Bruder Cadfael Und Der Hochzeitsmord
mußt du es selbst. Nun mach das beste daraus.«
Er hatte sich aller Pflichten entledigt - jetzt mußte er mit seiner Suche dort beginnen, wo Domville ums Leben gekommen war. Er schlug den kürzesten Weg dorthin ein, einen riskanten und ungewöhnlichen Weg, den er früher schon gelegentlich gegangen war, wenn er das Kloster unbemerkt verlassen wollte, um irgend etwas herauszufinden. Man konnte den Meole-Bach, außer zur Zeit der Schneeschmelze, an der Stelle, wo er den Garten des Klosters begrenzte, durchwaten, vorausgesetzt, man wußte, wohin man seine Füße zu setzen hatte. Und Cadfael kannte den Bach wie kein zweiter. Aus seinen Sandalen floß das Wasser so leicht hinaus, wie es hineinfloß, und er brauchte nur seine Kutte zu schürzen und durch den Bach zu schreiten, um sich den Umweg über die Straße zu ersparen. Als im Kloster die Kapitelversammlung beendet war, befand Cadfael sich bereits auf dem Weg, wo der Baron ermordet worden war, und schritt kräftig aus.
Diesen Teil des Weges kannte er. Er führte durch die große Schleife, die der Bach beschrieb, und bald würde Cadfael die zweite Furt erreicht haben und dann durch Wald und an Feldern vorbei nach Sutton und Beistan kommen. Diese Gegend am Rand des Großen Waldes war nur dünn besiedelt.
Er konnte sich nicht vorstellen, daß Domville sehr weit geritten war oder die Nacht im Freien verbracht hatte. Gewiß war der Baron abgehärtet genug gewesen, um solche und schlimmere Strapazen auf sich zu nehmen, wenn es sein mußte, aber er hatte auch Wert auf Bequemlichkeit gelegt, wenn es sich einrichten ließ.
Bei Sutton Strange verließ der Weg den Wald und führte zwischen Feldern hindurch. Cadfael traf einen Kleinbauern, dessen Kinder er einmal gegen Ausschlag behandelt hatte, und fragte ihn, ob die Nachrichten von Domvilles Tod das Dorf bereits erreicht hätten. Das hatten sie, und der Mord war im Umkreis von Meilen das Hauptgesprächsthema. Die Dorfbewohner rechneten damit, daß die Suche nach dem Mörder schon morgen auch auf ihre Gegend ausgedehnt werden würde.
»Ich habe gehört, daß er irgendwo hier ein Jagdhaus gehabt hat«, sagte Cadfael. »Irgendwo am Waldrand, aber das ist eine ziemlich ungenaue Angabe. Kennt Ihr das Haus?«
»Das wird das Haus drüben hinter Beistan sein«, sagte der Mann und stützte sich mit verschränkten Armen auf seine Gartenmauer. »Er hat das Jagdrecht dort im Wald, aber er kommt nur selten dorthin. Ein Bursche aus der Gegend und seine Mutter kümmern sich um das Haus, wenn der Baron nicht da ist, wie es meistens der Fall ist. Wahrscheinlich hat er woanders bessere Jagdreviere. Hatte sollte ich wohl sagen! Es sieht so aus, als hätte diesmal jemand ihm eine Falle gestellt.«
»Ja, und das gründlich«, sagte Cadfael trocken. »Wie komme ich auf dem schnellsten Weg zu diesem Haus?«
»Ihr geht nach Beistan, überquert die alte Straße und haltet Euch zwischen den Hügeln. Der Weg führt direkt zum Haus. Es liegt nicht direkt am Waldrand, eher schon im Wald, aber Ihr könnt es nicht verfehlen.«
Cadfael setzte seinen Weg zügig fort und überquerte in Beistan die alte Landstraße. Der Weg führte an einigen verstreut liegenden Bauernhöfen vorbei und zwischen zwei sanft ansteigenden Hügeln hindurch in höheres Gelände, das mit Gebüsch und Heidekraut bewachsen war. Nach etwa einer Meile hatte Cadfael den Wald erreicht. Hier und da brach weißer Fels durch den Mutterboden, und auf den Lichtungen wuchs Heidekraut, das prickelnd seine Knöchel streifte. Es war lange her, daß er sich so weit vom Kloster entfernt hatte, und wenn der Anlaß dafür nicht jener schreckliche Mord gewesen wäre, hätte er diesen Spaziergang sehr genossen.
Ganz plötzlich stand er vor dem Jagdhaus. Die Bäume rechts und links wichen zurück und gaben den Blick auf eine niedrige Einfassungsmauer und ein gedrungenes Blockhaus mit einem gemauerten Fundament frei. Am hinteren Teil der Mauer standen einige kleine Nebengebäude. An den rauhen weißen Steinen rankten sich alle möglichen Wildpflanzen empor, darunter Leinkraut, Efeu, Mauerpfeffer und Braunheil. Obwohl sie um diese Jahreszeit keine Blüten mehr trugen, erkannte Cadfael sie an ihren Blättern. Innerhalb der Mauern standen einige Obstbäume, die jedoch alt und knorrig waren, als habe jemand einmal hier einen Garten angelegt, um den sich aber schon lange niemand mehr gekümmert hatte. Vielleicht hatte ein früherer Lord aus Domvilles Familie, der Kinder hatte, dieses hübsche Häuschen
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