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Bruchlandung

Bruchlandung

Titel: Bruchlandung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias P. Gibert
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anders zu überlegen. In Kassel oder der Umgebung hat das, wie du dich sicher erinnern kannst, immer gut geklappt, aber bei einem österreichischen Bullen liegen die Dinge nun mal etwas anders. Wir arbeiten daran, aber bis jetzt ist noch nichts entschieden.«
    Andreas Blatter stand abrupt auf, drehte sich um, und stapfte Richtung Tür. »Also kann ich davon ausgehen, dass der Fall Andreas Blatter demnächst auf deinem Schreibtisch liegt?«, fragte er mit drohendem Unterton.
    »Ich werde sehen, was ich tun kann.«
    »Das ist hoffentlich ein Ja.«
    »Das ist … ein Ja, selbstverständlich.«
    Andreas Blatter warf seinem Bruder noch einen kurzen Blick zu, in dem sich so etwas wie eine Warnung versteckte.
    »Dann bis zum nächsten Mal, Bruderherz. Und lass dich nicht wieder mit Leuten ein, die dir Böses wollen. Tschüss.«
    Damit schob er seinen massigen Körper durch die milchige Glastür und verschwand. Seine Schritte waren auf dem gewachsten Parkett noch ein paar Sekunden lang zu hören, dann war wieder Stille.
    Thomas Blatter schloss die Augen, holte tief Luft und ging langsam zu seinem Schreibtischstuhl, wo er sich hinsetzte und erneut tief einatmete. Dann griff er zu dem weißen Blatt, das auf der polierten Schreibtischplatte lag, drehte es um und las die wenigen Worte, die darauf geschrieben standen.
    Letzte Warnung! Nicht mit diesen Leuten.
    Darunter die Unterschriften seiner beiden Sozien.
    Er ließ das Blatt langsam auf den Tisch gleiten, lehnte sich in seinen Stuhl zurück und fing leise an zu weinen.

6

    Zwischen Kassel und dem Lohfeldener Ortsteil Vollmarshausen lag an normalen Tagen nicht mehr als eine Viertelstunde Fahrzeit, an diesem unwirtlichen, verschneiten Wintertag jedoch dauerte die Fahrt mehr als doppelt so lang. Dann stellte Hain den Kombi vor einem sehr gepflegt wirkenden, hell verputzten Haus inmitten einer Siedlung anderer gepflegter Häuser ab.
    »Wenigstens hat es bei ihm für den Putz gereicht«, murmelte er beim Aussteigen.
    »Ja«, stimmte sein Boss zu, nachdem er die Autotür ins Schloss geworfen hatte, »das sieht alles schon ein wenig gediegener aus.«
    Auch die etwa 45-jährige schlanke Frau, die den Beamten etwas später die Tür öffnete, erschien auf den ersten Blick deutlich seriöser als die etwas grelle Ramona Stark. Ihr Gesicht war zwar verheult und gerötet, doch ihr gesamter Auftritt wirkte trotzdem sehr bodenständig.
    »Ja bitte?«, fragte sie mit leiser Stimme.
    Lenz stellte sich und seinen Kollegen vor.
    »Sind Sie Frau Kempf, die Frau von Walter Kempf?«
    »Ja, ich bin Elisabeth Kempf.«
    »Wir würden Ihnen gern ein paar Fragen stellen, Frau Kempf. Meinen Sie, das geht?«
    »Haben Sie seinen Mörder gefasst?«, fragte sie zurück.
    »Nein, leider noch nicht. Aber weil wir das gern so schnell wie möglich tun würden, benötigen wir alle Informationen über das Mordopfer.«
    Sie dachte ein paar Sekunden nach, trat zur Seite und bat die Polizisten ins Haus.
    »Ist es Ihnen lieber, wenn wir die Schuhe ausziehen?«
    »Nein, lassen Sie mal. Wir … ich habe zwei Jungs, die achten da überhaupt nicht drauf. Also kommt es auf ein paar Schuhabdrücke mehr oder weniger wirklich nicht an.«
    Mit hängendem Kopf öffnete sie die Wohnzimmertür und wies mit der rechten Hand auf eine Sitzgruppe.
    »Bitte nehmen Sie Platz. Möchten Sie vielleicht eine Tasse Kaffee? Ich habe gerade frischen gemacht. Oder vielleicht lieber einen Tee?«
    »Das ist sehr freundlich von Ihnen«, erwiderte Lenz höflich, »aber nein danke, wir brauchen nichts.«
    Frau Kempf zog sich einen Sessel heran und ließ sich darauf nieder.
    »Ich muss Sie vorsorglich um Entschuldigung bitten, aber manchmal kann ich die Tränen einfach nicht unterdrücken. Das geht schon den ganzen Morgen so, seit Ihre Kollegen mich über Walters Tod informiert haben.«
    »Wann war das genau?«
    »Um kurz vor acht. Ich wollte gerade los zur Arbeit, als es schellte.«
    Sie wischte sich mit dem Papiertaschentuch in ihrer Hand nacheinander über beide Augen.
    »Die Jungs waren zum Glück schon auf dem Weg zur Schule.«
    »Dann wissen die beiden also noch gar nichts vom … Tod ihres Vaters?«
    »Nein. Ich werde es ihnen erzählen, wenn sie heimkommen. Heute haben sie acht Stunden, da ist es nicht vor halb vier.«
    »Ihr Mann hat hier bei Ihnen und den Kindern gelebt, Frau Kempf?«
    »Selbstverständlich«, gab sie mit weit aufgerissenen Augen zurück, wobei das Taschentuch wieder die Augen umkreiste. »Walter und ich sind seit

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