Bruchlandung
schnell, schob seine Pistole in das Holster, trat neben den noch immer Stöhnenden am Boden und beförderte mit einer beherzten Bewegung dessen Waffe in den Rinnstein. Im Anschluss zog er seine Handschellen aus dem Etui am Rücken, klemmte ihm den rechten Arm nach hinten und wollte gerade die Schellen einklicken, als der vermeintlich Bewusstlose sich aufbäumte und den Polizisten zur Seite schleuderte. Aus dem Augenwinkel und im Flug konnte Hain das total verdutzte Gesicht des Metzgers erkennen, ehe er mit dem Kopf zuerst in die Hauswand krachte und sich sofort alle Sterne des Universums vor seinen Augen versammelten. Als er eine knappe Minute später wieder zu sich kam, war von dem Mann mit dem Rucksack nichts mehr zu sehen. Dafür hatte der Fleischer Verstärkung in Form dreier Metzgereifachverkäuferinnen bekommen, die als Quartett über ihm standen und besorgt auf ihn einredeten.
12
»Was heißt das, der Kerl ist nicht zu finden? Jeder bekackte Mensch auf dieser Welt ist zu finden.«
Andreas Blatter schloss die Augen, presste die Lippen aufeinander und warf wütend die Papiere, die er in der Hand gehalten hatte, auf den Tresen.
»Das ist die Ladung zum Prozess. Wenn die es schaffen, dass dieser Clown zur Verhandlung anreist, bin ich auf jeden Fall geliefert«, schnaubte er. »Und ihr wollt mir was von ist nicht zu finden erzählen!«
»Aber es stimmt wirklich, Andy. In diesem beschissenen Österreich sind Bullen nur über die Dienststellen zu laden, genau wie bei uns auch. Die Leute vom Wiener Charter haben versucht, so viel wie möglich über ihn rauszukriegen, aber es klappt einfach nicht.«
»Dann müssen sie halt mal ein paar Tage vor der Tür der Bullenwache sitzen und schauen, wohin er nach Dienstschluss fährt. So schwer kann das doch nicht sein.«
»Genau das erklären wir denen seit Monaten.«
»Und? Haben die keine Heizungen in ihren Autos, oder was?«
»Doch, bestimmt. Aber nachdem es im letzten Herbst fette Durchsuchungen bei allen österreichischen Charters gegeben hat und zwei Arschlöcher Aussagen bei den Bullen gemacht haben, sind die da unten alle ziemlich vorsichtig geworden. Keiner will so richtig seine Nase aus der Deckung heben.«
»Was für Pisser sind das denn? Wegen so einem Scheiß machen die sich in die Hose, oder was?«
»Der, mit dem ich letzte Woche telefoniert hab, hat mir gesagt, dass du es am besten selbst machen sollst. Und wenn du kommst, sollst du auch ohne Kutte anreisen. Ist im Moment wohl besser, meint er.«
Blatter schloss erneut kurz die Augen, riss sie dann unvermittelt auf, schob seinen rechten Arm nach vorn und versetzte dem Mann auf der anderen Seite des Tisches einen Schlag mit der flachen Hand auf die Stirn.
»Hallo, jemand zu Hause? Ich kann nicht da hinfahren, ihr Blitzbirnen. Ich hab ebenso wenig einen Reisepass wie die beschissene Erlaubnis, mich aus Deutschland wegzubewegen. Davon, dass ich mich jeden zweiten Tag bei den Bullen melden muss, will ich dabei gar nicht reden. Also wie sollte ich mich um ein Problem in Österreich kümmern?«
Der dritte Mann im Raum, der aus sicherer Entfernung das Gespräch verfolgt hatte, trat einen Schritt nach vorn.
»Wenn das so ist, mach ich es für dich, Andy. Um die Mädchen kann sich jemand von euch kümmern, und ich fahre da hin und sehe, dass ich dieses Arschloch irgendwie unschädlich mache.«
»So will ich dich hören, Bruno«, feixte Blatter mit deutlich aufgehelltem Gesichtsausdruck. »Genau so und nicht anders will ich …!«
Das Klingeln seines Telefons unterbrach die Dankesbekundung.
»Ja«, brummte er in das kleine Gerät.
»Wir müssen uns sehen.«
Ein Moment des Innehaltens, ein kurzer Blick an die Zimmerdecke.
»Alles klar bei dir?«
»Nein, ganz und gar nicht.«
»Dann in einer halben Stunde.«
»Gut.«
Er steckte das Gerät in die Jackentasche und bewegte sich langsam Richtung Ausgang.
»Irgendwas passiert?«, wollte der Problemlöser wissen.
»Nee, alles in Butter. Ist was Privates. Ich muss mal für ’ne Stunde weg.«
Kurz darauf stand er am Schalter der größten Kasseler Autovermietung und nahm die Schlüssel zu einem VW-Passat in Empfang, mit dem er direkt im Anschluss vom Hof rollte und zu einem öffentlichen Parkplatz hinter dem Niestetaler Ortsteil Sandershausen fuhr, ein paar Kilometer hinter der Kasseler Stadtgrenze. Dort musste er 20 Minuten warten, bis ein Kleinwagen neben dem Leihwagen einparkte und ein Mann zu ihm ins Auto stieg.
»Was, zum Teufel, ist passiert,
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