Brown, Dale - Phantomjäger
dass die Duma oder die Bürokraten sich ihm entgegenstellen würden.«
»Lassen Sie sich nicht von ihm einschüchtern, Herr Präsident«, riet Filippow ihm. »Die für innere Sicherheit zuständigen MWD-Truppen und die OMON-Sondereinheiten zu Ihrem persönlichen Schutz unterstehen nicht ihm – sie unterstehen dem Innenministerium.«
»Aber wie viele sind das? Einige tausend Mann? Vielleicht zwanzigtausend? Er befehligt über eine Million Soldaten!«
»Er befehligt sie nicht – er ist Chef des Generalstabs«, stellte Fi-lippow richtig. »Er kann nicht morgen im Rundfunk sprechen oder im Fernsehen auftreten und all diesen Soldaten befehlen, nur noch auf sein Kommando zu hören und ...«
Aber Filippow brachte den Satz nicht zu Ende, und Senkow wusste sofort, weshalb nicht. Beiden war klar, dass General Anatolij Fedorowitsch Grislow wahrscheinlich populär genug war, um genau das tun zu können: im staatlichen Rundfunk und Fernsehen aufzutreten, eine Rede ans russische Volk zu halten, einen Staatstreich zu befehlen und seine Panzer auf dem Roten Platz auffahren zu lassen, um die Macht zu übernehmen. Morgen. Vielleicht schon in dieser Nacht.
»Was sollen wir tun?«, fragte Filippow leise.
»Wir tun genau, was er von uns verlangt«, antwortete Senkow nervös. »Wir sorgen dafür, dass Gurisow die Amerikaner sofort wieder auslädt, und geben die Sperrung des turkmenischen Luftraums bekannt. Und wir lassen Grislow die Taliban ausradieren.« Der Präsident überlegte kurz, dann fügte er hinzu: »Und wir nutzen jede Gelegenheit, um uns intern und öffentlich von dieser Militäraktion zu distanzieren.«
»Aber Ihnen bleibt nichts anderes übrig, als den Einsatzbefehl zu unterzeichnen.«
»Ich habe gesagt, dass ich ihn unterzeichnen werde, aber der General will seine Verbände sofort mobilisieren und sie schnellstens angreifen lassen«, sagte Senkow. »Ich denke, es heiße sich arrangieren, dass Grislows Dienststelle glaubt, ich hätte den Befehl unterzeichnet ...«
»Ist das Unternehmen ein Erfolg, können Sie behaupten, dass Sie seinen Plan unterstützt haben«, stimmte Filippow zu. »Und ist es kein Erfolg ...«
»Dann beweise ich, dass ich den Einsatzbefehl nie unterzeichnet haben, was Grislow erst recht als Berserker dastehen lässt.«
»Aber was ist, wenn Grislow herausbekommt, dass Sie ihn reingelegt haben?«
»Wir müssen dafür sorgen, dass er erledigt ist, bevor das passiert«, sagte Wladimir Senkow. »Dazu lassen wir das Innenministerium und den Föderalen Sicherheitsdienst eine ›Beobachtungsakte‹ über Grislow anlegen.« Der Föderale Sicherheitsdienst (FSB) war die Nachfolgeorganisation des alten Komitet gossudarstwennoy besopastnosti (KGB), der Geheimpolizei der Sowjetunion zur Verteidigung gegen innere und äußere Feinde, dessen Direktor unmittelbar dem Präsidenten unterstand. »Vor allem brauche ich ein Wortprotokoll seiner Schimpfkanonade am Telefon. Die wird der Weltöffentlichkeit beweisen, dass der Mann geistesgestört ist. Dann werde ich nicht beschuldigt, einen Mord befohlen zu haben, sondern werde dafür gelobt, dass ich die Welt von einem weiteren tollwütigen Hund befreit habe.«
Über dem Mittelmeer
Kurze Zeit später
Isadora Meiling, Maureen Hershels Sekretärin, ging leise an der Schlafkoje vorbei, in der Expräsident Kevin Martindale ruhte. O Gott, dachte sie. Sie konnte an nichts anderes denken, als dort hinein-zuschlüpfen und ihm einen Kuss zu geben ... oder vielleicht auch mehr. Was machte diesen Kerl so unwiderstehlich attraktiv? Seine übernatürlichen Silberlocken? Sein knackiger Hintern? Oder die bloße Macht, die aus allen Poren seines Körpers zu quellen schien? Sie klopfte zweimal an eine abgesperrte Tür, führte ihre Magnetkarte durch den Schlitz und betrat die Privatkabine im Heck des USAF-Transporters C-32A, einer modifizierten VIP-Version des Verkehrsflugzeugs Boeing 757. In diese Kabine führte ein Gang auf der linken Seite des Flugzeugs, an dem auf der rechten Seite zwei schalldichte Schlafkabinen lagen. Dahinter befand sich ein Arbeitsraum mit einem großen halbkreisförmigen Schreibtisch, einem Konferenzbereich für acht Personen mit einem Tisch und Laptop-Anschlüssen, einem weiteren Schreibtisch auf der rechten Seite und Computern und Bürogeräten in verglasten schalldichten Regalen. Zwei Assistenten arbeiteten an ihren Computern; hinter ihnen schrieb auch Maureen Hershel etwas auf ihrem Laptop.
Sie sah auf und registrierte Meilings besorgten
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