Bruce: Die Springsteen-Biografie (German Edition)
der Küstenhighways von New Jersey erzählt ein Streetracer Bruce’ Geschichte: von einem selbstgebauten Flitzer namens Challenger, von Tinker West und seiner Surfbrettfabrik, in der Bruce einst mit seinen Kumpels von Steel Mill gelebt und gearbeitet hatte, von bekannten Straßen und Fabriken, einer hart arbeitenden Rockband auf der Suche nach »that million-dollar sound«, dem Highway 9 und sogar der Thunder Road, jener verlockenden Straße, die einen zu all den Orten führt, die auf Born to Run beschrieben werden. Von den naiven Träumen des letzten Albums ist in »The Promise« nichts mehr zu spüren. Zu guter Letzt sieht sich der Streetracer selbst als Geist, der durch eine Wüste schwebt, die so leer ist wie seine eigene Seele: »When the promise is broken you go on living, though it steals something from down in your soul/Like when the truth is spoken, and it don’t make no difference/Something in your heart grows cold.«
Eine frühe Version von »The Promise« spielte Bruce auf einem Konzert im Monmouth Arts Center in Red Bank am 3. August 1976. Während der anschließenden neunmonatigen Tournee, die unter dem Namen »Lawsuit Tour« lief, wurde der Song zu einem festen Bestandteil der Setlist, wobei Bruce immer weiter an ihm herumfeilte. Die Fans waren von »The Promise« auf Anhieb begeistert, und er avancierte schnell zu einem ihrer absoluten Favoriten. Ebenso wie »Something in the Night« – eine weitere Ballade über ein paar Träumer, die zu spät erkennen, dass die Verwirklichung der eigenen Träume manchmal das Schlimmste ist, was einem passieren kann – zeigt »The Promise« deutlich, wohin Bruce’ Reise ging. Zum emotionalen Höhepunkt des Abends kam es allerdings meist erst im Verlauf von »Backstreets«, und zwar an der Stelle, an der Bruce mit einem leisen Sprechgesang von der letzten Strophe zum triumphalen Ende des Songs überleitet. Besonders eindrucksvoll geriet diese Überleitung bei einem Konzert im New Yorker Palladium am 4. November 1976. Bis auf Bittans Klavier und die Klänge von Federicis Glockenspiel schweigen alle Instrumente; Bruce steht alleine im Scheinwerferlicht und spricht mehr als er singt, zunächst sehr sanft:
It was me and you, baby. It was me and you, baby. I remember, I remember the night when you promised. Yes, I remember, I remember the night. I remember you promised … You swore that we … that it was me and you. You promised it was me and you. I knew we would. You promised it was me and you. 3
An dieser Stelle hält er für einen Moment inne, dann gibt er einen gellenden Klagelaut von sich und Federicis verspielte Glockenklänge weichen allmählich einem weihnachtlichen Glockengeläut.
We swore. I remember it was … I remember the night. We said that when the kings rang the bell … We said when it was midnight and when they rang … We said when the kings … when the kings rang the bells we both promised. When the kings rang the bells … we swore. We swore. We swore. We swore. We said we’d go! 4
Jetzt setzt auch das Klavier wieder ein. Langsam werden die Instrumente lauter, ebenso wie Bruce’ Stimme, die immer wütender klingt.
You said … you said we’d go! … We said we go. And the bells were ringing! And the kings rang the bells! You said we’d go. You promised. You promised. And you lied. You lied! You lied! You lied! You lied! 5
An dieser Stelle streckt Bruce eine verschwitzte Hand in die Luft, Weinberg macht einen Rahmenschlag, und mit einem Mal ist die gesamte Band wieder da und steuert auf den finalen Höhepunkt des Songs zu: »Hidin’ in the backstreets, hidin’ in the backstreets …«
Jedes Wort, jeder beschwörende Satz, jeder empörte Aufschrei bestätigte, was die Anwälte und die leitenden Angestellten bei der Plattenfirma längst vermuteten: Bei dem Streit zwischen Bruce und Appel ging es nicht um Geld. Die Anschuldigungen wegen Betrugs und Vertragsverletzungen waren nur juristische Manifestation eines viel tiefer reichenden, seelisch-emotionalen Zerwürfnisses. »Da waren zwei Men schen, die gewissermaßen miteinander verheiratet waren, die füreinander und zusammen Mauern niedergerissen hatten«, räsoniert David Benjamin. 6 »Und es war eine großartige Partnerschaft, so lange sie funktionierte.« Aber wie bei vielen Ehen, die in jungen Jahren geschlossen werden, geriet einer der beiden unter den Einfluss eines Dritten. »Wissen Sie, ich habe selbst eine Scheidung hinter mir. Ich weiß, wovon ich rede«, sagt Benjamin. »Mike
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