Brown, Dale - Schattenpilot
hatte.
Roma konnte kaum glauben, was er hörte.
Die Katastrophenmeldungen gingen jedoch weiter. Drei Begleitschiffe des Flugzeugträgers, zwei Fregatten und ein 50000 BRT großes Versorgungsschiff mit 150000 Barrel Öl an Bord, waren durch die Explosion gekentert und gesunken, wobei weitere 460 Männer und Frauen umgekommen waren. Auch zwei Lenkwaffenkreuzer hatten schwere Schäden erlitten und meldeten Hunderte von Toten und Verletzten an Bord. Und in näherer Umgebung waren mehrere zivile Boote und kleinere Schiffe gesunken. Die Sprengkraft der Detonation wurde auf zehn Kilotonnen TNT geschätzt.
Der japanische Ministerpräsident Kasumi Nagai machte für den Unfall sofort die Vereinigten Staaten verantwortlich und unterstellte, die Independence habe Kernwaffen an Bord gehabt, von denen eine detoniert sei, als ein Frachtflugzeug C-2 Greyhound eine Bruchlandung auf dem Flugzeugträger gemacht habe. Präsident Kevin Martindale wandte sich über Rundfunk und Fernsehen an die amerikanische Bevölkerung, berichtete von dem Unfall und stellte nachdrücklich fest, kein amerikanisches Kriegsschiff in japanischen Häfen habe Kernwaffen an Bord. Aber seine Beteuerungen schienen weltweit auf taube Ohren zu stoßen.
Auf massiven Druck Nagais ordnete der japanische Reichstag die sofortige Schließung aller US-Militärstützpunkte an und verfügte, kein amerikanisches Schiff dürfe auslaufen, bevor es von Fachleuten der japanischen Atomenergiebehörde und der japanischen Selbstverteidigungsstreitkräfte inspiziert worden sei. In Japan war erneut ein Kernsprengsatz detoniert, und die anklagenden Blicke aller richteten sich auf Amerika. Südkorea, Singapur, Malaysia, Indonesien, Australien und Neuseeland schlössen sich den vorbeugenden Maßnahmen Japans sofort an: Kein amerikanisches Kriegsschiff durfte mehr in ihre Hoheitsgewässer einfahren, und die Schiffe, die sich dort bereits befanden, durften sie erst verlassen, wenn durch eine Inspektion sichergestellt war, dass sie keine Atomwaffen an Bord hatten.
Die Volksrepublik China ging einen Schritt weiter und erklärte eine Hundertmeilenzone vor ihrer Küste zum Sperrgebiet für amerikanische Kriegsschiffe. Die Chinesen wussten, dass das Ziel der Independence die Formosastraße gewesen war, und unterstellten, die Vereinigten Staaten wollten die Angriffe auf die Fregatten Duncan und James Daniel als Vorwand für einen präventiven Atomschlag gegen China benutzen. Alle US-Kriegsschiffe mussten die Sperrzone binnen vierundzwanzig Stunden verlassen, sonst würden sie ohne Warnung angegriffen werden. Anschließend gab China die Position und sogar die Namen der vier amerikanischen U-Boote bekannt, darunter zwei Boote mit ballistischen Raketen, die in der Formosastraße und dem Südchinesischen Meer kreuzten und äußerte die Vermutung, möglicherweise stünden im Pazifik bis zu zehn weitere U-- Boote zum Angriff auf die Volksrepublik China bereit.
Binnen weniger Stunden war praktisch der gesamte Pazifik zum Sperrgebiet für die U.S. Navy erklärt worden.
Joe Roma hielt das alles für Bockmist. Erstens wusste er, dass die Schiffe der U.S. Navy mit Ausnahme einiger Raketen-U-Boote ihre Kernwaffen schon vor Jahren von Bord gegeben hatten - genau wie die Bomber seit 1991 nicht mehr mit Atomwaffen flogen. Und nichts, was er in letzter Zeit bei Besprechungen gehört hatte, ließ den Schluss zu, diese Politik könnte wegen der jüngsten Zwischenfälle um Taiwan aufgegeben worden sein. Natürlich war es denkbar, dass der Präsident seine Meinung geändert und die Wiederbewaffnung von Hunderten von Überwassereinheiten in weniger als einem Monat befohlen hatte, aber das hielt Roma für sehr unwahrscheinlich.
Zweitens detonierten Kernsprengsätze selbst bei gröbster Behandlung nicht einfach von selbst. Roma verstand genug vom Innenleben moderner Atomwaffen, um zu wissen, dass viel mehr als eine Bruchlandung nötig gewesen wäre, um selbst einen scharf gestellten und einsatzbereiten Kernsprengstoff hochgehen zu lassen. Atomwaffen funktionierten nur, wenn Dutzende von Parametern erfüllt waren; war dies auch bei nur einem nicht der Fall oder wurde die Waffe minimal beschädigt, detonierte sie einfach nicht. Bei einem Unfall oder durch mechanisches Versagen konnte es zu einer nicht-atomaren Detonation kommen, bei der Radioaktivität freigesetzt wurde, aber selbst eine scharf gestellte beschädigte Waffe konnte niemals ihre volle Sprengkraft entwickeln.
Die Konsequenz daraus: Der
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