass Politiker an die Macht kommen, die das Militär unterstützen!«
»Wie können Sie wagen, mir zu drohen, Grislow?«, fragte Senkow empört. »Kein Wort mehr, sonst finden Sie sich bei Schurbenko in einem sibirischen Gefängnis wieder!«
»Drohen Sie mir nicht, Herr Präsident«, forderte Grislow ihn auf. »Solange meine Männer und Frauen den Kreml und Sie bewachen, einflussreiche Mitglieder der Duma unterstützen und ihre Telefone und Computer kontrollieren, sollten Sie mir nicht drohen! Meine Soldaten wissen, dass ich eher sterben würde, als sie ihm Stich zu lassen, und ich weiß, dass sie ihr Leben für mich opfern würden. Das ist alles, woran Sie sich erinnern müssen. In zehn Minuten haben Sie den Einsatzbefehl auf dem Schreibtisch. Ich erwarte ihn in spätestens zwanzig Minuten zurück, sonst ist das nächste Ziel für meine Bomber der Kreml!«
Waletin Senkow legte den Telefonhörer langsam auf. Außenminister Iwan Filippow, der einige Meter entfernt saß, starrte ihn sichtlich erstaunt an. »War das General Grislow, der da ins Telefon gebrüllt hat?«, fragte er. »Ich habe ihn bis hierher gehört!«
»Die Kommandos, die er nach Turkmenistan entsandt hat... «
»Ja, ich weiß – die Kampfgruppe, die in Mary einsickern und die Stellungen der Taliban erkunden sollte«, sagte Filippow. »Was ist mit ihr? Hat sie Erfolg gehabt?« Er schien Senkows entsetzten, ungläubigen Gesichtsausdruck erst jetzt wahrzunehmen. »Hat’s Verluste gegeben?«
»Die gesamte Gruppe ... alle tot«, flüsterte Senkow.
» Was?«, rief Filippow aus und sprang auf. »Alle tot? Wie viele ... ?«
»Über zweihundertfünfzig Mann.«
Filippow konnte nicht sprechen. Er fühlte sich wie vor den Kopf geschlagen.
»Grislow sperrt den Luftraum über Turkmenistan und lässt einen starken Bomberverband angreifen«, fuhr Senkow fort. »Sie müssen umgehend das US-Außenministerium und das Weiße Haus benachrichtigen, Iwan Iwanowitsch, ihnen erklären, was passiert ist, und ihnen mitteilen, dass wir zu unserem Schutz den turkmenischen Luftraum sperren.«
»Herr Präsident, davon war niemals die Rede – nicht einmal als Notfallplan«, wandte Filippow ein. »Außerdem gibt’s keine legale Möglichkeit, den Luftraum eines anderen Staats zu blockieren. Ich würde empfehlen, einer Hand voll Journalisten die Kriegsverbrechen dieser Talibanguerillas vorzuführen. Dann steht die Weltöffentlichkeit bei einem Vergeltungsschlag eher auf unserer Seite.«
»General Grislow schickt gleich einen Einsatzbefehl herüber, den ich unterzeichnen soll«, berichtete Senkow. »Seine Bomberflotte hat er bereits vorgewarnt.«
»Den Einsatzbefehl kann er sich sonst wohin stecken, bis Sie entschieden haben, was Sie tun wollen«, sagte der Außenminister. »Er ist schließlich nicht ...« Filippow verstummte und starrte Senkow erst entgeistert, dann völlig schockiert an. »Augenblick ... Grislow hat Sie am Telefon angebrüllt? Er hat Ihnen gesagt, was Sie tun sollen, und Ihnen befohlen, seine Anweisungen auszuführen?«
»Er hat mir gedroht«, sagte Senkow.
Filippow hatte den Präsidenten noch nie so ängstlich erlebt. Tatsächlich hatte er noch nie einen so ängstlichen Menschen gesehen – auch Schurbenko nicht, als er ins Gefängnis abgeführt wurde.
»Er hat mir gedroht, mich zu ermorden, den Kreml bombardieren zu lassen ... und das meint er ernst, Iwan Iwanowitsch. Er ist nicht verrückt – das ist sein Ernst.«
»Er muss verhaftet ... nein, er muss aus dem Amt entfernt werden!«, rief Filippow aus. »Den Präsidenten der Russischen Föderation erpressen, Regierungsmitgliedern mit Mord drohen ... für wen hält er sich eigentlich?«
»Wer soll ihn von seinem Posten entfernen, Iwan Iwanowitsch? Ich? Er droht mir, alle Männer und Frauen in Uniform gegen mich aufzuhetzen. Und nach allem, was auf dem Balkan passiert ist, glaube ich nicht,
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