Brown Sandra
unbehaglich gefühlt, doch sie antwortete gleichgültig: »Es gibt nichts, weswegen ich mich schuldig fühlen müßte.«
»Noch nicht«, sagte Donna Dee.
Jade seufzte. »Ich hab ’s gewußt. Ich hätte dir nie erzählen dürfen, daß Gary und ich darüber gesprochen haben.«
»Oh, wie schlimm!« rief Donna Dee. »Seit drei Jahren geht ihr jetzt miteinander. Die ganze Welt glaubt, daß ihr’s schon tausendmal getrieben habt.«
Jade biß sich auf die Unterlippe. »Meine Mutter auch. Vorhin haben wir uns deswegen gestritten, bevor Gary mich abgeholt hat.«
»Und?« Donna Dee borgte sich den Lippenstift aus der Handtasche ihrer Freundin und legte ihn auf. »Du streitest dich doch andauernd mit deiner Mom. Ich sag’s ungern, Jade, aber deine Mom ist wirklich ’ne alte Hexe.«
»Sie will einfach nicht kapieren, daß ich Gary liebe.«
»Sicher kapiert sie’s. Das ist ja das Problem. Sie will nicht, daß du ihn liebst. Sie glaubt, du kannst’ne bessere Partie machen.«
»Es gibt keinen Besseren.«
»Du weißt, wie ich’s meine.« Donna Dee kramte weiter in Jades Tasche. »Sie will dich mit jemandem verkuppeln, der reich ist, der Einfluß hat– zum Beispiel mit Neal Patchett.«
Jade schüttelte sich angewidert. »Keine Chance.«
»Was glaubst du– hat er echt Florene auf dem ValentinesTanz angegrapscht? Oder hat sie nur angegeben? Sie prahlt manchmal ganz schön rum.«
»Ich finde nicht, daß von Neal Patchett angegrapscht zu werden was zum Prahlen ist.«
»Tja, das findest aber auch nur du.«
»Ja, zum Glück.«
»Neal sieht echt klasse aus«, meinte Donna Dee.
»Ich kann ihn nicht ausstehen. Sieh ihn dir an! Er findet sich ungeheuer cool.«
Die beiden Mädchen beobachteten, wie Neal und seine Freunde Gary einkreisten, der in der Schlange vor der Ausgabe stand. Neal boxte Gary ein paarmal gegen die Schulter, und als Gary ihm sagte, er solle damit aufhören, ging Neal in Kampfposition.
»Er ist so ekelig«, sagte Jade mit Abscheu in der Stimme.
»Stimmt. Ich wünschte, Hutch würde sich nicht so an ihn hängen.«
Es war kein Geheimnis, daß Donna Dee sich schrecklich in Hutch Jolly verliebt hatte. Sie trug ihr Herz auf der Zunge. Insgeheim fand Jade, daß Hutch sich wie ein Trampel aufführte und auch so aussah, doch das würde sie Donna Dee gegenüber nie zugeben, weil sie die Gefühle ihrer Freundin nicht verletzen wollte.
Sie hatte Donna Dee auch nie erzählt, daß Hutch sie schon unzählige Male angerufen und gefragt hatte, ob sie mit ihm ausginge. Jade hatte wegen Gary immer abgelehnt, doch selbst wenn sie keinen festen Freund gehabt hätte, wäre sie nie mit Hutch ausgegangen. Allein schon wegen Donna Dee.
»Du kannst Hutch nicht leiden, stimmt’s, Jade?« fragte Donna Dee.
»Natürlich kann ich ihn leiden.« Die Wahrheit war, daß Jade sich in seiner Gegenwart unbehaglich fühlte. Sie hatten zusammen einen Trigonometrie-Kurs, und sie ertappte ihn oft dabei, wie er sie anstarrte. Wenn sich ihre Blicke dann trafen, errötete Hutch erst bis zu den Sommersprossen, um gleich darauf möglichst arrogant dreinzuschauen und die peinliche Situation zu kaschieren.
»Was soll an ihm so schlecht sein?« Donna Dee ging in die Defensive.
»Gar nichts. Ehrlich. Nichts, außer der Gesellschaft, mit der er sich abgibt.«
»Meinst du, er lädt mich zum Schülerball ein? Ich sterbe, wenn er’s nicht tut.«
»Du stirbst nicht«, entgegnete Jade müde. Donna Dee reagierte so geknickt auf Jades Gleichgültigkeit, daß diese sofort einlenkte. »Tut mir leid, Donna Dee. Natürlich hoffe ich für dich, daß er dich fragt. Wirklich, ganz echt.«
Für Jade war der Oberstufen-Ball im Mai schon jetzt langweilig und albern. Er stellte lediglich eine weitere Verzögerung für sie und Gary dar, mit ihrem eigenen Leben voranzukommen. Vielleicht war sie aber auch nur deshalb nicht aufgeregt, weil ihr Partner bereits feststand. Anders als Donna Dee, brauchte sie die Erniedrigung nicht zu fürchten, an diesem bedeutsamen Abend ohne Begleitung dastehen zu müssen.
»Ich wüßte nicht, wen Hutch sonst fragen würde– du etwa?« fragte Donna Dee besorgt.
»Nein, ich wüßte auch niemanden.« Jade sah auf ihre Armbanduhr. »Wieso dauert das denn solange? Ich muß um zehn zu Hause sein, meine Mutter macht mir sonst die Hölle heiß.«
»Vergiß nicht, ihr braucht auch ein wenig Zeit zum Parken …« Donna Dee sah ihre Freundin an und flüsterte: »Wenn du mit Gary fummelst, bist du dann so angeturnt, daß du’s kaum aushältst?«
»Ja«, gab
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