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Bruchlandung

Bruchlandung

Titel: Bruchlandung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias P. Gibert
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Kandidaten gegolten, die sich seit dem traurigen Abgang des allseits beliebten Ludger Brandt ein paar Jahre zuvor auf diesem Posten versucht hatten.
    »Passt«, stellte Hain fest, nachdem er das neue Siegel an der Tür angebracht und mit beiden Händen fest fixiert hatte. Lenz hatte schon einen halben Stock hinter sich gebracht und stand wartend im Zwischengeschoss, wo es, dem Geruch nach zu urteilen, hinter einer der beiden Türen noch ein Klo geben musste. Durch das trübe Fenster konnte er schemenhaft erkennen, dass draußen starker Schneefall eingesetzt hatte.
    »Boah, was müffelt das hier«, mokierte er sich mit zusammengekniffenen Augen. »Mach schon, lass uns bloß abhauen.«
    »Ja, ja, nun mach mal nicht so einen Strahl. Wenn ich das Siegel nicht gescheit angebracht hätte und es deswegen von selbst abfallen würde, wäre es dir auch nicht recht.«
    Die beiden gingen hintereinander die knarrenden, unter der Belastung ächzenden Holzstufen hinab, immer eine Hand am Geländer, denn trotz der insgesamt eher tristen Allgemeinverfassung des Hauses war die Treppe in einem einwandfreien, frisch gebohnerten Zustand und in Verbindung mit der Feuchtigkeit, die ins Haus getragen wurde, mörderisch glatt. Auf Höhe des zweiten Stocks nahmen die Kommissare wahr, dass im Erdgeschoss die Eingangstür geöffnet und gleich darauf wieder zugeschoben wurde. Hain blieb stehen, warf einen Blick über das Treppengeländer und erkannte im diffusen Licht der Energiesparlampen zwei Männer von etwa 40 Jahren. Der eine hatte lange Haare, die zu einem Zopf zusammengebunden waren und unter einer Baseballkappe heraushingen, während der andere sein offenbar schütteres oder gar nicht mehr vorhandenes Haupthaar unter einem Beanie verbarg, einer kalottenartigen Wollmütze. Jeder der beiden trug einen Rucksack auf dem Rücken, zusätzlich hatte der mit dem Zopf noch etwas in der rechten Hand, das wie eine dunkle Plastiktüte aussah. Der Oberkommissar gab Lenz, der ebenfalls stehen geblieben war und ihn fragend ansah, ein kurzes Zeichen, indem er den rechten Zeigefinger an die Lippen legte.
    »Verdammte Scheiße«, kam es mit leiser tiefer Stimme von unten, »ich glaube, ich hab mein Schraubenzieherset im Auto vergessen.«
    Kurze Pause, in der offenbar eine Tasche durchsucht wurde.
    »Tatsächlich, das liegt noch im Kofferraum.«
    »Dann geh los und hol den Kram. Ohne kommen wir ja nicht weiter, oder?«
    »Nein.«
    Es folgte ein derber Fluch.
    »Und das ausgerechnet, wo die Karre einen ganzen Häuserblock entfernt steht. Da bin ich garantiert pitschnass, bis ich wieder hier bin.«
    »Gib Gas, Alter. Je eher du dich los machst, desto schneller bist du zurück.«
    Etwas wurde vorsichtig auf dem Boden abgesetzt, kurz darauf hörte man Schritte und wieder das Geräusch der Eingangstür. Dann Geraschel, schließlich das typische Ratschen eines Feuerzeugs. Nur Sekunden später waberte an den Polizisten Zigarettenrauch vorbei.
    Lenz beugte sich vorsichtig über das Geländer, konnte den wartenden Mann jedoch nicht erkennen, weil die Treppe die Sicht verdeckte. Er zog den Oberkörper zurück und bedachte seinen Kollegen mit einer Geste, die Unschlüssigkeit ausdrücken sollte. Hain bedeutete ihm, sich weiterhin nicht zu bewegen, doch der Hauptkommissar hatte augenscheinlich andere Pläne. Er drehte sich in Richtung Treppe und stapfte Stufe um Stufe nach unten, verfolgt von Hains entsetztem Blick. Im gleichen Moment, in dem der Chef der Mordkommission das Zwischengeschoss erreicht hatte, verlosch mit einem satten Klacken das Flurlicht. Es dauerte jedoch keine drei Sekunden, und die Beleuchtung war wieder, begleitet vom gleichen Klacken des Relais, in Betrieb. Wie es aussah, mochte der Mann im Erdgeschoss die Dunkelheit nicht.
    Lenz ging weiter die Treppe hinunter, hatte kurz darauf die unterste Stufe erreicht, und fing nun fröhlich an zu pfeifen.
    »’n Abend!«, rief er dem Wartenden zu, der sich seine Baseballkappe so tief ins Gesicht gezogen hatte, dass der auffallend lange Schirm den größten Teil seines Gesichts verdeckte. Trotz der Schummerbeleuchtung konnte Lenz gut erkennen, dass er es mit einem Prügel von Kerl zu tun hatte.
    »Oh, Sie rauchen, das ist gut. Hätten Sie dann vielleicht Feuer für mich?«, fragte er fast übertrieben freundlich.
    »Nee, hab ich nicht. Und ich will auch nicht mit dir hier ein Palaver anfangen. Verdrück dich einfach, dann haben wir keine Probleme.«
    »Warum sollten wir Probleme haben?«, gab der Polizist

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