Bruchlandung
wichtig für mich«, fuhr er fort.
»Wie darf ich das verstehen?«
Der OB schon sanft ihre Hand zurück und sah der Frau fest in die Augen.
»Nun, im Gegensatz zu Ihnen muss ich mich von den Bürgern meiner Stadt in einer Wahl bestätigen lassen«, erklärte er. »Und diese Wahl steht in knapp einem Jahr wieder an.«
Ich weiß , dachte Paula Meyer. Das weiß ich nur zu genau.
»Erwarten Sie denn Probleme bei der Wiederwahl?«, fragte sie sehr besorgt.
»Na ja, sicher kann man sich bei einer Wahl natürlich nicht sein, aber es sollte schon zu meinen Gunsten ausgehen. Was mich ein wenig besorgt macht, sind die schlechten Nachrichten aus Calden und die damit einhergehende schlechte Presse, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
»Nicht direkt.«
Er ließ sich schwer in seinen Drehstuhl zurückfallen und faltete die Hände vor dem Bauch.
»Ach, liebe Frau Meyer, das müssen wir doch nun wirklich nicht noch einmal aufwärmen, oder? Seit der Eröffnung vor knapp einem Jahr gab es nicht eine positive Meldung über den Flughafen, und wenn ich irgendwo in Deutschland unterwegs bin, werde ich als Erstes immer auf die Probleme in Calden angesprochen. Manchmal komme ich mir vor, als betrachtete der Rest der Republik uns hier in Kassel als eine Horde von Deppen, die nicht mal den Betrieb eines Regionalflughafens hinbekommt.«
Paula Meyer schüttelte erneut den Kopf.
»Ich bin auch viel unterwegs in Deutschland, Herr Zeislinger, aber ich nehme das deutlich differenzierter wahr als Sie. Natürlich gibt es die Neider, die uns unseren schönen Flughafen nicht gönnen, aber viel öfter bekomme ich zu hören, dass wir hier ein richtiges Schmuckstück auf die Beine gestellt haben.«
»Tja, das mag wohl sein«, bestätigte Zeislinger vorsichtig, »aber die Menschen, die in Kassel zur Wahl gehen, wollen nun mal nicht hören, dass wir als Kommune bei ihnen direkt Geld einsparen müssen, um damit den defizitären Flughafen zu unterstützen.«
»Aber jeder wusste doch, dass wir am Anfang keine schwarzen Zahlen schreiben würden«, behauptete sie nun fast flehentlich, »und deshalb ist es auch überaus unfair, dass jetzt und auf der Stelle ein Gewinn erzielt werden muss.«
»Das weiß ich ja alles, Frau Meyer, das weiß ich ja, aber wir sollten auch an die Menschen denken, denen wir zum Beispiel die Schwimmbäder schließen müssen. Das gibt einen Aufstand, wenn wir das wirklich wahr machen müssen, und dieser Aufstand wird auch in Calden und bei der Betreibergesellschaft zu hören und zu spüren sein.«
Aha, da also läuft der Hase lang , dachte Paula Meyer. Jetzt wissen wir wenigstens, was wir von dir zu erwarten haben.
»Vielleicht sollte ich Ihnen wirklich einmal meine gesamten Bemühungen schildern, Herr Zeislinger«, säuselte sie, »damit Sie sehen, dass ich und mein Team alles tun, um Ihre Wiederwahl nicht zu gefährden.«
»Das ist doch genau mein Anliegen, Frau Meyer. Sie erzählen mir etwas, das ich wiederum meinen Wählern erzählen kann, und so ist allen Beteiligten doch geholfen, nicht wahr?«
Er sah sie erwartungsvoll an.
»Wie wäre es, wenn wir uns vielleicht am Abend ein wenig Zeit nehmen, damit wir das alles in Ruhe besprechen können? Vielleicht am besten gleich morgen, das würde mir sehr gut passen?«
Die attraktive Frau hob den Kopf und wartete, bekam jedoch keine Antwort, weil Zeislinger sie ungläubig anstarrte.
»Ich mache uns eine Kleinigkeit zu essen, dazu gibt es ein gutes Glas Rotwein, und während wir uns stärken erkläre ich Ihnen, was ich in den letzten Monaten alles unternommen habe, um den Airport Kassel-Calden zu der Erfolgsgeschichte zu machen, die er verdient hat zu sein.«
»Das klingt ja wirklich wunderbar«, hüstelte Zeislinger, »aber leider kann ich morgen Abend nicht. Da bin ich in Wiesbaden beim Ministerpräsidenten.«
Er hob den Zeigefinger zu einer gespielten Drohung.
»Und der wird mich sicher wieder darauf ansprechen, warum das hier oben bei uns alles so schlecht läuft, wo wir doch so viel Geld in die Sache investiert haben.«
»Wenn morgen nicht geht und Sie sich ohnehin beim Ministerpräsidenten rechtfertigen müssen, wie wäre es dann mit heute Abend? Vielleicht ist es sogar ganz gut, wenn wir diesen Termin nicht auf die lange Bank schieben?«
Zeislinger musste erneut schlucken, doch dieses Schlucken unterschied sich kolossal von dem vorigen.
»Heute würde mir gut in den Kram … äh, ich meine in den Kalender passen.«
»Dann um neun bei mir?«
Der OB sah
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