Bruce: Die Springsteen-Biografie (German Edition)
Vergleich: Loudon Wainwright III – ein weiterer Singer-Songwriter, der als Dylan-Nachfolger gefeiert wurde 1 – verkaufte zur selben Zeit etwa dreimal so viele Exemplare seines Album III, was zum größten Teil der Comedy-Hit-Single »Dead Skunk« zu verdanken war.
Am 13. März 1973, also sechs Tage vor dem erwähnten Absatzbericht, machte bei CBS ein Memo die Runde, in dem der Leiter der PR-Abteilung, Sal Ingeme, seine Mitarbeiter drängte, sich noch stärker auf die Vermarktung von Bruce’ vernachlässigter Single »Blinded by the Light« zu konzentrieren: »Sie wissen ja, wie wichtig es für uns ist, alle Anstrengungen zu unternehmen, damit sowohl die Single als auch das Album dieses Musikers richtig einschlagen.«
Als Bruce’ erste Tour an der Westküste als Support-Act für Better Days, der neuen Band von Paul Butterfield, in letzter Minute abgesagt wurde, legten sich Columbia und Sam McKeith mächtig ins Zeug, um so viele Ersatzkonzerte wie möglich zu organisieren, damit sich der anstrengende Trip nach Westen für Bruce und die Band trotzdem lohnen würde. Im Troubadour Club am Santa Monica Boulevard in L.A. stand eine von Columbia gesponserte PR-Show auf dem Programm, um die neu unter Vertrag genommene Band Pan, an diesem Abend der Hauptact, zu präsentieren. Der Vorgruppe wurden nur dreißig Minuten Spielzeit gewährt, in denen auch noch Bruce’ Gitarrenverstärker den Geist aufgab, sodass er die meiste Zeit am Klavier saß. Trotzdem gelang es der Band, Journalisten und Fachpublikum völlig zu begeistern. Für Peter Philbin, einen jungen Musikkritiker, der für die Los Angeles Free Press schrieb, waren die dreißig Minuten mit den Jungs aus New Jersey eine Offenbarung. Nach dem Ende des Sets lief er der Band bis in die Gasse hinter dem Club nach und stellte sich dem immer noch schwitzenden Bruce vor. Die beiden Männer unterhielten sich einige Minuten lang, und die Kritik, die Philbin noch an diesem Abend verfasste, fiel äußerst positiv aus. »Noch nie hat mich ein Newcomer dermaßen begeistert«, schrieb er. Obschon er Parallelen zu Dylan zog, nannte er Bruce ein »absolutes Original«, das über die »erstaunliche Fähigkeit verfügt, das Publikum wirklich in seinen Bann zu schlagen.«
Bruce und die Band machten einen Abstecher nach Berkeley und kehrten dann nach L.A. zurück, um im Vorprogramm von Blood, Sweat and Tears im Santa Monica Civic Auditorium aufzutreten. Als Philbin sie hinter der Bühne besuchte, hießen ihn Bruce und Appel herzlich willkommen und bedankten sich für seine positive Kritik. Im Laufe des Gesprächs stellte sich heraus, dass der Journalist ein großer Fan von Van Morrison war und insbesondere dessen Album Astral Weeks liebte. Das war auch Bruce’ Lieblingsalbum des irischen Musikers! »Rufen Sie mich an, wenn Sie mal nach New York kommen«, sagte er zur Verabschiedung.
Begeistert von der Musik und der Aussicht, der Szene um diesen talentierten jungen Musiker anzugehören, kündigte Philbin bei der Free Press, packte seine Siebensachen und zog nach New York. »Ich wollte mehr von diesem Kerl sehen«, sagt er. »Und wenn er dich einmal so nah an sich ranlässt, gehörst du einfach dazu.« Philbin ergatterte bei CBS Records eine Stelle in der Abteilung Internationale PR und wurde bald einer von Bruce’ engagiertesten Fürsprechern innerhalb der Plattenfirma. Ein Glücksfall für den jungen Musiker, für den bald viel von der Unterstützung seiner Freunde abhängen sollte.
Mitte März an die Ostküste zurückgekehrt, traten Bruce und Co. wieder in Clubs und Colleges auf. Den Auftakt dieser Konzertreihe bildeten sieben Gigs im Bostoner Oliver’s, wo er als Headliner auftrat, danach folgten etliche Auftritte im Vorprogramm damals angesagter Acts wie Sha Na Na, Lou Reed, Stevie Wonder und The Beach Boys. Von Rhode Island ging es nach Pennsylvania, Ohio und Connecticut, es folgte eine weitere Show als Headliner im Main Point – und immer so weiter. Der Einsatz war hart und der Weg zum Erfolg lang. Das Wichtigste war, dass sie an sich glaubten. Nicht nur an Bruce’ außergewöhnliches Talent – das war die Basis für alles –, sondern vor allem an seine Überzeugungen: dass gewisse Dinge echt und rein bleiben mussten, ganz gleich wie korrupt die Welt war, dass diese Dinge höchsten Respekt verdienten und dass Rock’n’Roll über allem stand. »Es war alles eins«, sagt Tallent. »Wir reisten zusammen, wir lebten zusammen; der ›Einer für alle und alle für
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