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Bruce: Die Springsteen-Biografie (German Edition)

Bruce: Die Springsteen-Biografie (German Edition)

Titel: Bruce: Die Springsteen-Biografie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ames Carlin
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einen‹-Geist einte uns noch immer.«
    Das Tourleben und die Opfer, die es ihnen abverlangte, schweißte die Musiker so eng zusammen, dass sie die Schwächen der anderen nicht nur bestens kannten, sondern sich auch mit ihnen arrangierten. Denn die Jungs sahen nicht nur aus wie langhaarige, überwiegend unrasierte Exzentriker, sie benahmen sich auch so. Man denke nur an den engelsgesichtigen Federici, der es faustdick hinter den Ohren hatte und immer für Eskapaden gut war. Tallent behielt seine Gedanken in der Regel für sich bis ihn irgendetwas dazu veranlasste, in den Tiefen seines unglaublichen Gedächtnisses zu kramen, in dem unfassbar viele Ereignisse und erstaunliche Details aus der Pop-, Rock-, Soul-und Country-Geschichte der letzten fünfundsiebzig Jahre abgespeichert waren. Lopez, der Probleme meistens auf seine sehr impulsive Art zu lösen versuchte, wurde infolge des Drucks, der Erschöpfung und der permanenten Geldknappheit auf Tour zunehmend selbst zu einem Problem. Der Drummer schien jede Gelegenheit zu einer Prügelei wahrzunehmen, um nicht zu sagen: Er provozierte viele selbst. Seinen Ruf als leicht erregbarer Schläger hatte er endgültig weg – wie er meint –, als Bruce ihn auf der Bühne »Mad Dog« zu nennen begann. Laut Bruce gab Lopez niemals klein bei. Nicht einmal gegenüber Clemons, in dessen Augen sich Lopez für Bruce’ wichtigsten Beschützer hielt und sich deshalb in ihrer Gemeinschaft als Erster unter Gleichen fühlte. Zwar gelang es der Gruppe vorerst sich zusammenzureißen, doch das Verhältnis zwischen den beiden Alphatieren war extrem angespannt.
    Wenn Bruce Sorgen hatte, machte er das in der Regel mit sich selbst aus. Ohnehin schon hin- und hergerissen zwischen der Loyalität gegenüber seinen Bandkollegen und seiner künstlerischen Unabhängigkeit, musste er sich jetzt auch noch Gedanken um den stetig wachsenden Apparat um ihn herum machen. Und wenn es ihm gelang, all das komplett auszublenden, kehrten seine Fantasien, Erinnerungen und Dämonen zurück, die ihn überhaupt erst zum Gitarrespielen gebracht hatten. Alle wussten, dass sie ihm Raum zum Atmen lassen mussten. Zumindest so lange, bis er sich etwas zu essen holte. Dann musste man unbedingt einschreiten.
    »Bruce ernährte sich immer noch wie ein Teenager, der sich seine gesamten Lebensmittel an der Tankstelle besorgt«, erzählt Albee Tellone. »Für ihn bestand eine nahrhafte Hauptmahlzeit aus Ring-Dings- und Devil-Dogs-Schokokuchen sowie einer Pepsi. Irgendwann sagten wir ihm: ›Junge, wirf diesen Fraß weg. Du musst was Richtiges essen: Ein Steak. Oder Fisch. Und Salat!‹« Erhob Bruce Einwände, dürfte ihn Clemons an einem Arm gepackt haben und Big Danny Gallagher am anderen, während Tellone ihnen den Weg zu einem Restaurant wies, in dem es vernünftiges Essen gab.
    Seine Rolle als strenger, aber gerechter Chef füllte Appel mit so viel Eifer aus, dass man hätte meinen können, er wolle mit aller Gewalt jeden, der ihm über den Weg lief, gegen sich aufbringen. Die Stippvisiten des Managers, der sich die meiste Zeit von New York aus um Öffentlichkeitsarbeit, Konzertorganisation und das allgemeine Wohl von Bruce Springsteen kümmerte, blieben allen Bandmitgliedern in lebhafter Erinnerung. Auf seinen Kontrollgängen brüllte er fortwährend Befehle, und versuchte jeden einzuschüchtern. Der Drill-Sergeant-Hut spielte dabei eine besondere Rolle. »Mit dem Hut schlüpfte er in eine Rolle«, meint Tallent. »Er stolzierte umher wie ein kleiner Hitler. Möglicherweise hab ich ihn sogar so genannt.« Aber Appel konnte auch charmant und zuvorkommend sein, und seine Ergebenheit Bruce gegenüber stand außer Zweifel. »Das stimmt schon«, sagt Tallent. »Er hat bedingungslos an Bruce geglaubt. Er hat zum Beispiel eine zweite Hypothek aufgenommen, damit wir die Tour nicht abbrechen mussten, und noch andere solcher Sachen. Von daher kümmert es mich nicht, was die Leute über Mike sagen. Er hat immer dafür gesorgt, dass alles wie am Schnürchen lief.«
    Wenn Bruce sich an einem bestimmten Ort oder vor einem bestimmten Publikum nicht wohl fühlte, konnte er seinen rebellischen Impulsen nicht widerstehen. So spielte er beispielsweise bei einer Show in New York vor etlichen wichtigen Leuten aus der Musikbranche auf seiner Gitarre ununterbrochen Slides und benutzte dafür seinen Mikrofonständer. Das quietschende, schrille Geräusch, das im ganzen Saal widerhallte, hatte eher etwas von den Klagelauten einer verwundeten Katze

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