Brown, Dale - Schattenpilot
bestätigt waren, war die zweite Rakete, die über die entmilitarisierte Zone nach Norden flog, schon außer Reichweite. Die erste Rakete wurde verfolgt und von vier Luftabwehrstellungen angegriffen, die nacheinander je zwei Fla-Raketen Patriot abschössen.
Gleich die beiden ersten trafen und zerlegten die Rakete M-9 in mehrere Teile. Die anderen Patriot-Batterien schössen weiter auf größere Teile der chinesischen Rakete - insgesamt wurden acht Patriot abgeschossen und zerlegten die bei fünfundvierzig Zentimeter Durchmesser neun Meter lange M-9 in koffergroße Stücke. Eine Patriot traf ihren Kernsprengkopf, wobei der hochexplosive Zünder detonierte und radioaktives Material über Inschon und die mittlere Westküste verstreute, aber es kam zu keiner Atomexplosion.
Die Luftwaffe der nordkoreanischen Volksarmee entdeckte die zweite M-9 erst, nachdem sie die Küste überflogen hatte und sich mitten über der Halbinsel befand. Die festen Luftverteidigungsstellungen mit SA-2 und SA-3 m Kaesong und eine mobile SA-j-Batterie bei Dosan waren die einzigen Einheiten, die versuchen konnten, eine M-9 abzuschießen, aber diese Fla-Raketen älterer Bauart waren nicht dafür konstruiert, etwas so Kleines und Schnelles wie eine ballistische Rakete vom Himmel zu holen. Die chinesische M-9 flog ungehindert weiter... und zündete ihren Gefechtskopf in sechstausend Meter Höhe über dem großen Militärstützpunkt* Wonsan an der mittleren Ostküste Nordkoreas.
Da der Gefechtskopf eine Sprengkraft von zwanzig Kilotonnen TNT besaß, war die Wirkung der Detonation vernichtend, obwohl die Rakete ihre vorprogrammierten Zielkoordinaten um zweieinhalb Kilometer verfehlte. Die Atomexplosion machte den Südostteil der Stadt dem Erdboden gleich, zerstörte die Hälfte der oberirdischen Gebäude und Einrichtungen des Verteidigungsbezirks Süd der Volksarmee, richtete im Flottenkommando Ost schwere Schäden an und beschädigte Kriegsschiffe und U-Boote an ihren Liegeplätzen in der Yonghungbucht. Obwohl die Stadt Wonsan wegen des Zielfehlers der Rakete M-9 nur teilweise im Detonationsbereich lag, wurden in dieser Nacht in Sekundenschnelle fast zwanzigtausend Zivilisten getötet oder verwundet, und die Zahl der Soldaten und ihrer Angehörigen, die in militärischen Einrichtungen den Tod fanden, ging ebenfalls in die Tausende.
Sun Ji Guoming suchte alle Funkfrequenzen nach Meldungen über die Folgen seines vernichtenden Angriffs ab, aber die Atmosphäre war nach der Atomexplosion im Umkreis von Hunderten von Kilometern so aufgeladen, dass überall nur atmosphärische Störungen zu hören waren. Der Admiral konnte mit niemandem reden, bis die H-/ den Golf von Chihli überquert und bei Tianjin, kaum hundert Kilometer von Peking entfernt, die chinesische Küste überflogen hatte. Macht nichts, sagte er sich. Jetzt ist der Krieg nicht mehr aufzuhalten.
Schon bald, das wusste Sun, würde China die Schlüssel zu Formosa, seiner dreiundzwanzigsten Provinz, von einer Welt erhalten, die darum beten würde, dass die Bombenund Raketenangriffe und die nuklearen Verwüstungen endlich aufhören würden. Die Welt würde bald erkennen, dass die vollständige Wiedervereinigung Chinas nicht mehr aufzuhalten war.
Kommandozentrale des U.S. Strategie Command, Offutt Air Force Base, Bellevue, Nebraska
Samstag, 21. Juni 1997, 16.01 Uhr Ortszeit
(17.01 Uhr Ostküstenzeit)
»Die Invasion Taiwans scheint im Gange zu sein«, stellte der Nachrichtenoffizier nüchtern fest. Wäre das Thema nicht so ernst gewesen, hätten einige der vor ihm Versammelten vielleicht über das ironische Understatement seiner Aussage gelacht. Schließlich wurde nicht nur Taiwan angegriffen, sondern die Stabilität ganz Asiens schien zu zerbröckeln.
»Die Chinesen sind überall in Bewegung«, fuhr der Nachrichtenoffizier fort. Er stand in der Kommandozentrale des U.S. Strategie Command, die mitten in Nebraska zehn Meter unter der Offutt Air Force Base lag, auf dem Podium am Rednerpult. »Sie haben an der Xiamenbucht bei Amoy, Liuwadian, Shijing, Dongshi und Weitou mindestens drei Divisionen zusammengezogen. Von diesen und anderen Orten aus sind sie dabei, die Nordküste Quemoys mit Artillerie und Raketen sturmreif zu schießen. Dafür setzen sie entlang der Bucht dreihundert Raketenwerfer, zweihundertzwanzig Batterien und mindestens sechzig Abschussrampen für ballistische Kurzstreckenraketen ein. Der Nachschub kommt hauptsächlich mit der Bahn und per Lastwagen.«
»Wie steht's mit
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