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Brown, Dale - Phantomjäger

Titel: Brown, Dale - Phantomjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dale Brown
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Tu-204 verantwortlichen OMON-Offizierin begrüßt und rasch in die allein für ihn reservierte hintere VIP-Kabine begleitet.
    Sobald Senkow in seinem bequemen Sessel saß und die Lehne für den Start in senkrechte Position gebracht hatte, wandte er sich an seinen Stabschef: »General Grislows Aufenthaltsort?«, fragte er.
    »Vor zehn Minuten noch in seiner Wohnung«, antwortete der Stabschef mit einem Blick auf sein Notebook. »Er hat lediglich vier Telefongespräche geführt – alle mit Mitarbeitern seiner Dienststelle, Routinegespräche. Computer oder Handy hat er nicht benutzt. Seine Mitarbeiter haben viel telefoniert, aber alle Angerufenen sind ermittelt und die Gespräche überwacht worden. Nichts Ungewöhnliches.«
    Wenn er einen Staatsstreich plant, dachte Senkow, bereitet er ihn sehr, sehr leise vor. »Weiß er von meinem Flug?«
    »Falls er davon weiß, Herr Präsident, hat er mit niemandem geredet, den man als ungewöhnlich oder verdächtig einstufen müsste«, sagte sein Stabschef. »Verteidigungsminister Bukajow ruft General Grislow morgen um acht Uhr an und teilt ihm mit, dass der Präsident zu einem Gipfeltreffen nach Island geflogen ist.«
    »Alle übrigen Minister halten sich an ihre Terminpläne?«
    »Ja, Herr Präsident.«
    Zum ersten Mal seit der Abfahrt aus dem Kreml konnte Walentin Senkow wieder erleichtert aufatmen. General Grislow war offenbar zu sehr mit seinen Invasionsplänen beschäftigt, um an einen Staatsstreich zu denken oder sich Sorgen wegen einer plötzlich angesetzten Reise des Präsidenten zu machen. Obwohl es vermutlich nicht ratsam war, Moskau so kurz vor dem sich anbahnenden Machtkampf mit Grislow zu verlassen, vertraute Senkow darauf, nach dem Gipfeltreffen mit Thomas Thom als Friedensbewahrer zu gelten, während Grislow als gefährlicher und unberechenbarer Berserker dastehen würde. War Thorn clever und gut informiert, würde er seinen russischen Gesprächspartner als gleichberechtigt behandeln; so würde Senkow die Duma und das Volk auf seine Seite ziehen können und eine Chance haben, diese Krise zu bewältigen.
    Dass der Präsident an Bord des Flugzeugs war, wurde erstmals erkennbar, als mehrere Fahrzeuge mit eingeschalteten Blinkleuchten die Tu-204 zur Startbahn begleiteten. Senkow fühlte sich nervös und verwundbar – er wünschte sich, die Begleitfahrzeuge würden zurückbleiben, damit das VIPFlugzeug eine Chance hatte, zwischen all den Verkehrsmaschinen zu verschwinden. Aber die Tu-204 war ein großes Flugzeug, von dem nur vier Exemplare existierten, die alle das Wort RUSSLAND in großen roten Lettern auf dem Rumpf und das Siegel des Präsidenten am Leitwerk trugen. Sie war an sich schon auffällig genug, auch wenn sie nicht von einem halben Dutzend Fahrzeugen mit eingeschalteten Blinkleuchten eskortiert wurde. Aber bevor er sich’s versah, war die riesige zweistrahlige Maschine gestartet und flog nach Nordwesten, um auf einer Großkreisroute nach Island zu gelangen.
    Nun konnte Senkow sich entspannen. Er kippte die Sessellehne nach hinten, klingelte nach dem Steward und bestellte ein Glas eiskalten Wodka und Toasthäppchen mit Kaviar, die wenige Minuten später serviert wurden. In der Zwischenzeit schaltete er sein Notebook ein, las die eingegangenen E-Mails und rief die neuesten Geheimdienstmeldungen und Tätigkeitsberichte seiner Minister auf. Die Hektik der vergangenen Tage schien sich etwas gelegt zu haben. Auch die Mobilmachung von Grislows Luftstreitkräften schien etwas ins Stocken geraten zu sein. Alles wirkte ganz normal – keine Geheimtreffen, keine Evakuierungen, kein Ansturm auf Banken.
    Grislow konnte ihm noch viele Knüppel zwischen die Beine werfen, sagte Senkow sich, während er seinen Wodka schlürfte, aber im Augenblick schien in Moskau alles seinen gewohnten Trott zu gehen. Er spürte eine gewisse Spannung in der Luft, aber der Siedepunkt war offenbar noch nicht erreicht. Deshalb erschien Island ihm als umso verlockenderer Aufenthaltsort.
    Senkow lockerte die Krawatte, streifte seine Schuhe ab, stellte einen via Satellit übertragenen westlichen Nachrichtensender ein und knabberte Toasthäppchen mit Kaviar – von Zuchtstören, hoffte er, nicht der Mist, der noch aus dem Kaspischen Meer geholt wurde. Er sah auf den großen Bildschirm an der Wand, der ihre Position darstellte sowie Flughöhe und -geschwindigkeit, Weltzeit und voraussichtliche Ankunftszeit anzeigte. Sie hatten jetzt Kurs auf den Finnischen Meerbusen, über dem sie den russischen

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