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Brown, Dale - Phantomjäger

Titel: Brown, Dale - Phantomjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dale Brown
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an der Zwischenwand mit einem Stück Draht befestigten Toilettenpapierhalter – angeblich das einzige Stück Holz, das irgendein russisches Kampfflugzeug an Bord hatte.
    Das Abteil der Systemoffiziere war düster, aber geräumig – auf Langstreckenflügen bot es sogar Platz für Liegestühle und Kühlschränke, die aber diesmal nicht an Bord waren. »Wie sieht’s aus, Major?«, fragte Grislow quer durch den Raum.
    »Sehr gut, General«, meldete Major Boris Alexandrowitsch Bolkeim, der Navigator/Bombenschütze. Er stieß den Abwehroffizier an, der hastig seinen Schleudersitz sicherte und seine Gurte zu lösen begann, um Grislow seinen Platz zu überlassen. Der General winkte jedoch ab und nahm stattdessen auf dem Klappsitz zwischen den beiden Platz. »Zwanzig Minuten bis zum Ausgangspunkt. Das System arbeitet einwandfrei.«
    »Irgendwelche Warnungen über Funk, Hauptmann?« »Keine, General«, berichtete Hauptmann Michail Grigorjewitsch Ossipow, der Abwehroffizier. »Auf allen bekannten Kanälen herrscht Schweigen. Das überrascht mich etwas.« »Es bedeutet hoffentlich, dass jeder seine Pflicht getan hat«, sagte Grislow. Bolkeim bot ihm eine russische Zigarette an, aber der Generalstabschef zog eine Schachtel Marlboro heraus, bot diese an und ließ sich Feuer geben. Während die drei rauchten, sprachen sie über den bevorstehenden Einsatz, das Militär, ihre Familien daheim. Genau wie in der guten alten Zeit, dachte Grislow – man machte eine Pause, bevor der Angriff losging, und plauderte dabei über alles Mögliche und nichts Spezielles. Dies war der Teil seines Berufs, den er wirklich genoss: mit der Truppe im Einsatz zu sein, etwas Spaß zu haben und gleichzeitig einen Kampfauftrag zu erfüllen. Gewiss, er zeigte dabei auch seine Generalssterne her, aber das war nicht der Hauptgrund für solche Unterneh mungen.
    Dies war keine besonders gute Zeit, Chef des Generalstabs zu sein. Anatolij Grislow hatte das Pech gehabt, Nachfolger des geschassten und zu einer Haftstrafe verurteilten Waleri Schurbenko zu werden, der als Komplize des russischen Gangsters Pawel Kasakow versucht hatte, mehrere Balkanstaaten dazu zu zwingen, Kasakow den Bau einer Pipeline durch ihr Gebiet zu gestatten. Grislow war nur eine politisch zweckmäßige Wahl gewesen: Er war ein mit hohen Orden ausgezeichneter und fähiger, aber völlig unpolitischer Luftwaffenoffizier – genau der Mann, den die Duma sich wünschte.
    Leider bedeutete das auch, dass er im Kreml keine Freunde hatte und in Staatspräsident Walentin Gennadijewitsch Senkow keinen Freund besaß. Bisher hatte das noch keinen großen Unterschied gemacht. Senkow war abgetaucht und hatte Angst, seine Nase aus dem Kreml zu stecken, weil er fürchtete, irgendein eifriger – oder neidischer – Politiker könnte sie ihm abbeißen. In Moskau stagnierte heutzutage alles. Es gab kein Geld, um irgendwas zu tun – was den meisten Leuten nur recht war, weil ohnehin niemand den Wunsch hatte, etwas Besonderes zu unternehmen. Aber Grislow, ein ehemaliger Bomberpilot, Testpilot und Kosmonaut, wollte mehr. Seine sportliche Gestalt strahlte Energie aus, aber er sah den größten Teil dieser Energie wirkungslos verpuffen.
    Ein perfektes Beispiel für Mangel an russischer Durchsetzungskraft: Tschetschenien. Obwohl Moskau der kleinen Republik in Südrussland, zwischen Schwarzem Meer und Kaspischem Meer, schon beschränkte Autonomie gewährt hatte, besaßen die dortigen muslimischen Separatisten weiterhin beträchtliche Macht und verübten in ganz Russland, besonders jedoch in der benachbarten Republik Dagestan, weiter Terroranschläge. Offen unterstützt wurden die Separatisten von der muslimischen Regierung Aserbeidschans, die ihrerseits vom Iran und der Türkei finanzielle Unterstützung erhielt.
    Dabei war Tschetschenien noch immer eine russische Provinz, verdammt noch mal. Und ganz Tschetschenien hatte nur eineinviertel Millionen Einwohner, darunter zwanzig Prozent Russen, von denen die meisten in den Städten Grosny und Gudermes lebten, und besaß außer den fruchtbaren Gebieten im Osten des Landes nur sehr wenige Ressourcen. Also musste es ganz leicht sein, dachte Grislow, den Aufstand der tschetschenischen Rebellen niederzuschlagen, selbst wenn sie noch so viel Unterstützung aus dem Ausland erhielten. Aber der Süden der Provinz war sehr unwegsam, so dass es für Guerillas und Terroristen ein Leichtes war, nach Dagestan oder in die ehemalige Sowjetrepublik Georgien auszuweichen.
    Deshalb

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