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Bruce: Die Springsteen-Biografie (German Edition)

Bruce: Die Springsteen-Biografie (German Edition)

Titel: Bruce: Die Springsteen-Biografie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ames Carlin
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Liter Sprit anstehen. Wenn sie Pech hätten, würden sie nach dem Konzert irgendwo festsitzen und nicht wissen, wie sie wieder nach Hause kommen sollten.
    »Lass das mal meine Sorge sein, darum werde ich mich schon kümmern«, wischte der Clubbesitzer diesen Einwand vom Tisch. Er ließ allerdings auch unmissverständlich durchklingen, dass er sich die Band vorknöpfen würde, falls sie ihn im Regen stehen lassen sollte. »Man versicherte uns, dass er Leute hatte, die uns abknallen würden, falls der Gig platzen sollte«, erinnert sich Tallent. »Seine Drohung: ›Ich weiß, wo ihr wohnt‹, wurde zu einem geflügelten Wort.« So kam es, dass die Band den Auftritt möglich machte. Als sie nach der Show Richtung Heimat aufbrechen wollten, kreuzten plötzlich ein paar Polizisten auf, die ihnen Sprit brachten.
    Selbst wenn sie in der Nähe der Clubs, in denen sie auftraten, kein einziges Exemplar ihrer beiden Alben in den Plattenläden fanden 3 , zahlten sich die vielen Monate auf Tour – und das Engagement der wenigen enthusiastischen DJs, die sich für sie einsetzten – langsam aus. Der Erfolg stellte sich allerdings nicht immer dort ein, wo sie ihn erwartet hätten. Als sie im Frühjahr durch Texas und Arizona tourten, spielten sie in Dallas vor einem fast leeren Saal, während sie in Austin und Houston eine begeisterte Menge erwartete und sie völlig überraschenderweise in Phoenix sogar vor ausverkauftem Haus auftraten. »Ich kann mir nicht erklären, warum wir gerade hier so erfolgreich sind«, gestand Bruce einem Journalisten nach der Show. »Einen Saal dieser Größe haben wir bisher noch nie vollbekommen. Das ist absolut einzigartig. Keine Ahnung, was hier abgeht.«
    Wenige Wochen später, im April, fuhren Bruce und die Band nach Boston, wo ein paar Konzerte im Charlie’s Place, einer kleinen Bar am Harvard Square im Stadtteil Cambridge, auf dem Programm standen. Vor der Tür, im Abendnebel, las Bruce gerade eine Besprechung von Wild aus dem Bostoner Real Paper, die jemand dort ausgehängt hatte, als plötzlich eine Stimme neben ihm fragte: »Und, was halten Sie davon?«
    Der adrett gekleidete junge Mann, der neben ihm stand, deutete auf die Besprechung.
    »Ist ziemlich gut«, antwortete Bruce.
    Die Augen des Mannes glänzten hinter seiner Nickelbrille, als er seine Hand ausstreckte und sich vorstellte. Jon Landau, sagte er, und ja, er habe den Artikel geschrieben. Bruce lachte, schüttelte ihm die Hand und unterhielt sich einige Minuten lang mit Landau. Dann ging er hinter die Bühne zurück zu den anderen, um sich auf den Auftritt vorzubereiten. Landau suchte in der Bar nach seinem Bekannten, der ihn zu dem Konzert mitgenommen hatte – ein Musikjournalist namens Dave Marsh –, und fand einen Sitzplatz.
    Als die Show begann, kam Landau aus dem Staunen nicht mehr heraus. Von Sancious’ improvisiertem Intro zu »New York City Serenade« war der Kritiker schon stark beeindruckt, doch nach den rasanten »Spirit in the Night«, »Kitty’s Back« und »Rosalita« war er vollkommen überwältigt. Spätestens bei den Zugaben hielt es ihn nicht mehr auf dem Sitzplatz – für einen auf Distanz Wert legenden Musikjournalisten hätte ihn in diesem Moment wohl niemand gehalten.
    Nach der Show stellte sich Landau Appel vor, mit dem er sich über Bruce und die Tücken bei der Plattenproduktion unterhielt. »Am nächsten Tag rief Bruce bei mir an, und wir sprachen mehrere Stunden lang miteinander«, so Landau. Bruce interessierte der Abschnitt von Landaus Besprechung besonders, in dem er die Produktion seiner ersten beiden Alben kritisierte. Nachdem er Ähnliches bereits anderswo gelesen hatte, wollte er nun genau wissen, was Landau meinte. »Wir kamen vom Hölzchen aufs Stöckchen. Am Ende vereinbarten wir, in Kontakt zu bleiben. Das war der Anfang.«
    Als Bruce und die Band einen Monat später erneut nach Boston kamen, um im Vorprogramm von Bonnie Raitt im Harvard Square Theatre aufzutreten, war Landau wieder unter den Zuschauern. Diesmal war er allerdings weniger beschwingt als an jenem Abend im Charlie’s. In seiner Ehe kriselte es, er zweifelte an seinem Job und überhaupt am Rock’n’Roll und Soul, die seine Fantasie beflügelt hatten, kleiner Junge war. Außerdem trennten ihn nur noch wenige Stunden von seinem siebenundzwanzigsten Geburtstag. Abgespannt und ausgelaugt stürzte er sich nicht ins Gewühl, sondern blieb am Rand für sich. Sein Blick war so leer wie das Leben, das ihm seiner Meinung nach

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