Bruce: Die Springsteen-Biografie (German Edition)
war wichtig, er war der erste Verbündete. Doch Jon hat Bruce an Dinge herangeführt, die Mike ihm vermutlich nie hätte zeigen können. Und wenn sich einer der beiden Partner in jemand anderen verliebt, dann ist der Schmerz umso größer.«
Während der Leerlaufphasen zwischen den Konzerten und den Auftritten vor Gericht verbrachte Bruce seine Zeit mit seiner neuen Freundin Joy Hannan, einer herrlich sorglosen Collegeabsolventin aus Little Silver, New Jersey. Die beiden hatten sich auf der Tanzfläche des Stone Pony in Asbury Park kennengelernt. Bruce hatte sie ein paar Tage später ins Kino eingeladen, und was als Sommerromanze begann, entwickelte sich zu einer Beziehung, die über ein Jahr dauerte.
»Ich war eine Art bester Freund für ihn«, sagt Hannan. »Wir gingen zum Strand, hingen im Stone Pony ab, ich nahm ihn mit zum Segeln. Wir hatten viel Spaß miteinander.« Während sie in einem verrosteten weißen Pickup, den Bruce Supertruck nannte, durch New Jersey kurvten, sprachen sie über alles Mögliche, nur nicht über Bruce’ Karriere oder seinen Prozess. Trotzdem spielte Bruce’ Leidenschaft für die Musik immer eine wichtige Rolle. Wenn Hannan sich an ihre gemeinsame Zeit erinnert, hat sie ständig Tammy Wynettes »Stand by your Man« in den Ohren. »Wenn ihm ein Song gefiel, hörten wir ihn uns immer wieder an«, erzählt sie. Einmal spielte Bruce Wynettes Country-Klassiker – und zwar nur den – einen ganzen Monat lang in Endlosschleife. »Er liebte Country-Musik mit ihrem typischen Twang.« Wenn im Radio ein Song lief, der ihm gefiel, sang Bruce mit. Einmal fuhren sie durch Asbury Park, während es heftig schneite und im Radio eine Frank-Sinatra-Ballade gespielt wurde. Bruce hielt am Straßenrand, nahm seine Freundin bei der Hand und tanzte mit ihr auf der Straße und sang ihr ins Ohr, während die Schneeflocken im Lichtkegel der Straßenlaternen glitzerten.
Bruce war auch gerne mit den Jungs zusammen. Er ging mit ihnen ins Kino, Bier trinken, sich neue Bands ansehen oder ein bisschen jammte mit ihnen. Besonders wohl fühlte er sich im Stone Pony, einem relativ neuen Club an der Ocean Avenue in Asbury Park. Bei dem Besitzer, Jack Roig, hatte er einen Stein im Brett, seit er kurz nach der Veröffentlichung der Titelstorys in der Time und der Newsweek am Ende einer langen Schlange vor der Tür des Clubs stand und in seinen Taschen vergeblich nach drei Dollar für den Eintritt suchte. »Ich sagte: ›Bruce! Was zum Teufel machst du hier?‹«, erinnert sich Roig. »Er hatte tatsächlich kein Geld dabei. Kein Portemonnaie, keinen Ausweis, gar nichts!«
Bruce ließ sich bereitwillig von Roig einladen und an der Schlange vorbei in den Club führen. Anschließend gab ihm Roig ein Bier aus, setzte sich zu ihm und unterhielt sich mit ihm. Es dauerte nicht lange, bis das Pony für Bruce zu einem zweiten Wohnzimmer wurde. Er kam regelmäßig vorbei, trank den einen oder anderen Cocktail, und wenn an der Bar richtig viel Betrieb war, griff er den Barkeepern unter die Arme und mixte spaßeshalber mit. Bruce’ Cocktail-Erfahrung beschränkte sich jedoch aufs Trinken. Davon, wie man einen guten Drink mixte, hatte er keine Ahnung. Er kannte auch die Preise der Getränke nicht und ging infolgedessen beim Herausgeben des Wechselgelds recht eigenwillig vor. Er nahm, was die Kunden ihm gaben, ohne genau hinzusehen, und gab ihnen mitunter ganze Hände voll Wechselgeld zurück. »Ich bin mir sicher, dass ich an solchen Abenden ein Vermögen durch ihn verloren habe«, erklärt Roig. »Aber er machte einen so großen Spaß daraus, dass ich ihm einfach nicht böse sein konnte.«
Bruce’ Fahrstil war immer ziemlich unorthodox, egal ob er völlig betrunken oder stocknüchtern war. Rick Seguso wunderte sich daher nicht, als Bruce ihn eines Nachts anrief: Die Polizei hatte ihn in seinem Supertruck angehalten und kontrolliert, aber er hatte weder seinen Führerschein noch Fahrzeugpapiere dabei. Als er den Beamten erklärte, dass er Bruce Springsteen sei, rollten die nur mit den Augen, legten ihm Handschellen an und steckten ihn in eine Zelle. »Die glauben mir nicht, dass ich ich bin«, flüsterte Bruce in den Hörer. »Haben wir nicht irgendwo noch ein paar Exemplare von Born to Run rumliegen?« Seguso griff sich ein paar Platten, steckte Bruce’ Ausweis und seine Fahrzeugpapiere ein und machte sich auf den Weg zur Wache. Ein paar signierte Alben später entließ man Bruce mit einem Klaps auf die Schulter und dem gut
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