Bruchlandung
haben?«
»Nicht die Bohne, das sag ich Ihnen doch. Der Theo hat mir schon seit Monaten nichts mehr anvertraut, ach was, eigentlich schon seit Jahren nichts mehr. Immer wieder habe ich versucht, ihnen zu erklären, dass wir in Scheidung gelebt haben und der Theo schon seit längerer Zeit nicht mehr hier gewohnt hat, aber das war denen völlig egal. Die waren wie rasend, glauben Sie mir, die hatten regelrecht Schaum vor dem Mund, so aufgebracht und aufgeregt waren die.«
Wieder eine kurze Pause, während der sich die Frau das Gesicht mit einem Papiertaschentuch abwischte.
»Und Ihr verstorbener Mann hat auch niemals etwas davon erwähnt, dass auf der Baustelle am Flughafen, wo er Dienst geschoben hat, etwas Ungewöhnliches passiert ist?«
Ramona Stark sah ihn entgeistert an.
»Auf dieser Baustelle ist alle Nase lang etwas Ungewöhnliches passiert, Herr Kommissar. Da musste man gar nicht mehr drüber reden, wenn es wieder mal so weit war.«
»Aber es gab nichts, worin Ihr Mann direkt verwickelt war?«
»Sie meinen, ob er was falsch gemacht hat?«
Lenz nickte unschlüssig.
»Vielleicht so was, ja.«
»Davon hat er mir wirklich nichts erzählt, ganz ehrlich. Aber wir haben, als er dort gearbeitet hat, ja auch schon gar nicht mehr so viel miteinander zu tun gehabt. Jeder hat sein Leben gelebt, und das war es.«
Ihr Blick verharrte eine Weile an der Decke.
»Und wenn einem sein Leben nach und nach komplett um die Ohren geflogen ist, dann kommen zwei Irre um die Ecke und prügeln einen fast tot. Wenn das nicht richtig gemein ist, dann weiß ich es auch nicht mehr. Und noch weniger weiß ich, was passiert wäre, wenn Sie und Ihr Kollege nicht aufgetaucht wären.«
»Es ist ja noch mal gut gegangen, und in ein paar Wochen sind die blauen Flecke auch wieder verheilt«, machte Lenz der Frau Mut.
»Das kann schon sein, aber ich hatte noch nie in meinem Leben so viel Angst wie vorhin. Auch als der Theo mich manchmal verhauen hat, war das längst nicht so. Und irgendwann hab ich einfach gedacht, jetzt bringt mich halt um, ihr Blödmänner, weil mir wirklich egal war, was weiter passiert. Sie schlugen abwechselnd auf meine Mutter und mich ein, und ich glaube, dass ich zwischendrin sogar einmal kurz ohnmächtig gewesen bin.«
Ihr Gesicht hellte sich um ein paar Nuancen auf.
»Und dann hat es geklingelt, und Sie beide standen vor der Tür. Irgendwie hab ich gedacht, dass Sie so was wie Engel sind. Schutzengel, damit meine Mutter und ich doch noch nicht sterben müssen.«
Sie griff nach der Hand des Polizisten und drückte sie dankbar.
»Den Rest muss ich Ihnen nicht mehr erzählen, da waren Sie ja dabei, oder?«
Lenz lächelte sie an.
»Nein, das müssen Sie wirklich nicht. Und jetzt werden Sie erst mal wieder gesund, der Rest findet sich dann ganz von allein.«
»Ja, das wird schon wieder. Es ist irgendwie immer wieder alles halbwegs gut geworden.«
*
»Das wird ein mächtiges Medienecho nach sich ziehen«, fasste Kriminalrat Schiller die Ereignisse der letzten beiden Stunden zusammen. »Darauf können Sie sich schon mal einstellen, meine Herren. Aber Sie können sich genauso darauf einstellen, dass jeder im Präsidium bis ganz hinauf in die oberste Etage voll und ganz hinter Ihnen steht. Das Wichtigste ist, dass Sie beide halbwegs heil aus der Situation herausgekommen sind.«
Lenz und Hain tauschten einen verstohlenen Blick, weil sie eine solche Ansprache von Herbert Schiller nicht erwartet hatten.
Vielleicht , dachte der Hauptkommissar, sollten wir ihm einfach die ernst gemeinte Chance geben, unser neuer Boss zu werden.
»Ich habe in Übereinstimmung mit dem Polizeipräsidenten entschieden, dass wir heute erst mal gar nichts mehr groß verlauten lassen.«
Er wandte sich direkt an den Pressesprecher.
»Aus ermittlungstaktischen Gründen und so weiter, bla, bla, bla; Sie wissen schon, Herr Wagner.«
»Klar, das ist kein Problem«, gab Uwe Wagner knapp zurück.
»Und für morgen früh, sagen wir um 09:00 Uhr, setzen wir eine Pressekonferenz an. Mal schauen, was sich bis dahin über diese beiden Gestalten herausfinden lässt.«
»Die Identitäten der beiden stehen fest«, erklärte Rolf-Werner Gecks. »Und herauszufinden, was sie alles auf dem Kerbholz hatten, war ebenfalls keine Hexerei, weil ihre jeweilige Vorstrafenlatte überaus ansehnlich ist.«
»Lass hören«, forderte Hain, nachdem der Kollege nicht weiter gesprochen hatte.
Gecks kramte einen kleinen Notizblock aus der Jackentasche und
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