Brown, Dale - Schattenpilot
sein. Die Japaner verwenden sogar kilometerlange Treibnetze.«
»Unmöglich - kein Nylonnetz kann ein siebentausend Tonnen schweres U-Boot aufhalten«, behauptete der Kapitän. »Was hat außerdem ein Treibnetz mitten in einer Meerenge zu suchen? Wer würde... ?« Der Skipper merkte, dass seine Frage sich von selbst beantwortete: Die Iraner waren auf der Jagd nach amerikanischen U-- Booten. »Die Taucher sollen sich bereit machen, damit sie notfalls Hilfe leisten können. Unser Heck scheint frei zu sein - vielleicht kommen wir rückwärts wieder frei. Zurück ganz langsame Fahrt!«
Aber dieser Befehl kam zu spät. Als die Miami versuchte, sich aus dem Netz zu befreien, sank es noch schneller herab und bedeckte wenig später auch Heckruder und Schraube. »Verdammt, das Netz ist in die Schraube geraten«, murmelte der Kapitän.
»Damit ist das Netz erledigt, Sir«, behauptete der Steuermann. »Unsere Schraube könnte sogar ein Netz aus Stahlseilen zerreißen.« Aber er hatte sich getäuscht. Das schwarze Netz riss nicht, sondern wickelte sich einfach um die Schraubenblätter.
»Was zum Teufel... Maschine stopp !«, befahl der Kapitän. »Woraus besteht dieses verdammte Netz? Voraus ganz langsame Fahrt! Mal sehen, ob wir das Netz abschütteln können.« Aber es hatte sich bereits völlig um die Schraube der Miami gewickelt. »Scheiße... okay, dann schicken wir eben die Taucher raus«, sagte der Skipper. »Sobald die Schraube wieder frei ist, gehen wir so tief wie möglich und versuchen, nach Norden unter dem Netz durchzuschlüpfen.« Er drückte auf die Sprechtaste der Bordsprechanlage. »Alle Mann herhören, hier spricht der Kapitän. Wir sind offenbar in ein großes Treibnetz geraten. Stabsbootsmann in den Ruderraum, Bergungstaucher machen sich einsatzbereit.«
»Zentrale, Sonar, schnelle Schrauben, Peilung drei-zwo-null, Entfernung achttausend, rasch abnehmend. Großes Schnellboot oder kleine Korvette oder Fregatte. Außerdem orte ich einen tief anfliegenden Hubschrauber.« Sekunden später hörten sie das erste Ping\ einer nur wenige hundert Meter von ihnen entfernt eingesetzten aktiven Sonarboje - die Jagd nach dem gefangenen U-Boot hatte begonnen. Die nächsten Sonarbojen waren viel näher und bewiesen, dass die Miami präzise geortet war. Zu dem ersten Schnellboot kamen jetzt weitere, die aus verschiedenen Richtungen auf ihre Position zuliefen.
Der Skipper der Miami schüttelte erstaunt den Kopf. Dies war also kein unglücklicher Zufall, sondern eine bewusst gestellte Falle gewesen. Die Iraner hatten das Fahrwasser hinter ihrem U-Boot Taregh mit einem unzerreißbaren Netz abgesperrt und so ein amerikanisches U-Boot gefangen.
»Die Scheißkerle haben uns gefunden«, sagte der Skipper. Er drückte auf eine andere Sprechtaste. »Nachrichtenraum, Kapitän. Antennenboje hochschicken und sofort einen Notruf senden!«
Die Boje mit der Satellitenantenne hatte die Oberfläche erreicht und etwa drei Minuten lang gesendet, als die erste von der iranischen Korvette geworfene Wasserbombe über dem gefangenen amerikanischen U-Boot ins Meer klatschte.
Verteidigungsministerium, Peking
Mittwoch, 25. Juni 1997, 03.01 Uhr Ortszeit
(Dienstag, 24. Juni, 14.01 Uhr Ostküstenzeit)
Die Szenen auf dem Großbildschirm ließen die Mitglieder des Zentralen Militärausschusses in lauten Jubel und untypisch lauten Beifall ausbrechen. Die Nachrichtensendung »Early Prime« des amerikanischen Senders CNN - seit dem Ausbruch des Konflikts mit Taiwan waren praktisch alle Fernseher des Gebäudes Tag und Nacht auf CNN eingestellt - begann mit Videoaufnahmen der iranischen Marine aus der Straße von Hormus südlich von Bandar-Abbas. Sie zeigten ein aufgetauchtes amerikanisches Atom-U-Boot, das sich bei einem Spionageauftrag vor Bandar-Abbas in einem riesigen Netz verfangen hatte. Iranische Kriegsschiffe umringten die USS Miami, deren Besatzung sich nach schweren Wasserbombenangriffen hatte ergeben müssen und jetzt mit hinter dem Kopf gehaltenen Händen an Deck ihres aufgebrachten U-Boots kniete.
Am stolzesten von allen war Admiral Sun Ji Guoming. Nach den erfolgreichen Luftangriffen auf Formosa - und geheimen Raketenangriffen auf Nordund Südkorea, von denen nur Präsident Jiang Zemin und seine engsten Berater wussten -, war er als siegreicher Held nach Peking zurückgekehrt, um dort von dem Obersten Führer und dem gesamten Politbüro der KPCH belobigt zu werden. Aber dieser neueste Triumph - die beschämende Aufbringung eines
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